Antarktis: Spektakulärer Eisberg

Das Bild der Esa zeigt den Eisberg und – zum Vergleich – die Umrisse Mallorcas. Bild: Esa

Auf dem Eiskontinent ist ein Tafeleisberg größer als Mallorca abgebrochen

In der Antarktis ist in den letzten Tagen ein riesiger Eisberg von der Schelfeiskante abgebrochen, wie die Europäischen Weltraumagentur Esa meldet. Die A-76 genannte Eismasse ist 4.320 Quadratkilometer groß und damit fast 700 Quadratkilometer größer als die Mittelmeerinsel Mallorca. Nun driftet sie langsam in den Südatlantik hinaus.

Satellitenbilder zeigen, wie sich Mitte Mai der etwa 170 Kilometer lange und 25 Kilometer breite Koloss östlich der antarktischen Halbinsel langsam vom Ronne-Eisschelf gelöst und einige Kilometer nach Norden aufs Meer hinausbewegt hat.

Keine der diversen Forschungsstation auf dem weißen Kontinent wurden gefährdet. Am nächsten liegt auf der anderen Seite des Eisschelfs die argentinische Station Belgrano. Die deutsche Antarktisstation, benannt nach dem Geophysiker und Antarktisforscher Georg von Neumayer, liegt weiter im Osten. Hier eine Karte der Antarktis mit den zahlreichen Stationen.

Die Bilder des Abbruchs sind von der Copernicus-Sentinel-1-Mission der Esa aufgenommen, für die zwei Satelliten die Erde in 673 Kilometern Höhe auf einer über die Pole führenden Umlaufbahn umkreisen.

Die Eisschelfs der Antarktis – von denen das Ronne-Feld neben dem Ross-Eisschelf eines der größten ist – bestehen aus hunderte Meter dickem Eis, das von den auf dem Kontinent liegenden Gletschern aufs Meer hinausgeschoben werden.

Das Eis bildet sich also durch Schneefall an Land und ist nicht mit dem im Jahresverlauf wachsenden und schrumpfenden Meereis zu verwechseln. Letzteres ist nur wenige Meter dick.

Da das Eis bereits auf dem Meer schwimmt, verändert ein abbrechender Eisberg zunächst nichts am Meeresspiegel. Wenn das Eis allerdings in seinem Bereich an Inseln oder unterseeischen Bergen verhakt war, würde nun das Eis von Land schneller nachfließen können.

Sechs Meter Anstieg

Das scheint hier jedoch nicht der Fall zu sein, wurde aber schon bei anderen Abbrüchen in den letzten beiden Jahrzehnten beobachtet. Zum Beispiel an den wesentlich kleineren Schelfeisfeldern nördlich der jetzigen Abbruchstelle.

Die großen Eismassen auf dem antarktischen Festland bestehen aus zwei weitgehend voneinander unabhängigen Eisschilden im Westen und Osten. Letzterer ist der Größere. Der westantarktische Eisschild gilt als weniger stabil, da er zum größeren Teil auf Meeresboden aufliegt.

Im vergangenen Jahr hatten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Potsdam Institut für Klimafolgenforschung im Fachblatt Nature Berechnungen veröffentlicht, die die Auswirkungen der globalen Erwärmung auf das Eis beziffern.

Schon eine globale Erwärmung um zwei Grad gegenüber dem vorindustriellen oder etwa 0,7 bis 0,8 gegenüber dem aktuellen Niveau würde demnach langfristig – im Verlauf vieler Jahrhunderte – zum vollständigen Verlust des westantarktischen Eises führen. Das allein würde den mittleren globalen Meeresspiegel um sechs Meter steigen lassen.

"Titanic"-Gletscher

Auch im hohen Norden, auf Grönland, beobachten Satelliten in den letzten Tagen hohen Eisverlust, wie ein kleines Video vom Jakobshavn-Gletscher im Nordwesten der Insel zeigt. Zehn Prozent aller Eisberge Grönlands brechen an ihm ab, und auch jener, der einst der "Titanic" zum Verhängnis wurde, hatte dort seinen Ursprung.

Zwischen 1997 und 2003 hatte sich seine Fließgeschwindigkeit und damit der Eisverlust an der Abbruchkante verdoppelt und lange galt er seitdem als eines der Sorgenkinder der Arktis. Zwischen 2018 und 2020 war er jedoch wieder dicker geworden. Der Eisverlust aus seinem Becken hatte sich verlangsamt, wie es bei der Esa heißt.