Zerstört die Deutsche Bank Stadtteile von Milwaukee?
Bürgerkomitee erhebt schwere Vorwürfe gegen Ackermanns Bank
Seit einiger Zeit rührt sich in verschiedenen Städten der USA Bürgerprotest gegen Zwangsvollstreckungen und das Verfallenlassen von geräumten Häusern. Im US-Bundesstaat Wisconsin, wo die Deutsche Bank der größte Treuhänder und Eigentümer von zwangsgeräumten Immobilien ist, versucht die Bürgerinitiative "Common Ground" seit einem halben Jahr vergeblich, ein Treffen mit einem Vertreter der Bank zu erreichen.
Common Ground, eine Bürgerinitiative in Südwest-Wisconsin, erhebt schwere Vorwürfe gegen die Deutsche Bank. Diese ist seit der Finanzkrise einer der größten Akteure auf dem Immobilienmarkt der Vereinigten Staaten. Als Treuhänderin für mehr als eine Million Hypotheken spiele die Deutsche Bank ihren Kritikern zufolge eine eher "undurchsichtige Rolle". Gegen Hausbesitzer, die mit ihren Raten säumig sind, gehe Deutschlands führendes Kreditinstitut "unnachgiebig wie kein anderer vor", so der Vorwurf der Bürgerinitiative.
Deutsche bauten einst Milwaukee auf – die Deutsche Bank zerstört die Stadt!
Common Ground
Auf Einladung der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre sind zwei Vertreter nach Deutschland gereist, um auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank in Frankfurt/Main zu sprechen und Josef Ackermann auch persönlich ihre Kritik und Vorschläge zur Rettung ihrer Stadt vorzutragen.
Leere Häuser verkommen
"Viele der leerstehenden Häuser wurden geplündert und sind zu Drogenumschlagplätzen verkommen", beschreibt Dr. Susan Giaimo, Wissenschaftlerin an der Marquette Universität von Milwaukee, die Situation in dieser Stadt. Die zwangsgeräumten Häuser würden beträchtlich unter Wert an Spekulanten verkauft. Da die Deutsche Bank nichts gegen die Plünderung und Zerstörung der leerstehenden Gebäude unternähme, verlören auch die benachbarten bewohnten Häuser beträchtlich an Wert.
Common Ground zufolge verwaltet die Deutsche Bank in Milwaukee, einer Stadt von der Größe von Frankfurt/Main mehr als 180 Immobilien, im gesamten Staat Wisconsin seien es 1.096. Mark Fraley, Sprecher von "Common Grund" erklärte gegenüber Telepolis: "Keiner geht so brutal vor wie die Deutsche Bank."
Auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank unterstützen die Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre die Forderungen von Common Ground. In einem Antrag fordern sie von der Deutschen Bank, dass sie die Häuser in Milwaukee abreißt, die nach langem Leerstand und damit einhergehender Verwahrlosung nicht mehr mit einem vernünftigen Aufwand repariert werden können. Sie soll den Verkauf von Immobilien an "Spekulanten" beenden und diese Gebäude statt dessen an verantwortliche lokale Eigentümer verkaufen.
Außerdem soll die Bank "beträchtliche finanzielle Mittel in einen Wiederherstellungs-Fonds investieren. Geld dafür ist vorhanden. Denn die Deutsche Bank hat, Unterlagen der Kritischen Aktionäre zufolge, immerhin stolze 6 Milliarden US-Dollar aus der Rettungsaktion für die Versicherung "American International Group" (AIG) erhalten und im Unterschied zu anderen Banken, bisher auch behalten. Das Geld stammt von den Steuerzahlern in den USA, die insgesamt 170 Milliarden Dollar in die Rettung der AIG vor dem Kollaps stecken durften.
Mark Fraley, einer der Sprecher der "Common Ground"-Initiative verlangt, dass die Deutsche Bank die bisher einbehaltenen 6 Mrd. Dollar aus dem Fonds zur Rettung der Versicherung AIG wieder zurückzahlt oder sie in den Wiederaufbau heruntergekommener Stadtviertel reinvestiert.
Deutsche Bank verweigert direkte Gespräche
Ganz wichtig ist den Abgesandten von Common Ground der seitens der Bank bisher stets verweigerte direkte Dialog mit der Bank. Zuletzt hatte David Do, Direktor der Deutschen Bank mit Sitz in Santa Ana, Kalifornien, ein direktes Gespräch mit der Bürgerinitiative verweigert. Do bietet statt eines persönlichen Gesprächs in einem Schreiben vom 23. März 2010 an kirchliche Repräsentanten der Bürgerinitiative Telefongespräche an.
Auch zahlreiche Kommunalpolitiker aus Milwaukee wie Michael J. Murrphy und Landespolitiker aus Wisconsin Dawn wie Marie Sass konnten bisher nicht erreichen, dass sich die Banker der Deutschen Bank nker mit der Initiative an einen Tisch setzen.
6 Milliarden Dollar kassiert, 80 Mio. Euro für Soziales gespendet
Dabei wird die Deutsche Bank nicht müde, ihre soziale Seite zu betonen. In ihrer Selbstdarstellung heißt es: "Die Deutsche Bank versteht Corporate Social Responsibility (CSR) als eine Investition in die Gesellschaft und in die eigene Zukunft. Ziel ist es, soziales Kapital zu schaffen." Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, so schreibt die Bank, habe sie im Jahr 2009 erneut mehr als 80 Mio. Euro in Programme und Projekte aus ihren fünf CSR-Handlungsfeldern Nachhaltigkeit, Ehrenamtliches Engagement, Soziales, Kunst & Musik und Bildung investiert.
Bei soviel Großmut fällt es nicht schwer, den Versicherungen ihrer Pressesprecher zu folgen, denen zufolge die Deutsche Bank mit den Zwangsräumungen in Milwaukee nichts zu tun habe. Denn die Deutsche Bank sei – anders als andere Banken – bei diesen Immobilien nur Treuhänder. Weil es in den USA kein Grundbuch gebe, in das in Deutschland Belastungen wie etwa Hypotheken eingetragen werden, verwahrt in den USA ein "trustee", also Treuhänder, solche Dokumente. Der Treuhänder sei aber nicht der Besitzer der Immobilien, hätte folglich auch keine Verantwortung für Verkäufe oder Räumungen. Räumungen und solche unerfreulichen Handlungen seien nicht Sache der Deutschen Bank, sondern der "Service-Firmen".
Im Widerspruch dazu stehen die Schilderungen der Common-Ground-Vertreter. So hat die Deutsche Bank, den Aussagen von Dr. Susan Giaimo zufolge, das leerstehende und am 23. März 2010 ausgebrannte Haus 2742, W.State-Street, an die Stadt "verschenkt". Die Entsorgungskosten des nach dem Brand baufälligen Gebäudes hatte somit die Stadt zu tragen. Dabei hat doch die Deutsche Bank mit Räumungen und solchen Sachen "nichts zu tun", da ihr "die Gebäude nicht gehören" und sie nur "der Treuhänder" ist.
Derweil sieht sich die Deutsche Bank in anderen US-Bundesstaaten neuen Ermittlungen der Staatsanwaltschaften ausgesetzt. Untersucht wird, ob die Deutsche und andere Banken Investoren und Ratingagenturen über die Bewertung von Hypothekentiteln in die Irre geführt hätten.