Auch das Sozialgeld wird in Spanien gekürzt
Mit der Krise erst eingeführt, wird schon die Schere an der sechsmonatigen Unterstützung angesetzt
Es war abzusehen, dass die spanische Regierung trotz des Sparkurses das Sozialgeld erneut verlängern muss, weil die Arbeitslosenquote weiter über 20% liegt. 426 Euro für sechs Monate können die Menschen in Spanien seit dem vergangenen Sommer beantragen, wenn ihr Arbeitslosengeld ausgelaufen ist, weil es in den meisten Regionen eine Sozialhilfe oder etwas Vergleichbares nicht gibt. Doch die Willkür, wer das Geld erhält, hatte schon bei der chaotischen Einführung zu viel Unmut für eine eigentlich sinnvolle Maßnahme gesorgt. Und der Unmut steigt an.
So dürfte die erneute sechsmonatige Verlängerung der Notmaßnahme für die Sozialdemokraten (PSOE) ein Rohrkrepierer werden. Denn völlig überraschend wurde nun bei den Bedürftigsten drastisch die Schere angesetzt. Erneut wurde eine Empfängergruppe willkürlich ausgegrenzt, um etwa 100 Millionen Euro einzusparen. Für die Altergruppe der 30jährigen bis 45jährigen gibt es von nun an nicht einmal mehr diese unzureichende Stütze, wenn sie keine Familie zu versorgen haben.
Das an sich wäre eigentlich ein Witz, wenn es nicht so traurig wäre. Denn von 426 Euro kann ohnehin keine Familie versorgt werden. Meist reicht das Geld nicht einmal, um die Miete oder die Hypothek zu bezahlen, um angesichts der Langzeitarbeitslosigkeit nicht auch noch aus der Wohnung zu fliegen. Interessant ist auch die Zahl, dass nur knapp ein Drittel der 615.000 Personen, die das Geld bisher bezogen haben, in der Unterstützungszeit einen Job gefunden haben. Das bedeutet, dass sich gut 425.000 zu den zahllosen Menschen gesellt haben, die offiziell kein Einkommen mehr haben. Das waren schon im vergangenen Sommer etwa 1,2 Millionen Menschen.
Die Regierung behauptet, mit der Kürzung einen Beschluss umzusetzen, der kürzlich im Parlament getroffen worden sei. Doch der besagt, wie die regierungsnahe Tageszeitung El País der PSOE vorhält dass "Langzeitarbeitslose und die speziell beachtet werden sollen, die über 45 oder unter 30 Jahre alt sind". Eine Partei, die sich sozialistisch nennt, macht daraus, dass nun die ausgegrenzt werden, die nicht "speziell beachtet" werden sollen. Die Gewerkschaften sind wieder einmal entsetzt über eine Regierung, der sie ebenfalls nahe stehen.
Die Arbeiterunion (UGT), die eigentlich zur PSOE gehört, hatte angesichts der schweren Krise gefordert, die Beziehergruppe für das Sozialgeld auszuweiten. Auch für großen Arbeiterkommissionen (CCOO) ist diese Beschneidung ein Grund mehr, sich am 29. September am geplanten Generalstreik zu beteiligen. Die UGT glaubt, dass diese Kürzung nur der erste Schritt ist. Sie befürchtet, dass mit dem Haushalt 2011 das Arbeitslosengeld allgemein gekürzt werden soll, um das hohe Defizit in den Griff zu bekommen.
Weil die Madrider Finanzplanungen hinten und vorne nicht hinkommen, hat gerade der spanische Wettbewerbskommissar aus Brüssel seinen Genossen in Madrid erklärt, dass sie weitere Steuern anheben müssen. Joaquin Almunia sagte, dass "alle beitragen müssen", um den Haushalt zu sanieren. Ob er damit eine höhere Besteuerung der Kapitalerträge meint oder eine Reichensteuer, wie sie die Konservativen in Großbritannien eingeführt haben, ließ er aber offen. Anders als in vielen Ländern blieben die Besserverdienenden im Spanien bisher von höheren Abgaben verschont.