Biokraftstoffe bekommen EU-Nachhaltigkeitskatalog
Die EU will Biokraftstoffe fördern, die nachhaltig sind und hat nun Kriterien dafür aufgestellt. Ein einheitliches EU-Siegel wird es allerdings nicht geben und verboten wird klimaschädlicher Biosprit auch nicht.
Biosprit soll wieder nachhaltig werden: An einem Siegel soll der Autofahrer künftig erkennen, ob er auch wirklich etwas für die Umwelt tut. Die EU hat letzte Woche erstmalig Regeln aufgestellt, die festschreiben sollen, wann Biosprit politisch korrekt ist. In Deutschland gibt es die Nachhaltigkeitsverordnung schon seit letzten Sommer. EU-Energiekommissar Günther Oettinger hat vergangene Woche in Brüssel nun die europäischen Auflagen für Nachhaltigkeitszertifikate bekannt gegeben: Demnach muss eine Treibhausgaseinsparung von mindestens 35 Prozent gegenüber fossilen Kraftstoffen erreicht werden. Bis 2018 steigt dieser Anteil auf 60 Prozent. Als nicht nachhaltig gelten zudem Biokraftstoffe, für die kostbarer Wald oder Grünlandflächen in Plantagen umgewandelt wurden.
Dies trifft beispielsweise für das viel diskutierte Palmöl aus Indonesien zu. Zur Gewinnung des Treibstoffes wurde in dem Land Regenwald gerodet, um Palmenplantagen zu errichten. Unabhängige Gutachter sollen nach Inkrafttreten der Verordnung im Dezember - laut Oettinger - nun von der "Scholle bis zur Zapfsäule" den gesamten Herstellungsprozess überprüfen. Nur: Eine solche Überprüfung ist freiwillig und muss von den Unternehmen auch selbst bezahlt werden. Deshalb wird es auch weiterhin Biokraftstoffe geben, für die Regenwald oder Böden mit reichhaltigen CO2-Speichern und Biodiversität gerodet wurden. Zudem wird es kein europäisches Siegel geben, die Umsetzung der Richtlinie wird den Mitgliedsstaaten überlassen.
Allerdings darf unzertifizierter Biokraftstoff nicht an das 2020-Ziel angerechnet werden: Bis dahin hat sich die EU im Rahmen der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie vorgenommen, einen Biospritanteil von zehn Prozent zu erreichen. Derzeit stammen nur etwas über drei Prozent des europäischen Kraftstoffes aus pflanzlichen Rohstoffen, in Deutschland sind es schon sechs Prozent. Der deutschen Biokraftstoffverband VDB weist zudem darauf hin, dass es ohne ein Nachhaltigkeitssiegel auch keine Steuererleichterung geben wird - zumindest nicht in Deutschland. Das ist in der deutschen Nachhaltigkeitsverordnung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes festgeschrieben, das diesen Januar in Kraft trat: Nur wenn Biomasse bestimmten Umweltstandards gerecht wird, kann sie nach dem EEG vergütet werden.
Der Flächenbedarf für Biokraftstoffe ist immens groß: Allein für das 10-Prozent-Ziel der EU werden laut Schätzungen der EU-Kommission zwei bis fünf Millionen Hektar Land benötigt. Derzeit wird gut ein Viertel der Biokraftstoffe nach Europa importiert. Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace kritisieren, dass sich durch die neue Richtlinie im Grundsatz nicht ändere. Auch weiterhin würde Wald gerodet und bedrohte Tierarten durch die Plantagen verdrängt, erklärte Corinna Hölzel von Greenpeace. In der Verordnung würden zudem auch strenge Regelungen zum Schutz von Böden, Wasser und Luft fehlen. Bei den Plantagen handelt es sich oftmals um Intensivlandwirtschaft mit hohem Pestizideinsatz. Auch Grünenabgeordnete Rebecca Harms findet die Nachhaltigkeitsrichtlinie "alles andere als nachhaltig".