Corona-Pandemie: Nützt die Krise wenigstens dem Klima?

Bild: Heorhii Heorhiichuk/Pexels

Die rekordverdächtige Wirtschaftskrise bedeutet weniger Treibhausgase. Der Effekt ist aber eher klein und droht, nur vorübergehend zu sein

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Man kann es auf den Straßen sehen und an den Daten der Energiewirtschaft: Die Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie und die einsetzende Rezession führen zu einem Rückgang des Verkehrs und des Energiebedarfs. Nicht nur in Deutschland, sondern in der großen Mehrheit der Länder.

Hierzulande war bereits 2019 die Industrieproduktion rückläufig und im ersten Quartal des Jahres schrumpfte die Wirtschaft um 2,2 Prozent. Und das, obwohl Großveranstaltungen erst Mitte März verboten und Schulen, Kitas und Unis geschlossen wurden. Im laufenden Quartal dürfte das Minus noch dicker ausfallen.

Der Internationale Währungsfonds erwartet, dass Deutschlands Wirtschaft 2020 um sieben Prozent schrumpfen wird. Das wäre unter den Industrieländern einer der tiefsten Einbrüche. Nur für einige andere EU-Mitgliedern erwartet der Fonds einen noch größeren Rückgang der Wirtschaftsleistung.

Das alles wird für die Mehrzahl der Menschen mit ziemlicher Sicherheit harte Konsequenzen haben und auch die internationalen Spannungen verschärfen. Aber hat die Krise wenigstens einen positiven Effekt, weil die Treibhausgasemissionen zurück gehen?

Da sollte man sich lieber keine großen Hoffnungen machen. Zum einen, weil die Emissionen ja nicht aufhören, sondern nur etwas zurückgehen. Zum anderen wird auch das voraussichtlich nur vorübergehend sein. Die Diskussion um Lufthansa-Rettung und Abwrackprämien zeigen bereits, dass die alten fossilen Industrien Schlange stehen, um sich kräftige Subventionen abzuholen.Und die Berliner Regierungskoalition scheint, wie viele andere Regierungen, nur allzu willig, dem Drängen nachzugeben.

Die Internationale Energieagentur (IEA) in Paris erwartet einen Rückgang der CO2-Emissionen um acht Prozent, verweist dabei aber auf die großen Unsicherheiten, mit denen die Prognose behaftet ist. Das wäre immerhin das Sechsfache des Emissionsrückgangs während der Finanzkrise 2008 und laut IEA der stärkste je beobachtete.

Allerdings werden die Auswirkungen überschaubar bleiben. Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre, die für den verstärkten Treibhauseffekt sorgt, wird weiter steigen. Nur in diesem Jahr etwas weniger stark. Wissenschaftler des Hadley Centers des britischen Wetterdienstes und ihr US-Kollege Ralph Keeling der die oft zitierten und seinerzeit bahnbrechenden Messungen auf dem Mauna Loa auf Hawaii betreut, schätzen, dass das CO2-Niveau in der Atmosphäre in diesem Jahr statt um 2,8 nur um 2,48 ppm (= 2,48 Moleküle CO2 pro einer Million anderer Luftmoleküle) steigen wird.

Rund die Hälfte des durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe, Zementproduktion und Änderung der Landnutzung freigesetzten CO2s wird gewöhnlich von den Meeren und der Biosphäre an Land aufgenommen. Allerdings schwankt dieser Anteil erheblich von Jahr zu Jahr. Es gibt Jahre, wie 2015 und 2016, in denen große Trockenheit in den Tropen in Verbindung mit erhöhten Temperaturen der Meeresoberfläche in großen Regionen dazu führten, dass die Senken schlechter arbeiteten und besonders viel CO2 in der Atmosphäre blieb.

Im Vergleich dazu ist der Effekt des vorübergehenden Rückgangs der CO2-Emissionnen eher klein. Es sei denn, die schwere Wirtschaftskrise würde dazu genutzt, die Wirtschaft tatsächlich umzubauen, um nicht nach der Coronakrise gleich noch die nächste große Krise, die Klimakrise, zu provozieren. Doch das wird wohl nur mit harten politischen Auseinandersetzungen und sicherlich nur dann zu erreichen sein, wenn zugleich auch der Versuch abgewendet wird, die Folgen der Pandemie auf den Schultern der unteren zwei Drittel der Gesellschaft abzuladen.