Zeit zu Handeln!

Die Welt braucht ein Apollo-artiges Programm für die Kalte Fusion

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Klimaforscher sind nach dreijähriger Arbeit zu dem Ergebnis gekommen, dass Europa in den nächsten Jahrzehnten ein extremer Klimawandel ins Haus steht. Mehr Trockenheit im Sommer, längere Dürren im Süden, Energieausfälle durch Überhitzung der Kraftwerke, mehr Regen im Winter, mehr Fluten und Wasserverschmutzung, ein gezwungener Wandel der Landwirtschaft, generell: mehr extreme Wetterlagen mit extremen Auswirkungen. Leider jedoch würden diese Forschungsergebnisse „wegen der langfristigen Vorhersagen von Entscheidungsträgern in Wirtschaft und Politik tendenziell vernachlässigt".

In der diesjährigen G8-Klimaabschlusserklärung erklären die selbsternannten Weltführer, der Klimawandel sei eine „ernste und langfristige Herausforderung“ und man müsse „jetzt handeln“, um die Zunahme von Treibhausgasen in der Atmosphäre zu bremsen und „wenn wissenschaftlich gerechtfertigt“ sogar aufzuhalten.

Ist das die Sprache, die angesichts immer dringenderer Warnungen von Klimaforschern angebracht ist? Ende Mai war einem Umweltaktivisten ein Entwurf der Klimaabschlusserklärung zugespielt worden. Darin hieß es noch: „Unsere Welt erwärmt sich. Der Klimawandel ist eine ernste und langfristige Bedrohung ... Wir müssen dieses Thema jetzt angehen.“ Die finale Erklärung ist also von „Bedrohung“ zu „Herausforderung“ entschärft worden. Vorher war der Handlungsbedarf noch „wissenschaftlich gerechtfertigt“.

In einem zweiten Entwurf ist gut ersichtlich, an welchen weiteren Stellen der Text verharmlost worden ist. Besser sieht es auch bei den Handlungsabsichten nicht aus. Der Entwurf sah noch an mehreren Stellen vor, dass sich die G8 auf Dollarsummen einigen, etwa um Entwicklungsländern die Teilnahme an Forschungsprojekten zu ermöglichen. Ach wie gut, dass kaum jemand den Entwurf kennt. Konkrete und zugesagte Fördervorhaben sucht man im Abschlussdokument vergeblich. Die reichen Länder haben sich nicht einmal zur dringlichen Wortwahl von 1998 durchringen können, als der Klimawandel noch „die größte Bedrohung zukünftigen Wohlstands“ war. Sobald es konkret wird, kneift der reiche Norden.

Man braucht nicht lange zu rätseln, wer die treibende Kraft der Verwässerung gewesen ist. Bush’s Own Country ist nicht gewillt, Treibhausgas reduzierende Maßnahmen zu ergreifen, und ist offenbar erfolgreich, diese Position durchzusetzen. Amerika will das Problem durch die Erforschung und Entwicklung neuer Technologien in den Griff kriegen. Nun gut, reden wir über Technologie...

Amerikas Plan zur Rettung der Erde

„Die USA haben immer daran geglaubt“, analysiert der Guardian, „dass es ein Allheilmittel wie die Kalte Fusion oder eine andere theoretisch plausible, aber unwahrscheinliche Methode zur Stromproduktion oder vielleicht Wasserstoff als Alternative zu fossilen Brennstoffen“ gäbe, außerhalb des G8-Verhandlungstischs glaube das aber niemand. Tatsächlich planen die USA, das Weltklima durch die Entwicklung neuer Wasserstofftechnologien, „sauberer“ konventioneller Kraftwerke, die Energie aus Kohlenwasserstoffen produzieren, ohne Kohlenstoff in die Atmosphäre freizusetzen, und der Kernfusion zu retten. Gemeint ist damit allerdings nicht die Kalte Fusion, die es, sobald man Politiker oder Wissenschaftler dazu fragt, nie gegeben hat, sondern die Heiße Fusion.

Die Heiße Fusion, die Verschmelzung von Wasserstoffkernen in Versuchsreaktoren, wird seit gut 50 Jahren erforscht. Befürworter hoffen, dass in 50 Jahren Fusionsgroßkraftwerke eine Teillast der Stromversorgung decken können. Kernfusion ist kein Verbrennungsprozess, deswegen entstehen keine Treibhausgase. Das Fusionsprinzip ist aus Sternen wie der Sonne bekannt: Wasserstoffkerne verschmelzen unter enormem Druck und Temperaturen und formen neue Elemente. Um dieses auf der Erde zu realisieren, wird versucht, den „Fusionsbrennstoff“ in einem Magnetkäfig einzuschließen, damit er die Reaktorwand nicht berührt.

Das Problem, das die Forscher bis heute nicht in den Griff bekommen haben, ist, dass die Wasserstoffkerne, wenn sie auf die erforderlichen 100 Mio. Kelvin erhitzt werden, ihren Magnetkäfig verlassen, was zum Abbruch des Fusionsprozesses führt. Man kann sich das Problem vorstellen wie einen Wackelpudding, den man in der Hand komprimieren soll, ohne dass er zwischen den Fingern raus quillt. Der größte Erfolg: 1997 produzierte der britische Forschungsreaktor JET eine knappe Sekunde lang 16 Megawatt Leistung. Leider waren dies nur 65 Prozent der aufgewandten Heizleistung.

Ende Juni diesen Jahres einigte sich ein internationales Konsortium darauf, den Fusionsreaktor der nächsten Generation, ITER (Frankreich strahlt), im französischen Cadarache zu bauen. Seitdem kann man sich vor Berichten über die Heiße Fusion nicht mehr retten.

Unberücksichtigte Alternativen

Weder in der Wissenschaft noch in der Öffentlichkeit wird dabei jedoch berücksichtigt, dass es alternative Methoden zur Heißen Fusion gibt. Zunehmend diskutiert wird zwar die Bläschen-Fusion (Bläschen-Fusion nimmt weitere Hürde), ein neues Verfahren der Heißen Fusion, das jedoch vollkommen anders und im viel kleineren Maßstab funktioniert und das Potential einer Energiequelle zu haben scheint. Viel wichtiger ist jedoch, dass es mit der Kalten Fusion seit 16 Jahren eine Methode gibt, die im Labormaßstab bereits Energie produziert und mühsam gerade den Prototypstatus erklimmt.

Wie Telepolis ausführlich berichtet hat (Kalte Fusion wieder heiß), ist die Kalte Fusion keineswegs ein Messfehler oder gar Betrugsfall der Geschichte, wie manche Wissenschaftler und Wissenschaftsjournalisten bis heute glauben. Die Art der Bekanntmachung und die erste Veröffentlichung der Chemiker Pons und Fleischmann war zwar sicherlich nicht fehlerfrei. Doch die heutige Faktenlage lässt keinen Zweifel an der Wahrheit der getroffenen Behauptung, dass Kernfusion auch „bei Raumtemperatur“ erreicht werden kann, z.B. durch die Elektrolyse von schwerem Wasser unter Verwendung einer Palladiumkathode. Der Sprachgebrauch „kalt“ bzw. „bei Raumtemperatur“ hat leider bis heute viel Verwirrung gestiftet, da er impliziert, dass die lokale Kernreaktion an sich „kalt“ ist, was keineswegs gesagt ist. Theoretisch ist die Kalte Fusion noch nicht erklärt, aber praktisch ist sie bewiesen.

Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass die Entstehung von Fusionsprodukten sowie von Überschusswärme weltweit nicht nur hundertfach erfolgreich wiederholt worden ist, sondern dass auch mindestens fünf verschiedene Methoden erfolgreich waren, die alle die gleichen Verhaltensmuster zeigen. Regelmäßig werden dabei Überschussleistungen im einstelligen Wattbereich für hunderte von Stunden erreicht. Ein Experiment lieferte 2000 Stunden lang 10 Watt. Die den größten Erfolg versprechenden Experimente lieferten einen Energieüberschuss von 1000 Prozent und produzierten Energie, nachdem die Energiezuführung abgeschaltet worden war. Dies sind die Ergebnisse, die das Potential der Kalten Fusion als Energiequelle demonstrieren. Wer diese Worte nicht einfach glauben will, kann sie selber anhand der LENR-CANR-Datenbank überprüfen.

Heiße und Kalte Fusion im direkten Vergleich

Seit Beginn der Erforschung der Heißen Fusion sind schätzungsweise 30 Milliarden Dollar investiert worden. Die Kalte Fusion hingegen hat sich in 16 Jahren mühsam mit 30 Millionen Dollar über Wasser halten müssen. Das Büro für Technikfolgenabschätzung des Bundestages schätzt, dass bis zur möglichen Realisierung der Stromerzeugung durch Heiße Fusion etwa weitere 60 bis 80 Milliarden Euro in den kommenden 50 Jahren investiert werden müssen. Leider gibt es kein Büro für Technikfrüherkennung. Physiker der Technischen Universität Berlin haben Ideen, wie sie der Kalten Fusion auf die Schliche kommen können, doch mit ihrem Jahresbudget von 10.000 Euro (sinkend) und Ausrüstung aus den 80er Jahren kommen sie nicht weit.

Für die Berliner wie für die meisten Universitäten, die nicht zur Bulmahnschen „Elite“ zählen, erweist sich die Innovationsfreude der Bundesregierung als Luftblase. Jährliche Bundesförderung der Kalten Fusion: 0 Euro. Für die Heiße Fusion: ca. 115 Mio. Euro. Für erneuerbare Energien: immerhin ca. 170 Mio. Euro. Steinkohlesubventionen: mehr als 2 Milliarden Euro jährlich! Etwas läuft gehörig schief auf diesem Planeten, und das ist nicht nur das Klima!

Finanzielle Förderung für die Kalte Fusion bleibt aus, weil den Machtlosen in Wissenschaft und Politik die Vorstellungskraft fehlt und die Mächtigen Konkurrenz fürchten. Heiße Fusion ist nur in Großkraftwerken möglich, benötigt Hochspannungsüberlandleitungen und eignet sich damit hervorragend zur Zentralisierung und Monopolisierung. Kalte Fusion hingegen ist eine dezentrale Energiequelle und macht potentiell viele Überlandleitungen überflüssig. Dass die Kalte Fusion (noch) keinen Strom produziert, sondern nur Wärme, stellt kein Problem dar, lassen sich zunächst halt nur die Heizkosten drücken.

Vor Problemen steht hingegen die Heiße Fusion. Selbst wenn sich der Brennstoff irgendwann in seinem Käfig halten lassen sollte, stehen die Konstrukteure vor ungelösten Materialproblemen. Denn noch ist kein Werkstoff gefunden, der die Fusionskammer den extremen Belastungen trotzend vom so genannten Brutmantel trennt. Da in Fusionskraftwerken auch für Kernwaffen taugliche Materialien erbrütet werden könnten, sehen Kritiker auch noch ganz andere Probleme.

Allerdings birgt auch die Kalte Fusion, so lange sie nicht verstanden ist, ein Unfallpotential, und, sobald sie verstanden ist, ein Missbrauchspotential. Wer allerdings die Kernfusion verneint, weil sie missbraucht werden kann, muss auch den Füller verbieten, weil man mit ihm Mordanweisungen schreiben kann. Insofern stellt uns die Kalte Fusion vor die Frage, wie reif unsere Zivilisation ist. Werden wir uns zur Innovation und zur Verantwortung bekennen, oder werden wir uns hoffnungsvoll an ein Prestigeprojekt klammern, während Dr. Seltsam an der sauberen Bombe bastelt?

Apollo-Programm für die Kalte Fusion

Da generell Grundlagenforschung immer neue Erkenntnisse hervorbringt und speziell auch zukünftig große Stromlasten gedeckt werden müssen, sollte die Erforschung der Heißen Fusion vorangetrieben werden. Gleichzeitig aber sollte weltweit ein Projekt zur Erforschung und Entwicklung der Kalten Fusion gestartet werden. In Anstrengung und gesellschaftlicher Bedeutung sollte es dem Apollo-Programm ähnlich sein. Ein ähnliches Projekt für eine Wasserstoffwirtschaft ist kürzlich von amerikanischen Wissenschaftlern gefordert worden.

16 Jahre lang haben Wissenschaftler die Kalte Fusion aus begrenzten Budgets, aus der eigenen Tasche oder unter diskreter Nutzung woanders verfügbarer Ausrüstung erforscht. Die Forschung ist jetzt so weit, dass ein Durchbruch nur noch von der individuellen Innovation eines Teams oder von Beginn und Umfang der Finanzierung abhängt. Würde eine ausreichende Finanzierung heute anlaufen, könnte rasch ein 100-Watt-Gerät gebaut werden.

Neben dem offensichtlichen, Umwelt schützenden Aspekt hätte die erfolgreiche Einführung der Kalten Fusion weit reichende Auswirkungen auf verschiedenen Sektoren. Die Technologieeinführung ginge einher mit einem Wandel hin zu dezentralen Strukturen, wovon der Mittelstand stark profitieren dürfte. Eine auf dezentraler Energieversorgung basierende neue Wirtschaft wäre längerfristig unabhängig vom Import fossiler Brennstoffe. Die USA und ihre Verbündeten könnten dann ihre Truppen aus der ölreichen islamischen Welt abziehen und damit dem Terrorismus seine politische Grundlage entziehen. Da die Kalte Fusion auch die lokale Aufbereitung von verunreinigtem oder Salzwasser ermöglicht, könnte das Zeitalter der Ressourcenkriege vor seinem endgültigen Eintreten noch abgewendet werden. Diese Perspektive dürfte letztendlich enorme gesellschaftliche Kräfte mobilisieren, weil man das Gefühl haben könnte, mit der Politik am selben Strang zu ziehen.

Praktisch sollten die Regierungen aufsteigender und etablierter Industrieländer eigene nationale Forschungsprojekte gründen. Die G8 sollten außerdem Fonds einrichten, aus denen Entwicklungsländern die Teilnahme am internationalen Forschungs- und Anwendungs-Wettbewerb ermöglicht wird. Die Mittel können problemlos durch Kürzungen in den Militärhaushalten, Verringerungen der Subventionen fossiler Brennstoffe oder Erhebung einer Steuer auf internationale Devisengeschäfte bereitgestellt werden.

Das Apollo-Programm kostete auf heute umgerechnet 135 Milliarden Dollar. Knapp halb so viel wurde zur Jahrtausendwende weltweit jährlich für die Kohlesubvention ausgegeben. Angenommen, man einigt sich darauf, lediglich ein Promille der jährlichen weltweiten Militärausgaben in die Kalte Fusion zu stecken, dann stünde eine Milliarde Dollar zur Verfügung. Die Heiße Fusion käme damit nicht weit, doch für die kleine, einfache Kalte Fusion wäre es ein Quantensprung.

Die Chance, diesen Weg einzuschlagen, gab es das erste Mal 1989, doch sie wurde von der politisch-industriellen Führung der USA begraben. Eine zweite Chance gab es letztes Jahr. Das US-Energieministerium hatte sich offenbar gezwungen gefühlt, sich der Forschung erneut zu widmen, weil es fürchtete, einen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Ländern zu erlangen. In Russland, Italien und Japan wird mehr an der Kalten Fusion geforscht als in den Vereinigten Staaten. Und zunehmend erkennen private Geldgeber ihr Gewinn bringendes Potential. Wenn eine Gruppe einen Durchbruch schaffen sollte, werden die wenigen erfahrenen Forscher weltweit begehrte Experten sein.

Vor Veröffentlichung eines Gutachtens im Auftrag des US-Energieministeriums im Dezember 2004 teilte das deutsche Forschungsministerium mit, „sollte sich [daraus] ein Hinweis ergeben, dass eine ‘Kalte Fusion’ doch als möglich zu betrachten ist, wird sich auch das BMBF erneut mit dieser Frage beschäftigen.“ Nachdem Wissenschaftler, die jedoch gar keine Experten auf dem zu bewertenden Gebiet waren, ihr Gutachten abgegeben hatten, und darin nur ausnahmsweise in die Nähe der Fakten gelangt waren, äußerte sich das deutsche Forschungsministerium erneut. Das US-Gutachten „erübrigt eine gesonderte Reevaluierung durch die Bundesregierung“ und „rechtfertig[t] keine Bemühungen der Bundesregierung in Richtung [Kalter Fusion]“. Da das Gutachten sich mittlerweile als unwissenschaftlich und unfair entpuppt hat, ist es äußerst unweise, sich auf den darin enthaltenen Schlussfolgerungen und Empfehlungen auszuruhen.

Wo ein Wille ist, ist ein Weg, und „der Weg“ auf lateinisch heißt „iter“. Doch die Hoffnung ruht nicht auf ITER, sondern auf verantwortungsvollen Entscheidungsträgern, die dem Verfall der natürlichen und gesellschaftlichen Ordnung nicht länger tatenlos zuschauen. Zeit zu handeln!

Wer sich mit potentiellen Anwendungen der Kalten Fusion beschäftigen möchte, dem sei das freie Online-Buch Cold Fusion And The Future von Jed Rothwell ans Herz gelegt.