Zölle auf französischen Wein, aber nicht auf ungarischen
Die von der WTO genehmigten neuen US-Importgebühren sollen vor allem diejenigen EU-Länder treffen, die an den illegalen Airbus-Subventionen beteiligt waren
Diese Woche genehmigte die Welthandelsorganisation WTO das größte Strafzollvolumen ihrer bislang 25-jährigen Geschichte: Von den bis zu hundertprozentigen Zöllen auf Importe im Volumen von 11,2 Milliarden Dollar, die die US-Staatsführung wegen illegaler europäischer Subventionen an den Flugzeugkonzern Airbus beantragt hatte, erlaubte sie bis zu hunderprozentige Zölle auf Waren im Wert von siebeneinhalb Milliarden Dollar. Dieser rechtskräftige Schiedsspruch ist nicht mehr anfechtbar.
US-Präsident Donald Trump begrüßte den Ausgang des bereits seit den Nullerjahren laufenden Streits als "schönen Sieg". Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel formulierte dagegen in dem für sie typischen Duktus, man habe "nach dem WTO-Recht einen Sachverhalt verloren", was "belastend" sei, wie man "trauriger Weise sagen" müsse. Nun warte sie "erst einmal ab, was die amerikanische Administration macht".
US-Arbeitsplätze im Airbus-Werk in Alabama sollen nicht gefährdet werden
Die war bereits vorher nicht untätig und präsentierte nach dem Schiedsspruch eine lange Liste mit Waren, die ab dem 18. Oktober bei ihrer Einfuhr in die USA teurer werden sollen. Die naheligendste Warengruppe - Flugzeuge - muss dabei mit einem zehnprozentigen Aufschlag rechnen. Einzelne Flugzeugteile bleiben aber so billig, wie sie sind, damit die amerikanischen Arbeitsplätze in den Airbuswerken in Alabama nicht gefährdet werden.
Weitere Waren hat man dem US-Handelsbeauftragte Robert Lightizer zufolge so ausgewählt, dass sie vor allem jene EU-Länder treffen, die am Airbus-Flugzeugbau beteiligt sind: Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Deshalb habe man zwischen einzelnen Herkunftsländern und Sorten differenziert und beispielsweise ungarischen Tokajer vom neuen Weinzoll ausgenommen.
Pecorino und Cheddar
Der 25-prozentige Zollaufschlag auf andere Weine, bestimmte Käsesorten, Olivenöl und Bekleidungsmode soll dagegen vor allem Spanien und Frankreich treffen. Etwas erklärungsbedürftig wirkt, dass die Liste zwar italienische Weine ausnimmt, aber die Käsesorten Pecorino und Parmesan explizit nennt. Hierzu könnte der WTO-Streitschlichtungsausschuss DSB vor der endgültigen Genehmigung der Maßnahmen vielleicht noch Fragen haben.
Ebenso Erklärungsbedarf geben könnte es dazu, warum neben Cheddar, Butter, Büchern und landestypischen Spirituosen aus dem Vereinigten Königreich auch solche aus der Republik Irland teurer verzollt werden müssen. Und dazu, was mit den Zöllen passiert, wenn das Vereinigte Königreich zum 31. Oktober mit einem neuen Deal oder zu WTO-Konditionen aus dem EU-Zollraum austritt.
In Deutschland sind neben Milchprodukten und Wein unter anderem Werkzeuge betroffen, was den Berechnungen des Kieler IfW-Instituts nach dazu führen könnte, dass das Land mit einem zu erwartenden Exportverlust von etwa 2 Milliarden Dollar den größten Anteil an der Belastung trägt. Würden die USA nicht zehn- und 25-prozentige, sondern die von der WTO erlaubten hunderprozentigen Zölle verhängen, würden die Exportverluste entsprechend höher ausfallen. Darauf machte Lightizer aufmerksam, als er die EU-Führung dazu aufforderte, in Verhandlungen einzutreten, um den Konflikt beizulegen (vgl. WTO: Subventionen für Airbus A350 und A380 waren unzulässig).
Französischer Finanzminister hält "Innovationen und technologische Durchbrüche ohne staatliche Hilfe" für "unmöglich"
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström meinte dagegen, die Europäer hätten die illegalen Subventionen an Airbus, wegen denen die amerikanischen Strafzölle erlaubt wurden, bereits abgestellt und das der WTO zur Prüfung vorgelegt. Außerdem habe man dort wegen amerikanischer Subventionen an den Airbus-Konkurrenten Boeing die Genehmigung eigener Strafzölle auf Spielekonsolen und andere Importe aus den USA im Volumen von ungefähr zehn Milliarden Dollar beantragt. Bis die WTO über diesen Antrag entschieden hat, wird Malmström sehr wahrscheinlich nicht mehr EU-Handelskommissarin sein. Sie gibt ihr Amt zum 31. Oktober an den Iren Phil Hogan ab (vgl. Acht Christendemokraten, acht Sozialdemokraten und sieben Sitzenbleiber).
Länger im Amt bleiben könnte der französische Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire, der ebenfalls EU-Strafzölle als Vergeltungsmaßnahmen anstrebt: "Wenn die amerikanische Regierung die Hand zurückweist, die von Frankreich und der Europäischen Union ausgestreckt wurde", so Le Maire, dann "bereiten wir uns darauf vor, mit Sanktionen zu reagieren". Auf dem European Summit der Welt machte der Macronist nicht den Eindruck, dass er sich nach dem WTO-Schiedsspruch von der Subventionspolitik verabschieden will: "Innovationen und technologische Durchbrüche ohne staatliche Hilfe voranzubringen" ist seiner Ansicht nach "unmöglich", weshalb es "naiv" wäre, "die Verantwortung dafür den Märkten und privaten Investitionen zu überlassen".
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