"Wir in der AfD denken langfristig"
Seite 2: . Seehofer ist im Grunde genommen genauso feige und schwach wie andere Regierungspolitiker
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Herr Dr. Gauland, weder Union und SPD noch Grüne, Linke oder FDP würden mit Ihrer Partei eine Koalition bilden. Wie frustrierend ist es, wenn man weiß, dass man keinen einzigen seiner Programmpunkte jemals wird umsetzen können?
Alexander Gauland: Das ist nicht das Problem. Die Leute wählen uns, weil sie sehen, dass wir den anderen Parteien Beine machen. Union und SPD übernehmen zunehmend Teile unserer Politik. Das ist doch erfreulich.
Bitte nennen Sie ein Beispiel.
Alexander Gauland: Sie glauben doch nicht, Frau Merkel hätte das Integrationsgesetz auf den Weg gebracht, wenn nicht die Angst vor der AfD so groß wäre. Wir werden in der Opposition ununterbrochen auf die Fehler der Altparteien hinweisen - und somit Politik in Deutschland mitgestalten. Wir werden die anderen so lange nerven, bis sie ihren Kurs ändern. In einem Satz: Der Druck der AfD wirkt.
Stimmen die jenen zu, die sagen, Ihre Partei treibe die CSU vor sich her?
Alexander Gauland: Ja, aber die CSU müsste ihren Worten auch Taten folgen lassen. Sie müsste eine Änderung der Politik Merkels erzwingen.
Das versucht Horst Seehofer seit Monaten...
Alexander Gauland: ...und wirkt dabei sehr unglaubwürdig. Herr Seehofer schreibt alle 14 Tage einen Brief an die Kanzlerin, in dem er fordert, sie müsse ihre Politik schleunigst ändern. Wenige Tage später lenkt er dann wieder ein. Wenn Herr Seehofer wirklich derart unzufrieden wäre mit dem Kurs der Kanzlerin, dann müsste er konsequenterweise seine Minister aus dem Kabinett abziehen. Dann gäbe es eben eine Regierungskrise - na und?
Das wäre in Ihrem Sinne.
Alexander Gauland: Darum geht es nicht. Man muss für seine Ideale auch einstehen. Seehofer ist im Grunde genommen genauso feige und schwach wie andere Regierungspolitiker. Der einzige Unterschied: Er ist lauter als die anderen. Seehofer hofft, er könne unsere klaren Positionen übertönen. Das gelingt ihm aber nicht.
Apropos Positionen, in Ihrem Programm heißt es: "Die ständige, vielfach ideologiegetriebene Expansion der Staatsaufgaben stößt an finanzielle und faktische Grenzen - es bedarf neuer Konzentration auf die klassischen Gebiete." Herr Gauland, welche Subventionen würden Sie streichen?
Alexander Gauland: Das kann ich Ihnen jetzt nicht beantworten. Damit werden wir uns noch intensiv beschäftigen müssen. Manches können Sie nachlesen in den Publikationen des Steuerzahlerbundes. Glauben Sie mir, wir haben exzellente Fachleute in unseren Reihen.
In Ihrem Programm steht auch: "Gelingende Integration fordert von Einwanderern jeden Alters die Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift." Wer sich der Integration verweigere, müsse sanktioniert werden und letztendlich auch sein Aufenthaltsrecht verlieren.
Alexander Gauland: Jawohl. Die schulischen Anforderungen dürfen nicht aus Gründen einer vermeintlich besseren Integration abgesenkt werden.
In ganz Deutschland leben 7,5 Millionen Erwachsene, die höchstens das Rechtschreibniveau der vierten Klasse erreichen. Das ist jeder Siebte. Welche Sanktionen wären für die Einheimischen denkbar?
Alexander Gauland: Das ist in der Tat ein schlimmer Zustand. Da muss viel mehr getan werden. Wir brauchen mehr Disziplin an deutschen Schulen. Null-Bock-Mentalität, Gewalt und Mobbing dürfen nicht toleriert werden. Das Rechnen, Lesen und Schreiben wird schon seit geraumer Zeit nicht mehr so vermittelt, wie wir uns das vorstellen.
Das war nicht meine Frage.
Alexander Gauland: Es gibt viele Deutsche, die mit ihrer Sprache, ja mit ihrer Kultur mindestens so wenig anfangen können wie die dafür oft gescholtenen Ausländer. Klar ist aber auch: Wer neu dazukommt, hat eine gewisse Bringschuld. Da wird natürlich genauer hingeschaut. Auch das ist normal.
Die Gutmenschen sind Heuchler
Herr Dr. Gauland, was zeichnet aus Ihrer Sicht eine gute Debattenkultur aus?
Alexander Gauland: Dass man auf Augenhöhe miteinander über politische Inhalte streitet. Und dass nicht der Versuch unternommen wird, bestimmte politische Inhalte von vornherein ins Aus zu stellen.
Über Ihre Forderungen und Thesen wird in der Öffentlichkeit viel und ausführlich berichtet.
Alexander Gauland: Unsere Argumente werden als politisch inkorrekt, unzulässig und rechtsradikal klassifiziert. Es kann doch nicht sein, dass ich über die Flüchtlingspolitik nicht reden darf.
Ihre Partei spricht seit Monaten vorwiegend über Flüchtlinge. Sie, Herr Gauland, geben viele Interviews und werden in Talkshows eingeladen. Wer verbietet Ihnen den Mund?
Alexander Gauland: Mir geht es um die unsäglichen Korrelationen, die von manchen in Umlauf gebracht werden. Wenn wir die Flüchtlingspolitik kritisieren, heißt es, wir seien verantwortlich dafür, dass Kriminelle Flüchtlingsheime anzünden. Das ist doch grotesk! Oder würden dieselben Leute auch behaupten, Karl Marx sei verantwortlich für den stalinistischen Terror? Wohl eher nicht. Die AfD ist nicht verantwortlich für die Taten Krimineller, Punkt.
Bleiben wir dabei: In Anlehnung an das bekannte Merkel-Zitat ("Wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen, dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land"), appellierten Sie auf einer Veranstaltung in Dresden an die Bürger, doch bitte ein unfreundliches Gesicht zu zeigen, dann gebe es "bald endlich einen neuen Bundeskanzler" (Video 18:53 Min.).
Alexander Gauland: Diese Worte habe ich so nicht gebraucht. Aber ich habe mal gesagt, wir werden kein freundliches Gesicht zeigen, weil wir diese Politik für falsch halten.
Freuen Sie sich, wenn Sie sehen, welche Empörung Sie mit Ihren Aussagen auslösen?
Alexander Gauland: Ach, wissen Sie, da ist einem nicht immer zum Schmunzeln zumute. Diese Empörung hat sehr viel mit Heuchelei zu tun. Der Aufschrei nach meinem Satz, dass viele Leute keine Fremden in ihrer Nachbarschaft haben wollen, hat wieder einmal gezeigt, wie moralisch all die Gutmenschen tun. Nur weil der Name eines beliebten Sportlers genannt wurde - unglaublich! Das sind dieselben Leute, die ihre Eigentumswohnung lieber an Einheimische vermieten oder sich weigern, ihre Kinder in die Schule in einem Brennpunkt zu schicken. Das sind Heuchler! Mehr will ich zu diesem Thema nicht sagen.
Hat Frau Petry sich eigentlich schon bei Ihnen entschuldigt für ihre Entschuldigung nach der Boateng-Aussage?
Alexander Gauland: Ich habe Frau Petrys Sätze nicht als glücklich empfunden. Und ich will auch nicht bestreiten, dass es zwischen uns Kommunikationsfehler gab. Wir haben darüber gesprochen und werden daran arbeiten, dass so etwas nicht wieder vorkommt.
Herr Dr. Gauland, eine Frage zum Abschluss: Welches Fazit ziehen Sie nach Ihrem Auftritt in der Talksendung "Anne Will"?
Alexander Gauland: Das war eine spannende Sendung, und ich konnte unsere Positionen deutlich machen.