Willkommenskultur für russische Deserteure!
Es gibt effektive gewaltfreie Formen, eine Kriegsmaschinerie zu schwächen. Solche Vorschläge kommen bei der Wagenknecht-Schwarzer-Show zu kurz. Protest-Alternativen gibt es.
Für diesen Freitag und den morgigen Samstag sind Großkundgebungen geplant, die schon lange Schlagzeilen machen, weil es um Waffenlieferungen an die Ukraine geht. Besonders die von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer organisierte Kundgebung sorgt auch bei Linken und Friedensfreunden für heftige Auseinandersetzungen.
Abgesehen von der gar nicht so eindeutigen Ablehnung jeder Waffenlieferung im "Manifest für Frieden" von Wagenknecht und Schwarzer, die zumindest keine "Eskalation der Waffenlieferungen" wollen, haben viele ein Problem mit deren mangelhafter Abgrenzung von rechten Gruppen und Parteien.
Dabei gibt es jenseits der Wagenknecht-Schwarzer-Show auch andere Möglichkeiten, gegen immer mehr Waffen als vermeintliche Patentlösung zu protestieren.
So versammelten sich am Donnerstagabend rund 300 Menschen aus dem antimilitaristischen, antifaschistischen und pazifistischem Spektrum bei regnerischem Wetter am Brandenburger Tor. Aus Teelichtern hatten sie ein großes Peace-Symbol geformt. "Weder Putin – noch Nato", diese Botschaft war auf dem großen Transparent zu lesen.
Sie war auch Konsens unter den Teilnehmer:innen der Kundgebung, zu der unter anderem die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner. die Vereinigung der Verfolgten das Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA), die christliche Friedensorganisation Pax Christi und die Organisation Connection aufgerufen haben.
In einer engagierten Rede rief Rudi Friedrich von Connection dazu auf, Deserteure und Kriegsdienstverweigerer aus Russland, Belarus, aber auch aus der Ukraine zu unterstützen. Friedrich nannte mehrere Beispiele von russischen Kriegsgegnern, denen Deutschland Asyl verweigert. Auch in der Ukraine verweigern Tausende den Militärdienst, berichtete Friedrich. Dienstverpflichtet werden können aber auch Krankenschwestern, auch sie dürfen wie Männer unter 60 Jahren das Land nicht verlasen, weil sie dem Militär zur Verfügung stehen müssen.
Friedrich bekräftigte hingegen das Recht jedes Menschen, den Kriegsdienst zu verweigern. Dass im "Manifest für Frieden" die Forderung fehlt, den Kriegsverweigerern Asyl zu gewähren, ist Anlass genug Kritik von links.
Kein Frieden mit Rechten
Florian Gutsche von der VVN-BdA warnte bei der Versammlung am Vorabend des Jahrestags der Ukraine-Invasion vor einer Unterwanderung der Friedensbewegung durch Rechte, die schon 2014 mit dem "Friedenswinter" begonnen hat. Damals gab es erstmals größere rechtsoffene Demonstrationen mit dem Symbol der Friedenstaube. Die traditionelle Friedensbewegung stritt lange über den Umgang mit dem Friedenswinter. Nachdem sie längere Zeit in der Versenkung verschwunden war, scheint diese rechtsoffene Friedensbewegung wieder Zulauf zu bekommen.
Gutsche betonte, dass im Kampf gegen den Krieg der Antifaschismus nicht vergessen werden dürfe. "Wer mit Rechten demonstriert, spaltet die Friedensbewegung", warnte Gutsche. Er rief dazu auf, die eigenen Aufrufe so zu gestalten, dass Rechte gar nicht erst andocken können. So sollten Aufrufe gegen jeden Krieg auch ein Bekenntnis für die Rechte von Geflüchteten beinhalten. So kann auch verhindert werden, dass Rechte sich angesprochen fühlen.
Bündnis mit Geflüchteten und Klimabewegung
Auch Jan Hansen von der Antimilitaristischen Aktion Berlin (Amab) warnte vor einer "Friedensschwurbelei", bei der nur die Nato, nicht aber Putin kritisiert wird. Sowohl die Nato-Freunde als auch der rechtsoffene Teil der Friedensbewegung verteidigen den Standort Deutschland. Es braucht aber eine antimilitaristische Bewegung, die kein Vater- und Mutterland kennt.
Auch Hansen plädiert dafür, dass diese Antikriegsbewegung sich mit der Klimabewegung und dem Kampf der Geflüchteten gegen ihre Entrechtung verbindet. Eine solche Bewegung kann auch nicht von rechts vereinnahmt werden. Amab hat schon im vergangenen Jahr mit der Aktion "Gaz off", der Blockade einer Gazprom-Filiale in Berlin, deutlich gemacht, dass auch aus ökologischen Gründen ein Ende der Abhängigkeit von Gaslieferungen notwendig ist.
Das unterschiedet sich deutlich von der Position, aus Sorge um den Standort Deutschland die russischen Gaslieferungen unbedingt wieder aufnehmen wollen. Solche Positionierungen wird es am Samstag auf der Großkundgebung von Wagenknecht und Schwarzer sicher zahlreich geben.
Die Kundgebung am Donnerstagabend in Berlin war Teil einer Reihe von Aktionen von Pazifisten und Antimilitaristen, die nichts mit der Schwarzer-Wagenknecht-Show am Samstag zu tun haben wollen, es aber nicht einfach dabei belassen, über diese Aktion im Internet zu lästern. Stattdessen bieten sie Alternativen an. Dazu könnte es bald noch mehr Gelegenheiten geben.