CO2- statt Mehrwertsteuer
Wie eine hohe und damit hoffentlich wirksame Klimasteuer mit einer Absenkung der Mehrwertsteuer kompensiert werden und darüber ärmere Bevölkerungsteile sogar entlasten könnte. Ein Kommentar
Die eigentlich schon recht betagte Diskussion über eine CO2-Steuer ist wieder aufgeflammt, sicherlich vor allem eine Folge der anhaltenden Schulstreiks. Die Schüler fordern 180 Euro pro Tonne emittiertem Treibhausgas und können sich dabei auf das Umweltbundesamt berufen. Dieses hat diesen Betrag im Jnauar als die vermutlichen Folgekosten der CO2-Emissionen bezeichnet.
Selbst die FDP denkt inzwischen über eine CO2-Steuer nach, aber natürlich haben die Liberalen – ganz anders als die Schüler – nicht vor, die unteren Einkommensgruppen im Ausgleich an anderer Stelle zu entlasten.
Die FridaysForFuture-Bewegung verlangt in ihrem Forderungskatalog hingegen für die Umsetzung, dass diese "sozial verträglich gestaltet werden (muss) und (...) keinesfalls einseitig zu Lasten von Menschen mit geringem Einkommen gehen (darf). Diesbezüglich müssen die Regierungen entsprechende Konzepte vorlegen." Das ist löblich, aber ziemlich unspezifisch und könnte künftig leicht vom Tisch gewischt werden, wenn diesem Aspekt nicht mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Wie könnte eine Entlastung aussehen?
Möglich wäre, mit den zusätzlichen Einnahmen aus CO2- und Kerosinsteuer und der Einführung einer Mehrwertsteuer auf Auslandsflüge die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel zu finanzieren. Außerdem könnte die Mehrwertsteuer auf Strom von 19 auf den ermäßigten Satz von sieben Prozent abgesenkt und die ersten 600 Kilowattstunden pro Person und Jahr ganz steuerfrei sein. Beides würde die untersten Einkommen spürbar entlasten.
Und rechnet sich das? Die Besteuerung von 800 Millionen Tonnen CO2 – Deutschlands derzeitige Emissionen – würde zunächst 144 Milliarden Euro Einnahmen pro Jahr generieren. Allerdings wird diese Summe jährlich um etwas weniger als sechs Prozent abnehmen, wenn sie ihr Ziel, nämlich die schnelle und weitgehende Reduktion der Emissionen, erreichen sollte.
Um den Wegfall der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel und die Entlastung beim Strom zu kompensieren, reichen allerdings schon deutlich weniger zusätzliche Einnahmen. Nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung fielen 2017 226,3 Milliarden Euro Mehrwertsteuer an. Davon wurden zum ermäßigten Steuersatz auf Lebensmittel inklusive Trinkwasser 12,3 Milliarden Euro eingenommen.
Die Stromentlastung für Haushalte wie oben beschrieben würde weitere knappe 20 Milliarden Euro kosten, und die Abschaffung der Mehrwertsteuer im Nah- und Fernverkehr der Bahn noch einmal ein bis zwei Milliarden Euro.
Es wäre also für rund zehn Jahre ein erheblicher Überschuss aus der CO2-Steuer vorhanden, mit der zum Beispiel in den Kommunen der Öffentliche Nahverkehr ausgebaut und verbilligt werden könnte. Weitere Einnahmen kämen aus der stärkeren Belastung des Flugverkehrs, und es wäre sograrnoch Spielraum, die Stromsteuer in Höhe von rund zwei Cent pro Kilowattstunde abzuschaffen.
Da die untersten Einkommensgruppen einen besonders hohen Anteil ihrer Bezüge für Lebensmittel und Transport ausgeben müssen, wäre also eine entsprechend kompensierte CO2-Steuer nicht nur ein – vermutlich ziemlich kräftiger – Anreiz, die Emissionen zu reduzieren, sondern könnte auch spürbar zur dringend erforderlichen Umverteilung beitragen.