Zehn Jahre Neue Seidenstraße: Zehn Jahre ohne die deutsche Wirtschaft
Chinas BRI-Initiative prägt die Weltwirtschaft neu. Deutschlands Rolle bleibt unklar. Versteht die Politik die Zeichen der Zeit? Gastbeitrag.
Die "Belt & Road Initiative" (BRI) mit bereits über 200 teilnehmenden Mitgliedsstaaten und internationalen Organisationen ist ein Jahrhundertprojekt für eine gemeinsame Zukunft der Menschheit. Es bietet grenzenlose Kooperations- und Entwicklungsmöglichkeiten für die deutsche Wirtschaft.
Die neue Abschottungspolitik und der verzweifelte Versuch, am Alten festzuhalten, verhindern jedoch die Beteiligung der deutschen Wirtschaft an dem Projekt und überlässt sie der Konkurrenz. Vielmehr wird die eigene Entwicklung gehemmt. Der langfristige Schaden ist dramatisch.
Während des Konflikts in der Ukraine sind deutsche Politiker bemüht, ihre Strategien weltweit mit allen Partnern neu auszurichten, nicht nur mit Russland. Dabei wird ein aggressiver Versuch unternommen, einen neuen Kalten Krieg herbeizuführen, gerade mit China. Die Bundestagsdebatte vom 29.09.2023 zur im Sommer veröffentlichten neuen China-Strategie der Bundesregierung belegt dies faktisch.
In der Debatte betrachten fast alle Parteien China als Bedrohung, ohne Fakten zu nennen. Jens Spahn (CDU) sieht die neue Seidenstraße als ein imperiales Projekt an. Jürgen Trittin (Grüne), Renata Alt (FDP) und der Digitalminister Jens Zimmermann (SPD) fordern die Trennung chinesischer Produkte wie Huawei von der Infrastruktur und sogar eine Einmischung in Chinas interne Angelegenheiten, wodurch ein Krieg provoziert werden könnte.
Christian Wagner, Jahrgang 1995, lebt in Peking. Er hat bereits viele Jahre für die deutsche Maschinenbauindustrie gearbeitet und absolviert nun den Master of Laws in chinesischem Recht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Volksuniversität Chinas. In seiner letzten Position hat er wirtschaftliche, politische und akademische Kooperationen zwischen der Volksrepublik China und anderen asiatischen Staaten auf der einen Seite sowie Europa und Deutschen Unternehmen auf der anderen Seite ermöglicht.
Sie planen, insbesondere das "Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz" anzuwenden und damit die eigene deutsche Wirtschaft zu sanktionieren. Digitale Technologien aus China sollen nicht zum Einsatz kommen und die Digitalisierung in Deutschland soll weiter verlangsamt werden. Autonomes fahren oder flächendeckendes Netz wird zunehmend undenkbar.
Die Neue Seidenstraße als gigantisches Wirtschaftsprojekt feiert im Jahr 2023 ihr zehnjähriges Bestehen. Das unprofessionelle Handeln der deutschen Politiker wird der deutschen Wirtschaft mittel- und langfristig teuer zu stehen kommen.
Deutsche Technologien und Schlüsselindustrien haben entlang der Seidenstraße große Chancen, um beträchtliche Aufträge und Umsätze durch Beteiligungen zu generieren. Dies wird jedoch mit allen Mitteln verhindert.
Zehn Jahre Wirtschaftswunder Neue Seidenstraße
Das Mega-Projekt zielt darauf ab, eine vernetzte Welt durch politische Koordination, Handel ohne Hindernisse, finanzielle Integration und Austausch "Menschen-zu-Mensch" zu schaffen.1 In den beteiligten Ländern wurden durch BRI-Projekte Autobahnen, Eisenbahnverbindungen, Flughäfen, Internet, Häfen und Schifffahrtsinfrastrukturen entwickelt. Kultur-, Gesundheits- und Inklusionsprojekte werden gefördert, um das Leben der Menschen zu verbessern und selbst kleinen Unternehmen eine Teilhabe am Markt zu ermöglichen.
So wurde eine 1.000 km lange Zugverbindung zwischen China und Laos gebaut und eröffnet. Diese Verbindung fördert die lokale Wirtschaft im Umland entlang des Laos-China Korridors.
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Neben der vertikalen Hauptverbindung werden auch horizontale Anbindungen an abgelegene Dörfer geschaffen, um den Transport von Waren im Wert von insgesamt 250 Millionen US-Dollar jährlich zu ermöglichen. Solch ein großes Investitionsprojekt mit vielen Nebenprojekten fördert die logistischen Kapazitäten maximal.
Weitere Verbindungen entlang der BRI, wie Zugverbindungen von China nach Thailand oder Malaysia bis hin nach Singapur, wurden geschaffen. Die Mombasa-Nairobi Standard Gauge Zugverbindung wurde in Kooperation mit Chinas Communication Construction Company (CCCC) errichtet, wodurch das Bruttoinlandsprodukt von Kenia und benachbarten Ländern um 1,5 Prozentpunkte gesteigert wurde.
Mombasas Wohlstand wurde durch Infrastrukturprojekte, durch Zugverbindungen und Häfen gesteigert. Diese Projekte haben zur wirtschaftlichen Integration in Ostafrika und darüber hinaus beigetragen. Verschiedene Regionen, Kontinente und Weltinfrastrukturen werden miteinander verbunden. Die Länder haben nun die Möglichkeit, eine digitale Wirtschaft einzuleiten und sich insgesamt weiterzuentwickeln.
Wissenschaft, Technologie, Agrikultur oder Ökologische Nachhaltigkeit
Neben klassischen Infrastrukturprojekten bietet die BRI weitere Möglichkeiten. Im Bereich Technologie werden gemeinsame Labore gebaut und auch logistische Technologietransferzentren errichtet. Im Jahr 2017 wurde der Belt & Road Science, Technologie und Innovation Action Plan offiziell eingeleitet.
Bis 2021 wurden mit 83 BRI-Ländern 1.118 technologische Partnerschaften gebildet, wobei 53 Labore finanziert wurden. Die Labore unterstützen nicht das Militär, wie deutsche Politiker meinen. Stattdessen konzentrieren sie sich faktisch auf Bereiche wie Agrarwirtschaft, neue Energiequellen, Gesundheit und andere Felder, die auch mit anderen Organisationen wie Asean in Einklang stehen.
Im Bereich der Landwirtschaft haben die BRI-Staaten gemeinsam und freiwillig mehr als 50 afrikanischen Staaten geholfen, über 20 Landwirtschaftstechnologien, Demonstrationszentren und 500 landwirtschaftliche Projekte zu initiieren. Dabei wurden 500 technologische Kooperationen mit 100 Ländern und Organisationen geschlossen.
Es wurde ein dreijähriger Aktionsplan zur Förderung der agrarischen Zusammenarbeit zwischen Ägypten, Chile und China vereinbart. Auf Foren und Treffen tauschen sich die zuständigen Landwirtschaftsminister aus, um weitere Projekte zu besprechen.
Auch beim Belt & Road Food Security Summit Forum, sowie beim Forum für Internationale Kooperation in Landwirtschaft unter dem BRI-Framework und beim China-Asean Landwirtschafts-Kooperations-Forum werden Maßnahmen zur Zusammenarbeit erörtert. Gemeinsam gebaute Labore zur intelligenten Wassereinsparung und -aufbereitung sind ein Beispiel dafür, wie landwirtschaftliche Kooperation aussehen kann.
In Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und der BRI wurden Umweltentwicklungsprogramme ins Leben gerufen, um eine nachhaltige Entwicklung zu fördern.
Im Rahmen dessen wurden BRI Big-Data-Plattformen für den Austausch sowie das Green Silk Road Envolve-Programm geschaffen, bei dem Experten und Akademiker in 120 Ländern 3.000 Schulungen für Managementpersonal anboten. Huaweis Drohnentechnologien liefern Medizin in abgelegene Dörfer oder schalten live in Krankenhäuser zu Ärzten.
In Portugal wurde das Starlab errichtet, ein sino-portugiesisches Labor, das sich mit der Erforschung des Universums, der Tiefsee und des Klimas befasst und dadurch zur Entwicklung der Welt beiträgt. Es geht um eine geteilte Zukunft der Menschheit.
Investitionsprogramme ohne Deutschlands Wirtschaft
In den vergangenen zehn Jahren konnte die BRI ein Kapital von 40 Milliarden US-Dollar vorweisen. Die von China eingeführte Asian Infrastructure Investment Bank hat allein in weniger als acht Jahren ein Kapital von 100 Milliarden US-Dollar akquiriert und finanziert mehr als 105 Staaten weltweit.
Die BRI hat den Handel und die Investitionen in den teilnehmenden Ländern signifikant gefördert. Das Handelsvolumen hat sich von sechs Billionen US-Dollar im Jahr 2013 auf zwölf Billionen im Jahr 2021 verdoppelt. Weltweit wurden Handel und Investitionen von den Teilnehmerländern und deren entwickelten Strategien verändert.
Im Gegensatz zum Westen wurden politische Bedingungen ausgeschlossen. So wird keine innenpolitische Veränderung verlangt. Insgesamt wurden durch die neue Seidenstraße allein sechs wichtige Wirtschaftskorridore errichtet.
Zahlreiche Finanzinstitutionen wie die Weltbank, die Asian Infrastructure Investment Bank, die Asian Development Bank, die European Investment Bank, die China Development Bank und die Export/Import Bank of China beteiligen sich daran. Nach qualitativen und quantitativen analytischen Statistiken der Weltbank hat die BRI Handelskosten drastisch reduziert und wirtschaftliches Wachstum gefördert.
Viele Entwicklungsländer haben weder die passende Infrastruktur noch die Bedingungen, um Wirtschaftsinvestoren anzulocken. Oft fehlt es ihnen auch an eigenen Anlagen oder Finanzkapital, um selbst Investitionen zu tätigen. Ohne externe Unterstützung gestaltet sich eine adäquate Entwicklung schwierig.
Seit Gründung der BRI spielen die starken eigenen Finanzinstitutionen der BRI eine wichtige Rolle. Ziel ist eine kooperative Zusammenarbeit zwischen lokalen Institutionen, internationalen Akteuren sowie privaten Investoren. Chinesische politische Banken wie die China Development Bank und China Export Import Bank sind die wichtigsten Geldgeber der Belt and Road Initiative.
Auch internationale Organisationen wie die Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) und der Silk Road Fund, sowie traditionelle internationale Finanzinstitutionen wie die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und private Unternehmen und der private Sektor unterstützen finanziell. Es werden drei Aspekte unterstützt:
- die Liquidität von lokalen Finanztransaktionen, die Entwicklung von Infrastrukturprojekten und die Förderung wirtschaftlicher Zusammenarbeit.
- Förderung und Bereitstellung externer Finanzmittel sowie Unterstützung lokaler Projekte.
- Entwicklung des lokalen Finanzsystems.
Bis 2021 beliefen sich Chinas direkte Investitionen auf 213,48 Milliarden US-Dollar. Im Jahr 2016 hat die chinesische Volksbank multilaterale Kooperationen mit der Afrikanischen Entwicklungsbank, der Internationalen Finanzkooperation unter der Weltbankgruppe und der Interamerikanischen Entwicklungsbank geschlossen und umfasst nun ein Volumen von sieben Milliarden US-Dollar.
Ebenso verhält es sich mit der Banco de Desarrollo de America Latina, dem International Fund for Agricultural Development, der New Development Bank oder der Islamic Development Bank.
Im privaten Bereich haben bis Ende 2021 insgesamt 500 chinesische Unternehmen 43,08 Milliarden US-Dollar investiert. Unter anderem wurden Investitionen in Industrieparks getätigt, wie in China-Belarus, der Cambodia Sihanoukville Special Economic Zone und der China Egypt Teda Suez Economic and Trade Cooperation Zone.
Auch der Thai Chinese Rayong Industrial Park, welcher von der China Holley Group sowie der Thailand Anmeide Group betrieben wird, erhielt Investitionen in Höhe von insgesamt 4,3 Milliarden USD durch das Unternehmen Holley. Letzteres verfügt über mehr als 40 Prozent der Investitionen in Thailands Fertigungsindustrie.
Frankreich, UK oder Italien beteiligen sich daran, wovor Deutschland Angst hat
Ein Blick in die Weltgeschichte zeigt, dass Großmächte oft durch Kriege aufgestiegen sind. Die Volksrepublik China hingegen verfolgt den Weg des friedlichen Aufstiegs. Das bedeutet insbesondere, dass militärische Faktoren und Konfrontationen gegen den Westen ausgeschlossen werden, trotz dessen Angriffsmaßnahmen und Kalter Kriegs Mentalität. Es geht um gegenseitiges Verständnis zwischen den Zivilisationen. Deutschland sieht sich in seiner durch gefühlte Wahrheiten bestätigt – nicht durch Fakten.
Im Juni 2015 Frankreich und China in einer gemeinsamen Erklärung namens "Joint Statement on Cooperation in the Third-Party Markets" ihre Zusammenarbeit manifestiert.
Im Jahr 2019 wurde diese Zusammenarbeit mit 14 Staaten fortgeführt, darunter Japan, Italien und das Vereinigte Königreich. Im Februar 2022 wurden von China und Frankreich in einer vierten Runde Kooperationen in den Bereichen Infrastrukturprojekte, Umweltschutz und neue Energien mit einem Gesamtwert von 1,7 Milliarden Dollar durchgeführt.
Im Jahr 2022 wurde ein britisches-chinesisches Finanzabkommen als Modernisierungsprojekt für Kenias A13-Autobahn mit 130 Millionen Investitionen abgeschlossen.
Andere europäische Staaten erkennen allmählich das Potenzial der BRI und beginnen, in ihre Interessen zu investieren und ihre Unternehmen auf Startpositionen für eine Veränderung der Welt zu bringen. Nur die deutsche Politik verhindert jegliche Partizipation und mischt sich in Chinas innere Angelegenheiten ein, um eine wertebasierte Politik zu erfüllen. Das Wachstum der eigenen Wirtschaft und Interessen des eigenen deutschen Volkes werden dadurch langfristig enorm beschädigt.
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