Zwanzig Jahre Viagra

Seite 2: Viagra und der Sinn des Lebens

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Wer sich jetzt negativ über die vermeintliche Sexsucht anderer äußert, der sollte dabei aber bedenken, dass dahinter auch traumatische Erfahrungen oder eine erlebte Sinnlosigkeit beziehungsweise Leere des Lebens stehen kann. Solche Hintergründe können auch Essstörungen (in beide Richtungen), Arbeits- oder Sportsucht (Mission erfolgreich: Körper unterworfen), Schauspielerei, illegale Autorennen oder anderen Extremformen menschlichen Verhaltens haben.

Damit hält uns ein erfolgreiches Medikament wie Viagra auch den Spiegel zur Selbstreflexion vor: Worauf kommt es in unserem Leben eigentlich an? Woher kommt der Wunsch, dass alles so gut, ja perfekt funktionieren muss? Warum fällt es uns so schwer, zu akzeptieren, etwas nicht oder nicht mehr zu können?

Viagra und Doping

Der manchmal gezogene Vergleich zum Gehirndoping oder Enhancement hinkt jedoch in den meisten Fällen: Führungspersonal, Selbstständige und Arbeitnehmer, die mit Medikamenten ihre Arbeitsfähigkeit verbessern wollen - eine DAK-Studie schätzte 2015 den Anteil der regelmäßigen Konsumenten auf zwei Prozent (Eine Million dopt regelmäßig am Arbeitsplatz) -, nehmen die Mittel im Wettbewerb. Steht allerdings die Angst im Vordergrund, den (eingebildeten oder realen) Ansprüchen Anderer nicht zu genügen, gibt es zumindest auf psychologischem Gebiet Überschneidungen.

Viagra-Sex wird, abgesehen von Pornodarstellern und anderen Sex-Performern, in den meisten Fällen wohl aus Lust und nicht Interesse an monetärem Gewinn geschehen. Daher wäre wohl auch bei einer Freigabe im Sinne der Apothekenpflicht kaum zu erwarten, dass sich immer mehr Männer aus Konkurrenzdruck das Mittel besorgen. Zumal dann, wenn die Forschung darauf hindeutet, dass Partnerinnen vielleicht auch andere Formen der sexuellen Zärtlichkeit schöner finden.

Hinweis: Dieser Artikel erscheint ebenfalls im Blog "Menschen-Bilder" des Autors.