Zu nahe an der Realität

Nato simulierte Präventiv-Angriff am Computer und brach die Übung ab

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Die Nato habe bereits im Februar dieses Jahres in einer Übung simuliert, wie die Allianz auf ein Land reagiert, das über biologische und chemische Massenvernichtungsmittel verfügt. Wie die "Berliner Zeitung" berichtet, musste die Übung CMX 2002 allerdings abgebrochen werden, weil die Verbündeten sich nicht auf die Art der Militärschläge einigen konnten. "Dieses Spiel war einfach viel zu nahe dran an der Realität", zitiert die Zeitung einen NATO-Mitarbeiter.

Die nur am Computer simulierte Übung habe als Szenario eine Bedrohung von Nato-Truppen in der Türkei durch eine Giftgaswolke gehabt, die aus einem fiktiven "feindlichen Nachbarland" über die Grenze trieb. Die Wolke sei als Folge eines Unfalls mit biologischen Waffen im Feindesland beschrieben worden.

Im Szenario verfügte die Allianz über Informationen, das Feindesland habe Vorbereitungen für den Einsatz von Massenvernichtungswaffen getroffen. In der Simulation wurden die Stäbe im Nato-Hauptquartier und die Regierungen der Bündnispartner befragt, ob die Allianz angesichts dieser Situation präventiv zuschlagen solle, um die feindlichen Waffen zu zerstören. Die USA hätten angeblich auf Präventivschläge gedrungen, die Europäer sich dagegen gesperrt. Deutschland etwa habe völkerrechtliche Bedenken geltend gemacht und Frankreich verlangt, den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einzuschalten. In dem Szenario seien solche Entwicklungen jedoch nicht vorgesehen gewesen, woraufhin CMX 2002 abgebrochen worden sei.

"Die dort getroffenen Entscheidungen hätten zum Präzedenzfall für die Wirklichkeit werden können. Aber so tief wollte sich kein Land in die Karten schauen lassen. Nicht bei einer Übung", zitiert die Zeitung den ungenannt gebliebenen Nato-Vertreter.