37 Prozent der Fläche Spaniens sind bedroht, sich in eine Wüste zu verwandeln
Schon fast 50 Prozent Spaniens sind von starker Erosion betroffen und erst jetzt tritt ein Aktionsplan gegen Desertifikation in Kraft
Vor 14 Jahren unterzeichnete Spanien das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung ( UNCCD). Passiert ist seither wenig, dabei nimmt die Desertifikation auch wegen der Klimaveränderung immer dramatischere Ausmaße an. Fast 50% des Landes sind von starker Erosion betroffen, führt der Nationale Plan zur Bekämpfung der Desertifikation (PAND) aus, der nun im Gesetzesblatt veröffentlicht wurde. Doch so lange wie dessen Verabschiedung könnte seine Umsetzung dauern.
Insgesamt wird von 37 % der gesamten Fläche gesprochen, die ein sehr hohes, hohes oder mittleres Risiko aufweist, sich in eine Wüste zu verwandeln. Doch dringt man in die Tiefen der 262 Seiten des Dokuments vor, dann ist die Lage noch viel dramatischer. Mit Bezug auf Daten, die ohnehin nur bis ins Jahr 2002 zurückreichen, heißt es: "Auf 46% des nationalen Territoriums (23 Millionen Hektar) liegt die Erosion über dem tolerierbaren Grenzwert", der mit 12 Tonnen Bodenverlust pro Hektar und Jahr definiert wird. "Etwa 12% des nationalen Territoriums (6 Millionen Hektar) sind einer sehr starken Erosion ausgesetzt, mit einem Verlust, der 50 Tonnen pro Hektar im Jahr überschreitet." Da die Regeneration zwischen 2 und 12 Tonnen im Jahr betrage, könne das ganze "Ausmaß" des Problems erahnt werden, wird ausgeführt. Dabei ist schon der angesetzte Grenzwert zu hinterfragen, denn 12 Tonnen Erdabtrag im Jahr müssten eigentlich schon als mittlere Erosion bezeichnet werden, wenn das Gebiet wegen fehlender Vegetation sich um deutlich weniger als 12 Tonnen regeneriert.
Doch ohnehin hat sich die Lage in den letzten sechs Jahren weiter deutlich zugespitzt, auch weil das Land seither extreme Dürreperioden durchmacht, riesige Waldgebiete in Flammen aufgingen und durch den Bauboom riesige Flächen versiegelt wurden. In Spanien sind in den letzten Jahren mehr Wohnungen gebaut worden, als in Deutschland, Frankreich und Italien zusammen. Wegen der Klimaveränderungen haben sich nicht nur die Durchschnittstemperaturen erhöht, auch die Art der Niederschläge hat sich verändert. Es regnet immer öfter sinnflutartig, was zur Erosion der Böden beiträgt. Besonders von Erdabtragung betroffen sind die Kanarischen Inseln, die schon zu 30% unter sehr hoher Erosion leiden, danach folgt Murcia mit fast 20 %. In beiden Gebieten ist der Druck des Tourismus groß und es wird auch viel Intensivlandwirtschaft betrieben, die die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) für Wasserverschwendung und Erosion verantwortlich macht.
Erstaunlich an dem Plan ist, dass er keine Aussage darüber trifft, welche Fläche sich schon unwiederbringlich in Wüste verwandelt hat. Dass auch die spanischen Zahlen des Umweltministeriums mit Vorsicht zu genießen sind, zeigt sich an den Angaben zum Baskenland. Angeblich gibt es weder in der Autonomen Baskischen Gemeinschaft (CAV) noch in Navarra Gebiete, die unter sehr hoher Erosion leiden. Doch in Navarra gibt es mit den Bardenas längst eine Wüste (siehe Bild). Das gleiche gilt für Aragon. Fragt sich, wie das Umweltministerium die Halbwüste "Los Monegros" einstuft, die wie die Bardenas einst von dichtem Wald bewachsen waren.
Die Umweltschutzorganisationen begrüßen zwar grundsätzlich, dass der Plan endlich in Kraft getreten ist. Doch weisen sie darauf hin, dass ihm weder eigene Haushaltsmittel zur Umsetzung zugewiesen werden und zudem ein zentraler Punkt völlig ausgeklammert wird: Der Verlust fruchtbarer Böden durch Baumaßnahmen. Ist es ein reiner Zufall, dass ausgerechnet die Gebiete besonders von Verwüstung betroffen sind, wo der sogenannte "Qualitätstourismus" und die Intensivlandwirtschaft besonders stark anzutreffen sind, wie auf den Kanaren und in Murcia?
Die Ecologistas en Acción schreiben in einer Presseerklärung: "Der Plan führt nicht die Gründe der Desertifikation an, die mit dem Verlust fruchtbarer Flächen durch die Urbanisierung, und dem Bau von Transportinfrastruktur im Besonderen, in Zusammenhang stehen und zentriert die geplanten Maßnahmen zur Bekämpfung der Erosion vor allem auf drei Bereiche: Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Wasserwirtschaft.
Der irreversible Verlust von fruchtbaren Böden durch die Bautätigkeit sei aber noch gravierender, als der Wahnsinn, mit EU-Subventionen auf inadäquaten Flächen Oliven oder Mandeln anzubauen, sowie in einem Meer aus Treibhäusern nahe der Küste mit viel Wasser Gemüse anzubauen. Das führe, wie die OECD auch kritisierte, zu starker "Erosion und großen Erdbewegungen, die denen von Steinbrüchen ähnlich sind". Das bleibe unerwähnt. Das Umweltministerium sorge sich besonders um Zonen "mit niedriger Qualität", aber die "wirklich fruchtbaren Böden verschwinden immer schneller und unwiederbringlich", weil sie mit Autobahnen und Feriensiedlungen zubetoniert würden.