Arktis: Das Eis schwindet

Eisbären erreichen wegen der Eisschmelze ihre Beutegebiete nicht mehr und verhungern. Bild: Andreas Weith, CC BY-SA 4.0

Schon Anfang Juni offenes Wasser nur wenige 100 Kilometer vom Nordpol

Hoch in der Arktis nimmt derzeit – wie jedes Jahr – das Meereis im raschen Tempo ab. Wie in den letzten Jahren inzwischen normal liegt seine Ausdehnung deutlich unter dem was noch in den 1980er- und 1990er-Jahren für diese Zeit üblich war. Auf der Internetseite des US-Zentrums für Schnee- und Eisdaten (National Snow and Ice Data Center) lässt sich das täglich verfolgen.

Eine Karte der Meereisverteilung aus dem Archiv der Gruppe für Fernerkundung der polaren Regionen an der Uni Bremen, vermittelt einen Eindruck von der momentanen Situation. Die Darstellung (siehe Grafik) beruht auf Satellitendaten, die täglich analysiert und aufbereitet werden.

Anfang Juni haben sich inzwischen bereits riesige freie Flächen vor den Küsten Sibiriens gebildet, auch das für die letzten beiden Jahrzehnte und für diese Jahreszeit nichts Ungewöhnliches mehr. Auffällig ist allerdings zum einen die starke Zersplitterung der Eisfläche östlich und nordöstlich von Spitzbergen.

Meereiskonzentration auf der Nordhalbinsel am 1. Juni. (Bild: Uni Bremen)

Kleinere Flächen offenen Wassers sind bereits bis 85 Grad Nord zu sehen, was zu Beginn des Sommers bisher selten war. Immerhin hat das diesjährige Tauen gerade erst so richtig Fahrt aufgenommen und das Eis wird noch dreieinhalb weitere Monate bis Mitte September schrumpfen.

Zum anderen ist die Westküste der Jamal-Halbinsel in Nordwestsibirien in diesem Jahr besonders früh eisfrei. Die Region ist für die hiesige Erdgasversorgung von besonderer Bedeutung, da dort das meiste aus Russland importierte Gas gefördert wird.

Bisher ist dort der Boden dauerhaft gefroren. Alle Infrastruktur, Straßen, Förderanlagen, Pipelines und so weiter, ruht auf diesem betonharten Permafrost. Nur die obersten Schichten tauen im Sommer auf.
Doch das wird sich ändern, je mehr sich die Arktis erwärmt.

Gasversorgung unsicher

Tatsächlich häufen sich aus verschiedenen Teilen Eurasiens und Nordamerika die Berichte, dass sich die Permafrost-Grenze nach Norden zurückzieht. Häuser stürzen ein, Straßen werden unpassierbar, Brückenlager sacken weg. Und Bäume verlieren ihren Halt. Drunken forests wird das Phänomen auch genannt, betrunkene Wälder.

Dieses Schicksal droht in nicht allzu ferner Zukunft auch die Gasförderanlagen und Pipelines auf der Jamal-Halbinsel erreichen. Wenn Russland bis dahin nicht seine starke Abhängigkeit von Gas- und Ölexporten überwunden hat, wird es ein erhebliches Wirtschaftsproblem bekommen. Ebenso wird die Energieversorgung hierzulande unter Druck geraten, sollte sie immer noch von den Gasimporten abhängig sein.

Schlimmer noch ist allerdings, dass es sich bei einigen der Veränderungen in der Arktis um selbstverstärkende Prozesse handelt. Je früher und weiter sich das Meereis im Sommer zurückzieht, desto weniger Sonnenlicht wird in den Weltraum reflektiert und desto stärker kann sich das Wasser erwärmen.

Und: Je mehr Permafrost-Boden auftaut und sich in einen sumpfigen Morast verwandelt, desto mehr Treibhausgase werden entweichen, die bei der nun einsetzende Verwesung der großen Mengen einst gefrorenen organischen Materials entstehen.