31C3: Politisches Hacken
Politik beim Hackerkongress
Auf der jährlichen Hacker-Konferenz des Chaos Computer Clubs nehmen traditionell auch politische Themen breiten Raum ein. So analysierte etwa der Linguist Prof. Martin Haase die Digitale Agenda der Bundesregierung auf Worthülsen und tatsächlichen Inhalt. Die Glaubwürdigkeit des versprochenen transparenten Staates leidet Haase jedoch bereits durch die Entscheidung der Bundesregierung, das Dokument als PDF zu verteilen, was ein Durchsuchen erschwere. Dennoch zählte Haase besonders häufig den Begriff "Markt", der es wohl richten soll, während "Überwachung" nicht vorkam. Etliche Formulierungen wie z.B. "Wir beteiligen uns aktiv an den Diskussionen" oder das "Begleiten" irgendwelcher Entwicklungen bewertet Haase als Indiz dafür, dass die "Agenda" eher eine "Patienda" sei.
Das Zentrum für politische Schönheit referierte über seine subversiven Aktionen wie das Bloßstellen schrecklich netten Panzerfamilie und dem "Europäischen Mauerfall" zum 9. November. Zum Hacken gehört nicht nur das Überlisten technischer Systeme, sondern auch das Auslösen politischer Prozesse etwa durch Täuschung. So inszenierte das Zentrum eine fiktive Solidaritätsaktion zur Rettung syrischer Kinder. Über 600 Personen folgten dem Aufruf, ein Pflegekind aus Syrien bei sich aufzunehmen. Das Zentrum erinnerte hierbei an die Situation jüdischer Flüchtlingskinder 1938, denen etliche, aber nicht alle Länder die Aufnahme verweigerte und präsentierte zwei entsprechende Überlebende des Holocaust.
Die "schlüsselfertige" Hilfsaktion bot man dem Familienministerium zur Übernahme an. Die Aktivisten verglichen ihre bewusst kontroversen Aktionen mit der Öffentlichkeitsarbeit von Amnesty International, wo man allen Ernstes mit symbolischen Aktionen wie dem Falten von Papierschiffchen Menschenrechte retten will. Für den Fall, dass auch das Zentrum eines Tages über 3 Millionen zahlende Fördermitglieder verfüge, versprach man deutlich effektvollere Aktionen.
Weiterer politischer Höhepunkt von Tag 1 des 31C3 wird voraussichtlich die Mitternachtsvorstellung der Doku "Citizenfour" in Anwesenheit der Autorin Laura Poitras, die zu den engsten Vertrauten des Whistleblowers Edward Snowden zählt.
UPDATE:
Video des Vortrags von Prof. Martin Haase
Video der Präsentation des Zentrums für politische Schönheit