Zimbabwe: Machtübernahme des Militärs mit Genehmigung aus Peking?

Robert Mugabe. Foto: U.S. Navy

Der jetzt unter Hausarrest stehende Langzeitstaatschef Mugabe zeigte der Welt bereits vor Nicolás Maduro, wie man ein Land in den Hunger wirtschaftet

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Eigentlich wollte sich der seit 1982 [!] amtierende Robert Mugabe im nächsten Jahr trotz seiner 93 Lenze noch einmal zum Präsidenten von Simbabwe wählen lassen: "Nur Gott, der mich ernannt hat, wird mich abwählen können" meinte er öffentlich. Nun scheint ihm das Militär den Gegenbeweis (oder, wenn man so will, den Beweis) dafür zu liefern. Dem südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma zufolge, der gestern mit Mugabe telefonierte, steht er auf Weisung der Armeeführung unter Hausarrest. Nun sollen die südafrikanische Verteidigungsministerin Nosiviwe Mapisa-Nqakula und der südafrikanische Sicherheitsminister Bongani Bongo nach Simbabwe reisen, um zwischen dem Präsidenten und dem Militär zu vermitteln.

Mugabe konnte die Macht ergreifen und behalten, weil sich die Mehrheitsvolksgruppe der Shona im Kampf um die Herrschaft im ehemaligen Rhodesien gegen die vor der Ankunft von Cecil Rhodes herrschende Minderheit der Ndebele und deren Vertreter Joshua Nkomo durchsetze. Letzterer wurde damals von der Sowjetunion präferiert, während die USA und China den Shona Mugabe förderten. Die Ndebele, die sich unter ihrem Anführer Mzilikazi im frühen 19. Jahrhundert von den Zulu trennten, waren damals nach Norden gewandert und hatten die Shona unterworfen. Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Land dann unter dem Vorwand einer humanitären Intervention kolonisiert: Cecil Rhodes nutzte eine grausame Strafaktion König Lobenguelas gegen die Shona als willkommene Gelegenheit, das Gebiet dem Herrschaftsbereich seiner British South Africa Company einzugliedern.

Anfangs in westlichen Medien gelobt

Der von westlichen Medien anfangs gelobte Mugabe, der die Einführung des Cricket-Spiels als größte Errungenschaft der Kolonialzeit ansah, bewies wirtschaftspolitisch allerdings kein unbedingt glückliches Händchen. Von Misserfolgen lenkte er ab, indem er ohne Rücksicht auf Auswirkungen auf die Produktivität weiße Farmer enteignete und das Land an alte Guerillakriegskameraden ohne Know-How und Kapital verteilte. Deren auf Subsistenzwirtschaft ausgerichtete Bearbeitungsmethoden erwiesen sich als so unterlegen, dass aus der ehemals Getreide exportierenden "Kornkammer Afrikas" ein Land wurde, das seine Bürger nicht mehr ernähren kann. Weil Mugabe die eingenommenen Steuern lieber in militärische Abenteuer im Kongo als in die Infrastruktur investierte, brachen im Laufe der Zeit auch die Wasser- und die Gesundheitsversorgung zusammen, so dass sich Cholera, Tuberkulose und andere Seuchen ausbreiteten konnten.

Zensur und Überwachung

Den Unmut unter den Bürgern, der sich deshalb ebenfalls ausbreitete, unterdrückte der gelernte Lehrer mit Einschränkungen der Redefreiheit und einem "Interception of Communications Act", der es den "Sicherheitsbehörden" erlaubte, Telefon- und Internetverbindungen zu überwachen (vgl. Mugabe auf Schäubles Spuren). 2008 beteiligte er auf internationalen Druck hin den damaligen Oppositionsführer Morgan Tsvangirai an der Macht. Faktisch änderte sich dadurch jedoch wenig.

2009 musste das Land nach einer zur Hyperinflation ausgewachsenen Inflation seine eigene Währung aufgeben (vgl. Simbabwe setzt die Gültigkeit seiner Währung aus). Vorher hatte der prostatakrebskranke und mit einer 40 Jahre jüngeren Frau verheiratete Mugabe Gelddrucken als notwendig und alternativlos zur "Stabilisierung der Wirtschaft" gerechtfertigt. Schon damals waren viele Simbabwer wegen der desolaten Lage ins benachbarte Südafrika ausgewandert - und ein altes Ndebele-Sprichwort aus dem 19. Jahrhundert hatte erneut zu kursieren begonnen: "Woza sibuyele Kwazulu, abantu mefa bekulupele" - "Heimkehren möchte ich nach Zululand, wo die Menschen wohlbeleibt sterben".

Militär: Kein "Staatsstreich", sondern "Operation gegen Kriminelle"

Am Mittwochmorgen hatte Generalmajor Sibusiso Moyo in einer Ansprache "an das Volk und die Welt jenseits unserer Grenzen" im simbabwischen ARD-Äquivalent ZBC bestritten, dass es sich bei dem bereits seit Dienstag beobachteten Aufmarsch an Schlüsselstellen in der Hauptstadt Harare um einen Staatsstreich handle. Vielmehr seien die Maßnahmen eine "Operation gegen Kriminelle", die dem Präsidenten nahe stünden und wirtschaftliches und soziales Leid verursachten. Sobald diese Operation beendet sei, werde Simbabwe zur Normalität zurückkehren. Außerdem teilte er mit, dass sich alle Soldaten im Urlaub sofort in den Kasernen einfinden müssten. Alle anderen Sicherheitskräfte forderte Moyo auf, "zum Wohle des Landes" mit der Armee zu kooperieren.

Beobachter vermuten, dass die Entwicklungen im Zusammenhang mit der vor kurzem vorgenommenen Entlassung des ehemaligen Vizepräsidenten Emmerson Mnangagwa stehen, den sich die Armeeführung als Mugabes Nachfolger gewünscht haben soll. Mugabe soll dagegen versucht haben, seine Ehefrau Grace als Nachfolgerin zu installieren. Diese könnte sich Medienberichten zufolge nach Namibia abgesetzt haben.

Auf Medieninteresse stieß außerdem die Tatsache, dass der Armeechef von Simbabwe letzte Woche den chinesischen Verteidigungsminister Chang Wanquan besuchte. China ist in vielen afrikanischen Ländern sowohl diplomatisch als auch wirtschaftlich ausgesprochen aktiv. Ein Sprecher des Außenministeriums in Peking bezeichnete den Besuch gestern aber als "normalen militärischen Austausch" und verwies auf das Verteidigungsministerium, aus dem es bislang noch keine gesonderte Stellungnahme gibt.