"Akt der Notwehr"
CSU will EU-Wasserprivatisierungrichtlinie angeblich nicht umsetzen
Während der sozialdemokratische Münchner Oberbürgermeister Christian Ude nachdrücklich vor der am Donnerstag im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz beschlossenen EU-Wasserprivatisierungsrichtlinie warnt, ist die "große Mehrheit der SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament" nach [http://www.markus-ferber.de/verschiedenes/presse-aktuell-single-view/?tx_ttnews[tt_news]=1708&cHash=73c7ea41808a2f973a052d0484e55c12 Angaben] der CSU-Europaabgeordneten Anja Weisgerber und Markus Ferber dafür. Auch viele sozialdemokratische, konservative und grüne Abgeordnete aus anderen Ländern befürworten die Richtlinie, weshalb Beobachter davon ausgehen, dass sie im Mai eine Mehrheit im Plenum erreicht. Die CSU-Abgeordneten stellten dagegen im Ausschuss einen Änderungsantrag zur Ablehnung der etwas irreführend "Konzessionsrichtlinie" benannten Vorschrift, weil sie ihrer Ansicht nach "nur zusätzliche Bürokratie" bringt und "zur Stärkung des Binnenmarktes nicht erforderlich" ist.
In der bayerischen Heimat der Christsozialen plant man angeblich schon weiter: In einem "unter Federführung" von Generalsekretär Alexander Dobrindt entstandenen internen Papier für die nächste Vorstandssitzung Anfang Februar soll dem Spiegel zufolge ein bemerkenswert selbstbewusster Satz stehen: "Wenn die EU-Kommission die Zwangsprivatisierung der Wasserversorgung anordnen sollte, dann wird das in Bayern nicht umgesetzt". Dieser Ungehorsam wäre dem Papier zufolge "nichts anderes als ein Akt der Notwehr", weil die Privatisierungspläne der Kommission "nur einen Gewinner" hervorbrächten, "nämlich internationale Großkonzerne". Außerdem seien sie "schon wegen der hohen Ansprüche an die Sicherheit und Qualität der Trinkwasserversorgung, die zum Schutz der gesundheitlichen Unbedenklichkeit zu stellen sind, bedenklich".
Führt man sich vor Augen, dass die CSU bis September einem Wahlkampf bestehen muss, der auf Landesebene von Christian Ude angeführt wird, dann wirkt der Plan durchaus schlüssig: Kommt die Privatisierung der Wasserversorgung durch die Hintertür, dann hätte Ude ein gutes Wahlkampfthema. Stellt sich die CSU dem aber entgegen, dann kann sie mit bayerischer Eigenständigkeit, Kritik an der Brüsseler Bürokratie und dem Privatisierungseifer der sozialdemokratischen Europaabgeordneten Stimmung machen. Darüber hinaus gibt es bei den Christsozialen durchaus Basisstimmen, die der Privatisierung von Leistungen der Daseinsfürsorge kritisch gegenüberstehen. Ihre Stimmen wurden während der Führung der Partei durch Edmund Stoiber in den Hindergrund gedrängt, finden aber wieder mehr Gehör, seit immer mehr negative Auswirkungen eines unbesonnenen Privatisierungsüberschwangs sichtbar werden.