Die Grünen: Partei der Besserverdiener
Im oberen Zehntel überflügeln die ehemaligen Pazifisten inzwischen die Liberalen. Allerdings ist bei näherem Hinsehen auch die SPD dort besser verankert, als in den untersten Einkommensgruppen
CDU, CSU, FDP und Grüne sind Parteien der Besserverdienenden, das ist nicht unbedingt neu, aber nun durch eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung einmal mehr eindeutig belegt. Besonders interessant dabei: Die Grünen, deren Stern derzeit mal wieder sinkt, überflügeln bei den wohlhabenden Haushalten inzwischen die FDP, und keine andere Partei hat einen so hohen Anteil an Top-Verdienern unter ihren Anhängern.**
Die Daten des DIW beziehen sich allerdings auf die sogenannte Parteipräferenz*. Es wird also nicht nach dem aktuellen Wahlverhalten wie in der Sonntagsfrage gefragt, sondern nach der langfristigen Parteibindung. Erhoben wurden sie im Rahmen eines langfristigen Forschungsprogramms, dem Sozio-oekonomische Panel (SOEP). Seit 1984 werden im Rahmen des SOEP jedes Jahr mehrere tausend Menschen befragt. Zurzeit sind es nach DIW-Angaben etwa 30.000 Befragte in mehr als 14.000 Haushalten. Die Daten des SOEP geben unter anderem Auskunft über Einkommen, Erwerbstätigkeit, Bildung, Gesundheit und Lebenszufriedenheit. Das Vermögen wird nur in größeren Abständen erfasst, zuletzt 2007. Jedes Jahr werden dieselben Personen befragt.
Aufgrund des erheblichen Umfangs der Stichprobe können auch Aussagen über relative kleine Gruppen gemacht werden. Generell ergibt sich, dass SPD und Linke ihren Schwerpunkt in der Gruppe der 20 Prozent mit den niedrigsten Haushaltseinkommen haben. Je höher das Einkommen, desto weniger findet sich eine Bindung für diese Parteien. Bei den Unionsparteien, den Liberalen und auch den Grünen verhält es sich gerade andersherum, wobei das Gefälle bei FDP und Grünen besonders steil ist.
Wichtiges Detail: Auch die Bindung an eine Partei nimmt mit dem Einkommen zu. Während in der Gruppe der unteren 20 Prozent nur rund 35 Angaben über eine Parteipräferenz machten, waren es bei den oberen 20 Prozent rund 58 Prozent. Das lässt sich als eine Abkoppelung der unteren Einkommensschichten vom politischen System oder zumindest als eine tiefe Entfremdung interpretieren.
Wenig überraschend haben CDU/CSU und FDP in der Gruppe der einkommensstärksten zehn Prozent mit 55 Prozent eine klare Mehrheit. Bei der FDP ist der Zusammenhang zwischen dem Einkommen und der Parteibindung besonders ausgeprägt: So bekennen sich von den einkommensschwächsten 20 Prozent der Haushalte lediglich 3,4 Prozent zu den Liberalen, während es im oberen Zehntel der Einkommensverteilung 10,1 Prozent sind.
Deutlich größer ist im oberen Einkommenszehntel allerdings die Anhängerschaft der Grünen. 17 Prozent fühlen sich dort mit der ehemaligen Pazifistenpartei verbunden. In den unteren und mittleren Einkommensgruppen sind es jeweils etwa zwölf Prozent. Den Unionsparteien fühlen sich im unteren Einkommensfünftel ein knappes Drittel derjenigen mit Parteipräferenz verbunden (31,4 Prozent), bei den oberen zehn Prozent hingegen 44,8 Prozent.
Bei SPD und Linken fällt der Anteil der Parteianhänger von 33,7 beziehungsweise 12,9 Prozent bei den unteren 20 Prozent der Einkommensverteilung auf 23,4 beziehungsweise 2,9 Prozent bei den oberen zehn Prozent der Einkommensverteilung.
Alle Prozentangaben beziehen sich jeweils nur auf den Teil der Gruppen, die eine Parteipräferenz angaben. Die Anhängerschaft der SPD im unteren Fünftel der Einkommenspyramide beträgt also nur etwa elf und die der Linkspartei 4,5 Prozent. Die Bindung an die Parteien im obersten Segment ist hingegen, wie Eingangs erwähnt erheblich ausgeprägter.
Für die SPD heißt das zum Beispiel, dass der Anteil ihrer Anhänger an der Gesamtgruppe der oberen zehn Prozent der Haushaltseinkommen mit 13,5 Prozent sogar höher ist als bei den untersten 20 Prozent. Sollte das der Grund sein, weshalb man meint, im Jahre 2013 Wahlkampf mit dem Agenda-21-Personal betreiben zu können?
*Die langfristige Parteibindung wird im SOEP mit der folgen- den Frage erfasst: „Viele Leute in der Bundesrepublik neigen längere Zeit einer bestimmten Partei zu, obwohl sie auch ab und zu eine andere Partei wählen. Wie ist das bei Ihnen: Neigen Sie einer bestimmten Partei in Deutschland zu?“ Wenn die Befragten dieses bejahen, wird im Anschluss gefragt, welcher Partei die Befragten zuneigen. Da Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft nicht für die Bundestagswahl wahlberechtigt sind, basieren sämtliche im Bericht präsentierten Analysen auf Erwachsenen (ab 18 Jahren) mit deutscher Staatsbürgerschaft. (Aus den Erläuterungen des DIW)
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Diese Aussage habe ich ungeprüft übernommen. Wie ein Leser anmerkt, findet sich in den Zahlen dafür jedoch kein Beleg. Tatsächlich haben die Grünen zwar, wenn man die unterschiedlichen Anteile der Parteipräferenzen berücksichtigt, mehr als doppelt so viele Anhänger im oberen wie im unteren Fünftel, bei der FDP ist die Disporportionalität jedoch erheblich größer. Entsprechend ist dort das Gefälle steiler als bei den Grünen, insbesondere auch innerhalb des oberen Fünftels, wie folgende Aufstellung zeigt: