Corona-Krise: Mehr Platz fürs Fahrrad

Mailand. Foto: Mick De Paola/unsplash

Mailand schafft mehr Raum für Fahrradfahrer und Fußgänger. Auch in anderen Städten wird der Rückgang des Auto- und der Anstieg des Zweiradverkehrs genutzt

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Mailand will nicht wieder zurück. Durch die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen und die zum Teil per Streik erzwungenen Schließungen von Betrieben ist es auf den Straßen der Stadt so schön ruhig und leer, die Luft so viel besser, dass mancher diesen Zustand gerne festhalten möchte.

Die norditalienische Metropole, die für gewöhnlich unter täglichen Staus und schlechter Luft leidet, plant Straßen in einer Gesamtlänge von 35 Kilometern zunächst provisorisch in Fahrrad- und Fußwege umzuwandeln. Das berichtet die britische Zeitung The Guardian.

"Wenn jeder Auto fährt, gibt es keinen Platz für die Menschen", meint der stellvertretende Bürgermeister Marco Granelli gegnüber der Zeitung. "Und es gibt keinen Platz für Aktivitäten der Geschäfte und Bars vor ihren Läden."

Natürlich wolle man die Wirtschaft wieder zum Laufen bringen, aber dies solle auf einer anderen Basis geschehen, so Granelli weiter. Die Stadt wolle vor allem Handwerker, Bars und Restaurants unterstützen. "Wenn dies alles vorüber ist, werden Städte, die diesen Teil der Wirtschaft am Leben haben halten können, einen Vorteil haben." Und Mailand will zu diesen Städten gehören.

Die Stadt im Osten der Po-Ebene gehört zur italienischen Region Lombardei, in der rund die Hälfte aller italienischen Corona-Toten zu beklagen sind. Ein Teil der Ursache könnte an der dort besonders hohen Luftverschmutzung liegen, die, wie mehrfach berichtet, auffällig mit der Zahl der Corona-Opfer korreliert.

Ein anderer Teil ist sicherlich auch in der sorglosen Politik der von der rechtsextremem Lega Nord gestellten Regionalregierung zu suchen. Diese sorgte dafür, wie der Spiegel schreibt, dass am Corona-Virus Erkrankte in Altersheimen untergebracht wurden und viele der dortigen Bewohner ansteckten.

Derweil schreibt der Guardian auch von Städten in Großbritannien, die Straßen einengen oder ganz für den Autoverkehr sperren. Dabei gehe es auch darum, mehr Platz für Fußgänger zu schaffen, damit diese den in Corona-Zeiten gebührenden Abstand halten können.

In Berlin, wo bereits einige erweiterte provisorische Radwege geschaffen wurden, hat sich ein Bündnis "Berliner Straßen für alle" mit einem offenen Brief an Senat und Bezirke gewendet, um weitere Maßnahmen zu fordern. Der Anteil des Fahrrads am Verkehr in der Hauptstadt würde weiter zunehmen und müsse geschützt werden.

"Um den Berlinerinnen und Berlinern zu ermöglichen, möglichst ansteckungsfrei ihre Wege zurückzulegen, benötigt Berlin für die Zeit der Corona-Krise ein dichtes Netz an provisorischer, geschützter Fahrradinfrastruktur auf den Fahrbahnen der Hauptstraßen. Diese ermöglicht noch mehr als bisher auch ungeübten Fahrradfahrer*innen den Umstieg, da sie Sicherheit und Sicherheitsgefühl bereitstellen."
Offener Brief des Berliner Bündnis' "Straßen für alle"


Gefordert werden unter anderem auch mehr Raum für Fußgänger, die provisorische Ausweisung von Tempo-30-Hauptstraßen und die Übernahme der Kosten durch den Senat. In Berlin sind in den letzten Jahren vermehrt Radfahrer im Straßenverkehr verunglückt. Bis zum 10. Februar waren es bereits fünf, wie der Tagesspiegel schreibt, fast so viel wie im ganzen Vorjahr.

Der Allgemeine Deutsche Automobilclub ADAC moniert unterdessen an den bereits getroffenen Maßnahmen, es würde eine Notsituation ausgenutzt, um "Partikularinteressen" durchzusetzen. Dazu wäre anzumerken, dass innerhalb des Berliner S-Bahnrings nur eine Minderheit der Haushalte über ein Auto verfügt.