Zurück im Kalten Krieg und im atomaren Wettrüsten

Seite 2: Für die nächsten 10 Jahre will das Pentagon 350 Milliarden US-Dollar in neue Atomwaffen investieren

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Die US-Regierung erwägt, die atomare Abschreckung - Sprengköpfe und Flugzeuge, U-Boote sowie Raketen und Atomanlagen zur Herstellung von waffenfähigem Uran - zu "modernisieren", indem über die nächsten 30 Jahre bis zu einer Billion US-Dollar investiert werden. Das Pentagon geht davon aus, dass die Modernisierung jährlich 18 Milliarden US-Dollar zwischen 2021 und 2035 kosten wird. Für die nächsten 10 Jahre wünscht sich das Pentagon 350 Milliarden US-Dollar.

Während man vor dem Ukraine-Konflikt die "Modernisierung" damit begründet hatte, dass es aufgrund der alternden Technik lediglich um den Erhalt der nuklearen Abschreckung gehe, wird seitdem die russische Bedrohung als primärer Grund favorisiert. Gleichzeitig nimmt man Abschied von asymmetrischen Kriegen und dem Krieg gegen den Terror und suggeriert, dass Kriege zwischen Staaten wieder wahrscheinlicher werden.

Experten betrachten die teuren Modernisierungspläne, mit denen auch Abschied von einer weiteren Reduzierung der Atomsprengköpfe nach dem neuen START-Abkommen genommen werden soll, als Fantasie. Man überlässt das Problem der Nachfolgerregierung, die Modernisierung könne nur auf Kosten von anderen Teilen der Streitkräfte durchgeführt werden. Im Haushaltsjahr 2017 sind 3,2 Milliarden US-Dollar für die Modernisierung vorgesehen.

Die für die Sprengköpfe zuständige NNSA will 12,9 Milliarden für das Haushaltsjahr, 357 Millionen mehr als 2016. Mehr als 9 Milliarden werden für die Modernisierung und die Wartung der Sprengköpfe veranschlagt. Beabsichtigt ist, mit der Modernisierung die Atomwaffen kleiner und genauer zu machen, was Kritiker warnen lässt, dass damit deren Einsatz wahrscheinlicher würde. Der Plan, taktische Atomwaffen zu entwickeln, entstand unter der Bush-Regierung (Das Pentagon will neuartige taktische Atombomben). .

Abgesehen von Nordkorea werden zwar aufgrund des bislang von den Unterzeichnern des Kernwaffenteststoppvertrags keine Atomwaffentests mehr ausgeführt. Auch die Staaten wie China und die USA, die im Gegensatz zu Russland das Abkommen nicht ratifiziert haben, hielten sich daran. Die Atommächte Indien, Pakistan und Nordkorea haben noch nicht einmal unterschrieben. Während China "nur" um die 300 Sprengköpfe haben soll, verfügt Russland über 1.582 einsatzbereite Sprengköpfe und die USA über 1,597. Beide Länder haben jeweils noch mehr als 4000 atomare Sprengköpfe gelagert.

Auch die in der EU und der Türkei stationierten Atombomben sollen "modernisiert" werden

Im Zuge der Modernisierung will das Pentagon auch die in Europa befindlichen B61-Atombomben "modernisieren". Um die 200-350 werden auf sechs Luftwaffenstützpunkten gelagert. Die B61-Atombomben im türkischen Incirlik und im italienischen Aviano würden von US-Flugzeugen verwendet, die Atombomben in Volkel, Niederlande, Kleine Brogel, Belgien, und Büchel, Deutschland, werden im Zuge der "nuklearen Teilhabe" von der jeweiligen Luftwaffe geflogen, also etwa von Tornados der deutschen Bundeswehr. In Büchel lagern 10-20 US-Atombomben, die nun durch die taktischen B61-12 ausgetauscht werden sollen, die mit Sprengköpfen mit der Explosivkraft von 0,3, 1,5, 10 und 50 kt ausgestattet werden können. Grüne und Linke lehnen die "Modernisierung" ab, die große Koalition spricht sich dafür aus, will das Thema aber aus offensichtlichen Gründen klein hängen.

Nach Tests im vergangenen Jahr kann die B61-12 tief in den Boden eindringen und ist daher zur Zerstörung von geschützten und tiefgelegenen Zielen geeignet. Überdies sind die neuen Atombomben zielgenauer und können von fast allen Flugzeugen abgeworfen werden. Dabei handelt es sich nicht um eine Modernisierung, sondern um neue Atomwaffen, so etwa die FAS. Mit der höheren Zielgenauigkeit, einer geringeren Ladung und einer Sprengung einige Meter unter dem Boden würde bei einem Einsatz weniger Radioaktivität freigesetzt und ein geringerer Schaden auf der Oberfläche verursacht. Das könnte die Schwelle zum Einsatz solcher dann taktischer Atomwaffen senken und damit die Wahrscheinlichkeit eines Atomkriegs erhöhen.

Russland sieht die "Modernisierung" der US-Atomwaffen, besonders in Europa, selbstverständlich nicht als Beitrag zur "strategischen Stabilität", sondern ganz im Gegenteil. In Russland spricht man noch nicht von der amerikanischen oder Nato-Aggressivität, aber man gibt sich ebenso wie die USA, dass man auf die Rüstung reagieren müsse. Daher heißt es aus dem russischen Verteidigungsministerium, Russland werde "angemessen" auf die Modernisierungspläne von Washington reagieren.