Deutscher Kurs verärgert die EU
Die Vorschläge der Bundesregierung im Fall Griechenland nennt Barroso "absurd"
Die Haltung Berlins zu den Problemen Griechenlands stößt auf immer größere Ablehnung in Europa. Der Streit spitzt sich vor allem vor dem Treffen der 27 Staats- und Regierungschefs in der nächsten Woche in Brüssel zu. Berlin will verhindern, dass am 25. und 26. März konkrete Hilfsmaßnahmen beschlossen werden, wie sie sich schon in den letzten Wochen angedeutet haben. Unterstützung braucht Griechenland dringend, um eine bezahlbare Refinanzierung zu erhalten. Wie Frankreich sehen ohnehin immer mehr EU-Länder auch eine Schuld bei Deutschland an der griechischen Misere.
Nun machte José Manuel Barroso seinem Unmut gegenüber Merkel, wenn auch weitgehend diplomatisch bemäntelt, Luft. "Ein Land aus der Eurozone auszuschließen, ist nicht möglich", sagte Barroso und fügte an: "Es ist absurd." Der Präsident der EU-Kommission reagierte damit auf die Worte der Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Haushaltsdebatte. Merkel forderte, "dass wir für die Zukunft ein Vertragswerk bekommen, aufgrund dessen es als Ultima Ratio sogar möglich ist, ein Land aus dem Euro-Raum auszuschließen, wenn es die Bedingungen langfristig immer wieder nicht erfüllt.
Das war eine klare Spitze gegen Griechenland. Dabei bezog sich Merkel ausdrücklich auf die Vorschläge Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der einen Europäischen Währungsfonds (EWF) einrichten will. Doch anders als Schäuble schließt nun Merkel nicht mehr aus, das Problem Griechenland dem Internationalen Währungsfonds (IWF) abzuschieben, "was jetzt vielleicht der Ausweg sein müsste", sagte sie.
Doch eigentlich müsste allen klar sein, dass es sich um das Eingeständnis des Scheiterns des Euroraums mit unabsehbaren Folgen, auch für den Euro, wäre. Deshalb hatte Schäuble stets betont, Europa und die Euroländer könnten sich selbst helfen. Doch weil vor allem Deutschland extrem bremst, schließt auch die Regierung in Athen den Gang zum IWF nach Washington nicht mehr aus. Das beschlossene Sparprogramm qualifiziere Griechenland, Finanzhilfe vom IWF zu bekommen, meint Athen.
Regierungschef Giorgios Papandreou forderte diese Woche vor dem Europaparlament, es müsse nun konkret "irgendeine Art Instrument" auf den Tisch. Nur dann könnten die auf einen Zusammenbruch der griechischen Staatsfinanzen spekulierenden Marktteilnehmer in die Schranken gewiesen werden. Derzeit sind die Kosten, die Griechenland für Staatsanleihen bezahlen muss, extrem hoch. Deshalb fordert Papandreou eine konkrete Unterstützung der EU, um die griechischen Refinanzierungskosten an den Märkten zu senken. Wegen der hohen Zinsen stehe das Land lediglich "einen Schritt" davor, keine Kredite mehr aufnehmen zu können. Er spricht von einem "Kriegszustand", weshalb man gegenüber Spekulanten "das geladene Gewehr auf den Tisch legen" müsse.
Die kleinliche Debatte, die Merkel und Schäuble nicht führten, als sie die Münchner Bank Hypo Real Estate (HRE) mit vielen Milliarden gerettet und verstaatlicht wurde, lässt die Staatsanleihen für Griechenland immer teuer werden. Das macht das Land und seine Finanzsituation auf lange Sicht aber nicht gerade stabiler. Athen muss für seine zehnjährigen Anleihen mit 6,3 % schon etwa doppelt so hohe Zinsen bezahlen wie Deutschland, und auch der Euro gerät durch die Querelen weiter unter Druck.
"Wir können so nicht weitermachen", meint deshalb auch Barroso. "Die Kommission ist bereit, ein Instrument zur koordinierten Unterstützung von Griechenland vorzuschlagen", sagte er. Er fordert vor dem Gipfeltreffen, dass schnell ein Hilfssystem geschaffen wird. Zwar hat er sich nicht dazu geäußert, wie die Hilfe konkret aussehen könnte, doch seiner Ansicht nach könnte es auch bilaterale Kredite der Euro-Staaten geben. Damit werde nicht gegen die sogenannte No-Bailout-Klausel nach Artikel 125 der EU-Verträge verstoßen. Er fügte aber auch an, dass die Schaffung eines Hilfssystems nicht bedeutet, dass es sofort eingesetzt werden müsse. Aus Athen wurde derweil dementiert, dass das Land die Hoffnung auf eine EU-Hilfe bereits aufgegeben habe. Zwischenzeitlich wurde berichtet, Griechenland werde sich Anfang April an den IWF wenden. "Wir halten uns alle Optionen offen", betonte Papandreou. Griechenland bevorzuge aber eine "europäische Lösung", fügte er an.