Bürgermeister fordern EU-Gelder für Flüchtlinge

Erstaunt bei einem Treffen in Brüssel waren einige, wie sich Spanien aus der Affäre zieht

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Aus neun europäischen Städten waren Bürgermeisterinnen und Bürgermeister am Dienstag in Brüssel mit dem EU-Kommissar für Migration, Dimitris Avramopoulos, und der EU-Kommissarin für Regionalpolitik, Corina Cretu, zusammengekommen. Debattiert wurden dabei Vorschläge, wie die Integration von Migranten und Flüchtlingen auf kommunaler Ebene gefördert werden kann. Stadtoberhäupter oder ihre Vertreter waren aus Paris, Rom, Barcelona, Athen, Amsterdam, Helsinki, Malmö oder Gent nach Brüssel gekommen. Für Deutschland nahm der Leipziger Bürgermeister Thomas Fabian teil. Aus Berlin reiste mit Hella Dunger-Löper zudem die Bevollmächtigte des Landes beim Bund an.

Ihre gemeinsame Forderung war, EU-Gelder nun direkt an die Kommunen fließen zu lassen, da sie letztlich für die Integration von Migranten und Flüchtlingen verantwortlich sind. Konkrete Verpflichtungen habe man von der Kommission noch nicht erhalten, erklärte die Bürgermeisterin von Barcelona Ada Colau. Es sei erst das erste Treffen gewesen, fügte die ehemalige Aktivistin gegen Zwangsräumungen in Spanien an, die im vergangenen Jahr gewählt worden war. "Wir werden das Thema weiter verfolgen und wir vertrauen darauf, dass wir das bald konkretisieren können."

Der Austausch hätte kaum deutlich machen können, wie unterschiedlich die Situation in den Städten ist. Während viele mit einer großen Zahl von Flüchtlingen umgehen müssen, klagte die Katalanin Colau über eine Blockade der spanischen Zentralregierung, bei der Entlastung Griechenlands. Städte wie Barcelona, Madrid und andere sind seit langem bereit zur Aufnahme von Flüchtlingen und haben die nötige Infrastruktur schon geschaffen. Allein Katalonien wäre bereit zur sofortigen Aufnahme von 4.000 Menschen. Und Colau hatte mit ihrem Athener Kollegen Giorgos Kaminis schon vereinbart, 100 Flüchtlinge von dort zu übernehmen.

Doch die geschäftsführende konservative Zentralregierung unter Mariano Rajoy lehnte alle Vorstöße ab. Spanien habe sich vor sechs Monaten im Rahmen der Umverteilung verpflichtet, 17.000 Flüchtlinge zu übernehmen, sagte Colau, "doch davon sind nur 19 angekommen". Die Regierung lasse es nicht zu, dass Flüchtlingen geholfen wird. "Die Bevölkerung will an einer Lösung mitwirken", verwies sie auf das Netzwerk der Asylstädte, das sich gebildet hat.

Colau ist empört, wie unsolidarisch sich Spanien ist, dessen Flüchtlingspolitik seit langem als heuchlerisch bezeichnet wird, weil die Regierung am Abkommen mit Griechenland genau das kritisierte, was sie im Land vorangetrieben hatte. Letztlich hat Rajoy das angedrohte Veto nicht eingelegt. Auch er stimmte zu, denn es liegt genau auf der Linie der Konservativen. "Die Zentralregierung verhält sich unmoralisch", wirft Colau ihr vor. "Mir fehlen die Worte", sagte sie. Man biete dem Staat Hilfe an, damit er seine internationalen Verpflichtungen erfüllen kann, "und stets erhält man als Antwort nur ein Nein".

Ähnliche Erfahrungen machte auch die Regionalkommissarin Cretu. Sie habe keine Antwort auf ihren Brief aus Madrid erhalten, ob Spanien Gelder für Flüchtlinge wolle. "Das wissen wir noch nicht", sagte Cretu. Ihr Kollege Avramopoulos appellierte dagegen an "alle Länder", um Spanien nicht direkt anzusprechen. Sie sollten "auf die Regionen hören". Er fordert eine "Dialog", um "konkrete Lösungen" zu finden. Der direkte Ansprechpartner für die Kommission sei aber der jeweilige Mitgliedsstaat, machte er klar, dass die Regierung nicht übergangen werden könne, weshalb die spanische Zentralregierung weiter blockieren kann.