Alles so schön nachhaltig hier

Über Methan, Kröten-Ping-Pong und ein kleines Feuerwerk. Ein etwas bissiger Kommentar

Flüssiges Erdgas, das sogenannte LNG (Liquefied Natural Gas), ist für Freunde der fossilen Energieversorgung der letzte Schrei. Aber natürlich nur als Brückentechnologie und ganz nachhaltig. Demnächst soll es dafür auch noch ein grünes Nachhaltigkeits-Etikett der EU-Kommission.

Bestellt wurde es dem Vernehmen nach von der alten Bundesregierung, aber die neue hat Anfang des Jahres bereits wissen lassen, dass sie mit dem entsprechenden Entwurf aus Brüssel an dieser Stelle ganz zufrieden ist.

Die Sache mit der Atomkraft sieht man in Berlin hingegen etwas anders. Besonders die Grünen machen die Backen dicke, aber das ist vielleicht auch nur ein Teil des diplomatischen Spiels. Am Ende wird es vermutlich heißen: Wir schlucken Eure AKW- und ihr unsere Nordstream-2-Kröte.

Und alle werden zufrieden sein, außer natürlich das Klima, die Klima- und Umweltschutzbewegung, die junge Generation, die die Klimakrise auszubaden haben wird sowie die nächsten Vier- bis Zehntausende Generationen, die – ganz nachhaltig – auf den hochradioaktiven Müll wird aufpassen müssen.

Aber Schuld daran sind natürlich die jeweils anderen. Paris, Prag, Warschau, Brüssel, aber auf keinen Fall die deutsche Regierung. (Je nach nationaler Perspektive sind Adjektiv und Hauptstädte auszutauschen.) Das ist ja das Schöne an der EU, alles ist ziemlich opak, sodass wenige richtig verstehen, wer im Einzelnen die Verantwortung trägt.

Jedenfalls will Deutschland nicht nur die zweite Ostseepipeline in Betrieb nehmen, sondern auch einige LNG-Terminals bauen. Letzteres unter anderem, um die europäischen und vor allem die Verbündeten jenseits des Atlantiks ein wenig zu beruhigen. Vordergründig geht es um die Versorgungssicherheit, aber das Interesse der US-amerikanischen Förderer spielt sicher ebenfalls eine Rolle.

Die wollen ihr per Fracking gewonnenes Gas nämlich gerne auch in Europa absetzen. Anwohner der Förderanlagen wird das nicht besonders begeistern, denn die Fördermethode ist in den USA wegen hoher Umweltbelastung und Trinkwasserverunreinigung äußerst umstritten.

Außerdem entweicht beim Fracking eine erhebliche Menge an Methan, was ein sehr effektives Treibhausgas ist. Dessen Gehalt in der Atmosphäre steigt seit Mitte der Nuller Jahre wieder an, ziemlich exakt seit dem Beginn des großen Frackingbooms in den USA.

Aber das sind alles Dinge, die natürlich später einmal keiner wird wissen gehabt haben können. So wie in Schleswig-Holstein, wenn man dem dortigen liberalen Wirtschaftsminister folgen will, nur Schlaumeier im Dezember wissen konnten, dass die laxen Corona-Maßnahmen, das Gewühle im Weihnachts-Shopping und die offenen Clubs im Land zwischen den Meeren dort zur Explosion der Corona-Zahlen führen wird.

Die Jamaika-Koalition, der besagter Minister angehört – zur Erinnerung: Die Fahne jener Karibik-Insel hat auch einen grünen Farbanteil –, plant nun schon seit Längerem so ein Flüssiggas für den Klimakiller made in USA zu bauen.

Und wo macht man das am besten? Richtig. Dort, wo schon so manches anderes Bedenkliches rumsteht, in Brunsbüttel an der Elbe, am Ausgang des Nord-Ostsee-Kanals. Dort soll das Terminal in guter Nachbarschaft entstehen.

Da gibt es zum Beispiel bereits eine Sondermüllverbrennungsanlage. Dann wäre da noch ein stillgelegtes, noch nicht demontiertes AKW mit all seinen verstrahlten Innereien, sowie einem angeschlossenen Zwischenlager für hoch radioaktive und ein weiteres Lager für mittel- und schwach radioaktive Abfälle. Wir erinnern uns an die schönen Bilder, die zeigten, wie sorgsam dort der Strahlenmüll aufbewahrt wird.

Abgerundet wird die illustre Nachbarschaft des geplanten LNG-Terminals mit einem "Chemie-Park", das heißt mit einer Ansammlung von Betrieben der chemischen Industrie, in denen unter anderem Chlor und Düngemittel hergestellt werden.

Da passt doch so eine Flüssiggasanlage ganz gut rein. Was für ein schönes Feuerwerk es geben könnte, wenn da mal was hochginge.

Alles sehr nachhaltig, nicht wahr?