Australien in Flammen: Sündenböcke
Wer sich nicht mit Ursachen, Hilfe und Vorsorge beschäftigen will, braucht Hass und Verleumdungen
Der Südosten Australiens erwartet eine neue Hitzewelle, die die dort wütenden Brände begünstigen könnte. Zumal neben der Hitze auch starke Winde angekündigt sind. Die Regierung im Bundesstaat Victoria hat die Bevölkerung in den gefährdeten Zonen aufgefordert, die Gegend zu verlassen, berichtet die Zeitung Guardian.
Der fünfte Kontinent durchlebt zur Zeit den heißesten und trockensten Sommer seiner jüngeren Geschichte. Rund 100.000 Quadratkilometer Wald und Buschland sind bereits verbrannt, was mehr als einem Viertel der Fläche Deutschlands entspricht. Am stärksten betroffen sind die benachbarten Bundesstaaten New South Wales und Victoria, aber auch andere Landesteile leiden unter Wald- und Buschbränden – während der äußerste Norden des Landes gerade von einem tropischen Wirbelsturm heimgesucht wurde.
Unterdessen schwappen durch die sozialen Medien des fünften Kontinents, erzeugt durch rechte Kommentatoren und verstärkt durch diverse Bots, Wellen von Falschmeldungen und verleumderischen Unterstellungen, deren Ausläufer auch hierzulande inzwischen angekommen sind.
Die direkt vor Ort ihr Leben riskierenden Feuerwehrleute sind offensichtlich reichlich empört über die verbreiteten Geschichten. Die Platform news.com.au berichtet über einen Feuerwehrmann namens Drew, dessen Stellungnahme auf Facebook gerade die Runde mache.
Er müsse jetzt etwas sagen, da er die "falsche Wissenschaft und regelrechten Lügen nicht mehr ertragen kann, die in den sozialen Medien als Nachrichten und Fakten verbreitet werden."
"No, the Greens haven’t been stopping hazard reduction burns from taking place. We still do them and yes we should absolutely do more of them."
"Nein, die Grünen haben nicht das Abbrennen von Unterholz zur Verminderung der Waldbrandgefahr verhindert. Wir machen es noch immer und ja, wir sollten es mehr betreiben."
Das Argument, dass Umweltschützer schuld an den Waldbränden seien, ist bei Rechten und Extremrechten sehr beliebt. Schon US-Präsident Georg W. Bush jun. ging damit hausieren und auch während der letzten, besonders verheerenden Waldbrandsaison in Kalifornien kam es wieder auf. Aktuell hetzt damit auch Brasiliens rechtsextremer Präsident Jaire Bolsonaro, während gleichzeitig Umweltschützer verfolgt und Indigene, die ihren Wald schützen wollen, ermordet werden.
Die, die es wissen müssen, widersprechen eindeutig. Shane Fitzsimmons, Rural Fire Service Commissioner von New South Wales, sozusagen der oberste Feuerwehrmann für den ländlichen Raum in dem am schwersten betroffenen Bundesstaat, stellte gestern in einem Interview klar, dass Umweltbeschränkungen nicht das Problem seien.
Auf die müsse geachtet werden, aber es läge vor allem an den ungünstigen Wetterbedingungen, wenn das Legen von kontrollierten Bränden nicht möglich sei. Aufgrund des Klimawandels würde die Feuersaison immer länger, was die Zeit, in der das Unterholz reduziert werden könne, verringere. Die sei zudem durch Zeiten zu großer Feuchtigkeit begrenzt.
Im übrigen seien diese Maßnahmen nicht beliebt, aber müssten durchgeführt werden. Noch vor einigen wenigen Monaten seien die Feuerwehrleute der große Feind gewesen, weil sie durch diese Brände Siedlungen in Rauchwolken gehüllt hätten.
Schon am 25. November hatte Greg McConnville, Vorsitzender der Australischen Feuerwehrgewerkschaft, auf einer Kundgebung in der Bundeshauptstadt Canberra erklärt, dass es am Ende eines Feuerwehrschlauches niemanden gebe, der Zweifel am Klimawandel habe.
Die Natur der Wald- und Buschbrände habe sich verändert. Sie seien heute gefährlicher und das Risiko für Mensch und Infrastruktur sei größer. Das hieße auch, dass mehr für die Feuerwehren getan werden müsse. Sie müssten besser ausgerüstet und verstärkt werden.
Er erinnerte auch daran, dass die alten Herren des Landes, die Aborigines, erprobte Wege kannten, die Gefahren begrenzt zu halten, indem sie zur rechten Zeit kontrollierte Brände legten. Das habe sich durch die Geschichte der Kolonisierung und die Siedlungspolitik grundlegend geändert.