Wird schon werden
Die Finanzpolitik der schwarz-gelben Regierung ist eine Luftnummer, aber wir scheinen uns wie die Politiker in eine Haltung der Nichtverantwortlichkeit und des Aussitzens geflüchtet zu haben
Die schwarz-gelbe "Wunschregierung" entlarvt, dass ihre Wirtschafts- und vor allem Finanzpolitik eine Luftnummer ist, die sich allerdings als gefährlich erweisen wird, wenn so weitergemacht wird. Das Wahlkampfziel, die Bürger, vielmehr das Klientel der "Leistungsbringer" zu entlasten, wird bislang mit Scheuklappen trotz der Neuverschuldung von 100 Milliarden durchgezogen. Dabei stehen vermutlich nächstes Jahr erst die wirklichen Einbrüche an, wenn die Zahl der Arbeitslosen aller Wahrscheinlichkeit nach hochschnellen wird.
Zwar musste Bundesfinanzminister Schäuble schon mal drastische Einsparungen für 2011 ankündigen, aber die Koalition will die Bürger für blöd verkaufen, hat den Termin der Steuerschätzung für einen Tag nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen angesetzt und will bis dahin die Versprechen offenhalten und die drohenden Mehrbelastungen verstecken. Bundeskanzlerin Merkel, stellvertretend für Stimmung und Politikstil, duckt sich wie immer möglichst lange weg. Manchmal blubbert irgendwo schnell eine Drohung auf und drängen Koalitionspolitiker, die noch ein wenig Verantwortung in sich spüren, auf die Diskussion und Einleitung von Sparmaßnahmen.
Es ist von einer Erhöhung der Arbeitslosenversicherung, der Krankenversicherung, der erneuten Reduzierung der Pendlerpauschale, dem Kappen der Steuerfreiheit von Schichtzulagen, gar von einer Erhöhung der Mehrwertsteuer, zumindest der verminderten, die Rede. Das wird dann möglichst schnell wieder zugeschüttet. Man steckt lieber machtstrategisch den Kopf in den Sand und hofft, dass die Bürger auch weiterhin Genaueres gar nicht wissen wollen. Ebenso wird mit den Bankenpleiten oder der Aufklärung über Afghanistan verfahren. Die Öffentlichkeit nimmt wie ein Lamm die Verantwortungslosigkeit der Politiker hin.
Seltsam ist das alles nur, weil schon vor den Wahlen die Mehrheit der Bürger den Versprechen der Schwarz-Gelben keinen Glauben schenkte. Gewählt wurden die "Bürgerlichen" trotzdem, denen man offenbar dennoch – und wie man sieht unverdientermaßen – mehr Vertrauen entgegenbrachte, mit der Wirtschaftskrise fertig zu werden - wenn auch nur mit der knappen Mehrheit derjenigen, die zur Wahl gingen, nicht mit einer wirklichen Mehrheit der Wahlberechtigten. Man gewinnt den Eindruck, dass die Menschen zwar das Spiel auf der politischen Bühne durchschauen, aber es mangels Alternativen und Antrieb hinnehmen, dass sie vor der Zukunft die Augen schließen, was sich auch am gescheiterten Klimagipfel sehen lässt. Auch hier wird das Nichtergebnis in der breiten Öffentlichkeit kaum diskutiert. Eher schon scheint man froh zu sein, dass das Getöse um die Klimaerwärmung und die Notwendigkeit des Handelns fürs erste vorüber ist.
Wir scheinen im Zustand der organisierten und geduldeten Nichtverantwortlichkeit angekommen zu sein, wo man zwar nicht auf dem Vulkan tanzt, was ja noch etwas wäre, sondern alle Viere wie in einer Opiumhöhle hängen lässt, die Probleme auf später verschiebt und sich ansonsten nach der Devise "Wird schon werden" dem Schicksal anheimgibt.