"Wir können es" oder "Jetzt gemeinsam" in Spanien?
Mit "Ahora en Común" will die Linkspartei nun Podemos zu einer gemeinsamen Kandidatur zwingen, um den Syriza-Erfolg in Spanien fortzusetzen
In Spanien wird die Lage vor den Parlamentswahlen verworrener. Neben der Empörten-Partei "Podemos"(Wir können es), die in Spanien der griechischen Syriza nachfolgen will, hat sich am späten Freitag in Madrid die Plattform "Ahora en Común" (Jetzt gemeinsam) gebildet. Das Manifest fand schnell große Unterstützung und wurde schnell von mehr als 13.000 Menschen unterstützt. Es bekräftigt eine "Kandidatur der Menschen für die Menschen", die auf der "Straße gefordert" werde. "Gemeinsam ist jetzt der Name eines Traums, der im Herzen der Bevölkerung schlägt, die Hunger nach einem politischen Wandel hat." In den Vordergrund müsse das Einende und nicht das Trennende gestellt werden. "Es ist der Augenblick, eine Bürgerflut zur Vereinigung zu bilden, die fähig ist den Wandel aus den Stadtparlamenten ins Parlament zu spülen und die Wahlen zu gewinnen."
Diese Initiative geht auch sehr stark von der schwer bei den Regional- und Kommunalwahlen stark gebeutelten Vereinten Linken (IU) aus. Ihre fatalen Ergebnisse bei den Wahlen im Mai haben die Spaltungstendenzen und den Streit in der Partei noch deutlich verstärkt. Es wird sogar schon von einem "Krieg" in der IU gesprochen, weshalb viele davon ausgehen, dass der neue designierte Parteichef Alberto Garzón eine Flucht nach vorn antritt.
Getragen wird die Initiative auch von der sehr kleinen grünen Partei "Equo", dabei sind aber auch einzelne Podemos-Aktivisten und Aktivisten der erfolgreichen Bürgerkandidaturen wie Pablo Carmona. Er ist eine der Führungskräfte von Ahora Madrid, die nun die Hauptstadt regiert. Er gehört zu den ersten Unterzeichnern des Manifests und will dafür sorgen, dass nach den Regional- und Stadtparlamenten auch der Kongress von Mafia-Strukturen gesäubert wird, wie er gegenüber Telepolis erklärte ("Parlamente von Mafia-Strukturen säubern"). Viele glauben, dass nur die Vereinigung der Linken eine Chance bietet, um das Zweiparteiensystem definitiv abzulösen, in dem sich Sozialdemokraten oder Konservative seit Jahrzehnten an der Macht abwechseln, die in zahllose Korruptionsskandale verwickelt sind.
Der Name der Veranstaltung war Programm: "Kannst du dir alle gemeinsam vorstellen? Auf dem Weg zur Volkseinheit." Der designierte IU-Chef Garzón bestritt, dass seine Partei hinter dem Vorgang steckt. "Wir haben mit dem Manifest nichts zu tun", sagte er. Da er aber die zentrale Figur bei der Vorstellung war, nehmen ihm das nur wenige ab. Er versuche nur für eine gemeinsame Kandidatur zu werben, wie sie in Madrid, Barcelona, Santiago de Compostela, Saragossa, Ferrol… bei den Kommunalwahlen im Mai erfolgreich waren. Dort konnten "Bürgerkandidaturen" unter der Führung von Persönlichkeiten der Empörten-Bewegung wie Ada Colau in Barcelona die Macht übernehmen. Einige der neuen Bürgermeister wie die aus Saragossa und Ferrol unterstützen die Initiative. Ihr Name setzt sich aus den Namen der bekanntesten Bürgerkandidaturen "Ahora Madrid" und "Barcelona en Común" zusammen.
"Das ist keine Initiative gegen Podemos", sagte der IU-Führer Garzón. Auf dem Spiel stehe die soziale Ordnung. "Die steht über allem, über Namen und Parteiabzeichen." Das klingt einleuchtend, doch die Sache hat bei näherer Betrachtung einige Haken. Die IU spielte in diesen Kandidaturen meist nur eine sehr marginale Rolle, die allerdings vor allem von Podemos zu ihren Siegen getragen wurden ("Demokratische Revolution für Südeuropa" aus Spanien). Ahora Madrid wurde sogar von der lokalen IU-Führung aktiv bekämpft. Das führte zu Spaltungen. Zwei von der Basis gewählte Kandidaten für die Regionalparlamentswahlen traten aus, weil sie von Lokalfürsten für ihren Vereinigungskurs mit Podemos gemobbt wurden.
Podemos lehnt eine Linksfront ab
Podemos-Generalsekretär Pablo Iglesias lehnt ein Bündnis wie Ahora en Comun bisher rundweg ab, weil er dahinter einen Versuch sieht, wie Garzóns IU sich retten will. Zudem geht er davon aus, dass Podemos mit seinem Namen das beste Zugpferd ist. Das IU-Angebot für ein Zusammengehen hatte er schon äußerst schroff abgewiesen). Er will sich nicht mit dem Apparat einer Partei herumschlagen, die so schwach ist, dass sie aus vielen Regional- und Stadtparlamenten geflogen und zudem selbst in diverse Skandale verwickelt ist.
Iglesias setzt auf eine Vereinigung an der Basis. Er bot Garzón und den IU-Mitgliedern an, die nicht nur "im eigenen Saft mit roten Sternen schmoren" wollen, sich auf den Podemos-Listen zu bewerben und von den Sympathisanten als Kandidaten basisdemokratisch bestätigen zu lassen. Als Partei sei sie mitverantwortlich dafür, dass sich in Spanien viele Jahre nichts geändert habe. Er zählt sie damit zur "Kaste", die von der Macht vertrieben werden soll.
Podemos lehnt auch eine "Linksfront" ab, weil damit keine Wahlen zu gewinnen seien. Sie will über die traditionelle linke Wählerschaft hinaus auch für Wähler rechts von den Sozialdemokraten wählbar sein, denn nur so sei ein Wahlsieg möglich. Erneut griff Iglesias nach der Vorstellung von Ahora en Común zu wenig diplomatischen Worten. Er sprach am Samstag von "Erpressung", der er nicht nachgeben werde: "Wir sind kein Rettungsring für niemand." Dass er die IU meinte, war klar. Er nannte sie einen "grummelnden Schlumpf".
Es könne nicht um die Rettung der "alten Linken gehen, sondern darum, für soziale Gerechtigkeit zu sorgen". Dabei habe die IU versagt, die oft nicht nur die Sozialdemokraten, sondern bisweilen sogar die postfaschistische Volkspartei (PP) unterstützt hat. So stützte sie die PP-Regionalregierung in der Extremadura und flog als Konsequenz im Mai aus dem Parlament.
Wichtig war für Iglesias, dass auch der beliebte Podemos-Führer und interne Kritiker Pablo Echenique allein Podemos "als das beste Werkzeug für einen politischen Wandel" bezeichnet. Er hatte in Aragon mehr als 20 Prozent bei den Regionalwahlen geholt. Podemos sei, "der beste Ort für Aktivisten und für einen Veränderung der Gesellschaft". Er wandte sich mit seinen Worten auch an die Podemos-Aktivisten und Mitglieder der Bürgerkandidaturen, die nun Ahora en Común befürworten. Vor allem in der Hauptstadt Madrid setzen sich auch führende Podemos-Mitglieder für die Initiative ein, wie der Abgeordnete im Regionalparlament Isidro López, oder lokale Führungsmitglieder, wie Diego Pacheco oder Luis Alegre.
Dass hier der Wunsch nach einer breiten Front groß ist, hat mit der Analyse der Wahlen im Mai zu tun. Da Podemos und IU bei den Wahlen zum Regionalparlament gegeneinander antraten und die IU aus dem Parlament flog, begünstigte die Rechte. Mit Hilfe der neuen Rechtspartei "Ciudadanos" (Bürger) gelang es der PP, die Hauptstadtregion zu halten und damit eine wenigen Regionen, wo sie noch regieren kann (Schwierige Regierungsbildungen in Spanien). In einem Bündnis mit der IU hätte das verhindert werden können.
Viele befürchten angesichts der Verwirrung vieler einfacher Menschen im Land über die Ciudadanos, die sich als Partei der Mitte und des Wandels gibt, dass sich auf nationaler Ebene das wiederholen könnte, was im Regionalparlament Madrid passiert ist. Real sind diese "Bürger" eine rechts stehende Partei, die von PP-Aussteigern und auch von Falangisten und Rassisten gespeist wird (Zweiparteiensystem in Spanien wird beerdigt). Dass sie praktisch überall im Land, wo es in Regional- oder Gemeindeparlamenten möglich war, die PP wieder an die Macht gebracht haben, sorgt aber schon für Aufklärung. Klar ist aber, dass dann, wenn also Podemos und Ahora en Común gegeneinander kandidieren würden, sie sich auch gegenseitig schwächen würden. Der Effekt wird durch ein Wahlgesetz verstärkt, das kleinere Parteien in Spanien sehr deutlich benachteiligt. Das wird Podemos angesichts der starken Unterstützung der Initiative noch einmal bedenken müssen, wenn sie wie Syriza real die alten Parteien ablösen will.