Deutsche Förderbank soll mit 800 Millionen Euro spanische Klein- und Mittelbetriebe retten
Bundestag musste trotz der damit verbundenen Risiken nicht zustimmen
Der spanische Wirtschaftsminister Luis de Guindos und der Industrieminister José Manuel Soria hatten sich am Donnerstag zum Blitzbesuch nach Berlin aufgemacht. Sie trafen am Nachmittag mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler zusammen, um eilig ein Kreditabkommen zu unterzeichnen. Denn nun soll alles schnell gehen. Nach der "Konferenz zur Förderung der Jugendbeschäftigung", zu der am Vortag auch der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy nach Berlin gereist war, sollen Nägel mit Köpfen gemacht werden. Am Rande der Konferenz war das Treffen der vier Minister vereinbart worden
Das Abkommen wurde am Abend untrzeichnet und sieht vor, dass die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Spanien ein Globaldarlehen über 800 Millionen Euro gewährt. Das Geld der staatlichen Förderbank, die mit Bundesgarantie versehen wird und damit entsprechende Risiken für die Steuerzahler birgt, fließt von der KfW an das spanische Schwesterinstitut ICO. Der Bundestag musste trotz der Risiken nicht zustimmen, weil man unter der Schwelle von einer Milliarde Euro blieb.
Mit den Millionen soll den Firmen unternehmerisches Handeln ermöglicht werden, damit auch junge Spanier wieder eine Arbeitsperspektive bekommen. Mit dem Darlehen sollen die kleinen und mittleren Unternehmen unterstützt werden, die "über ein solides Geschäftsmodell und gute Wachstumsperspektiven verfügen", erklärte Schäuble. Damit sollen "auch Arbeits- und Ausbildungsplätze für Jugendliche" geschaffen werden, schlug er den Bogen zur Berliner Konferenz und zur extremen Jugendarbeitslosigkeit. Während Spanien bei der die Arbeitslosigkeit mit knapp 27 Prozent wieder Spitzenreiter vor Griechenland ist, liegt, sind schon fast 57 Prozent aller jungen Menschen arbeitslos.
Spanien in der Kreditklemme
Die Förderbank ICO soll zusätzlich ebenfalls eine Milliarde Euro aufbringen, damit es sich nicht um den berühmten Tropfen auf dem heißen Stein handelt. Denn tatsächlich ist die Kreditklemme in Spanien extrem. Selbst erfolgreiche Betriebe kommen nicht an Geld, weshalb immer mehr Arbeitsplätze verloren gehen oder nicht geschaffen werden. Nach einer neuen Studie zahlen kleine und mittlere spanische Firmen einen 77 Prozent höheren Zins als deutsche, wenn sie überhaupt Kredite erhalten.
Oft gelingt dies aber nicht einmal erfolgreichen Unternehmen. Dafür ist die katalanischen Edse Inventiva ein gutes Beispiel. Sie hatte einen Preis der Stadt Kopenhagen für das beste Fahrrad gewonnen und 30 andere Bewerber ausgestochen. Obwohl Dänemark bei der Firma 11.000 Elektro-Fahrräder bestellte, war kein spanisches Geldinstitut bereit, ihr drei Millionen Euro zu leihen, um das Rad in Spanien bauen zu können. "Wir hätten Arbeitsplätze in Spanien geschaffen, für Steuereinnahmen und Sozialbeiträge gesorgt", bedauert der Mitinhaber Eduardo Santis.
Da die Dänen "seriöse Leute" seien, die eine Produktion in Europa und kein Billigprodukt "Made in China" wollten, musste die Technologie verkauft werden, um die Verträge einhalten zu können. Edse Inventiva hat weiter nur zehn Mitarbeiter und fragt sich, ob man Spanien nicht ebenso verlassen sollte, wie es viele junge Spanier tun müssen. Verkauft wurde an eine deutsche Firma, die jetzt die 11.000 Aluminiumräder für Kopenhagen herstellen wird. Santis vermutet, die Firma habe zugegriffen, "weil auch Schweden großes Interesse am Urbike gezeigt hat".
Doch ob Firmen wie Edse Inventiva an die KfW-Millionen kommen, ist fraglich. Denn die ICO vergibt eigenständig keine Kredite. Das Geld fließt wiederum nur über die Geschäftsbanken. Sie entscheiden, wer Kredite erhält. Aus Berlin kann kaum kontrolliert werden, wohin das Geld fließt und ob es der Einsatz den strengen Kriterien unterliegt, die die KfW in Deutschland anlegt, meinen Kritiker. Tatsächlich hatte man sich schon vor einem Jahr erhofft, als 41,5 Milliarden Euro aus dem europäischen Rettungsfonds zur Bankenrettung kamen, dass die Institute wieder Kredite an Firmen und Verbraucher vergeben, um die abstürzende Konjunktur zu stützen. Das ist nicht geschehen, aber derweil sind 2012 die Staatsverschuldung und das Haushaltsdefizit auf einen Rekordwert gestiegen.
Obwohl unklar ist, ob dieser neue Weg erfolgreich ist, wird schon an eine Ausweitung des Programms in Berlin gearbeitet. Auch Portugal und möglicherweise Griechenland oder Italien sollen an deutsche KfW-Kredite kommen. Voraussetzung sei, dass es eine vergleichbare staatliche Förderbank wie die ICO in Spanien gäbe. Mit Portugal werde schon über den Aufbau einer staatlichen Förderbank geredet, ließ das Finanzministerium wissen. Die Schuldenkrise wäre ohne eine Stabilisierung des Wachstums und der Arbeitsmärkte nicht vollständig, hatte Schäuble einst seinem portugiesischen Kollegen Vítor Gaspar versprochen, der nun am Montag zurückgetreten ist und eine schwere Regierungskrise ausgelöst hat.