Die letzten Tage von Musharraf
Der pakistanische Präsident hat keine Gefolgschaft mehr; sein Rücktritt wird in den nächsten Tagen erwartet
Für einen eitlen Mediengeneral wie ihn war das Schattendasein der letzten Wochen ungewöhnlich und ein deutliches Zeichen dafür, dass sich die Machtverhältnisse in Pakistan deutlich verändert haben – und das nicht zu Gunsten Musharrafs. Pakistan blieb zwar in den Schlagzeilen, doch von Musharraf war kaum mehr die Rede, obwohl er weiter als Präsident amtierte.
Das soll sich nun auch ändern. Laut einem aktuellen Bericht der Washington Post erwartet man in den nächsten Tagen den Rücktritt des Mannes, der die Macht in Pakistan seit 1999 in diktatorischen Händen hielt.
Der Rücktritt geschieht natürlich nicht ganz freiwillig. Vor einer Woche hatten die Führer der regierenden Koalition angekündigt, ein Impeachment-Verfahren gegen Musharraf einzuleiten. Musharraf bleiben faktisch kaum Chancen, sein Amt zu behalten. Mitglieder seiner Partei (Muslim League (Q)), die immerhin die meisten Sitze im Parlament hält, was die nötige 2/3 Mehrheit für das Impeachment-Verfahren zu einer schwierigen Angelegenheit machen könnte, sollen ihm in Scharen die Treue aufkündigen. Laut einem "informierten Kommentator" fürchten sie belastendes Material, das im Zuge des Verfahren ans Licht geraten könnte. Drei Provinzparlamente haben bereits für das Impeachment gestimmt, ein Trend, der das ganze Land erfassen könnte.
Auch in der Armee kann Musharraf offensichtlich auf keine bedeutende Unterstützung für eine Schubumkehr mehr zählen. Gemäß einer ungenannten ranghohen Quelle sollen die Kommadeure der Regierung in Islamabad schon vor einer Woche Bescheid gegeben haben, dass man sich nicht einzumischen wünsche. Der ranghöchste General Ashfaq Kijani hält sich völlig aus der Debatte heraus.
Auch im Weißen Haus soll nur mehr Präsident Bush an seiner Loyalität zu Musharraf festhalten – wenn auch nur eingeschränkt - und ohne Konsequenzen. "Die große Mehrheit der amerikanischen Regierung hat sich von ihrer ursprünglichen Verbundenheit mit Musharraf entfernt", wird ein Offizieller zitiert. Anzunehmen ist, dass die Einleitung des Impeachment-Verfahren der Koalitionsregierung unter Ministerpräsident Gilani nicht ohne Wissen (und vermutlich auch Billigung) der US-Regierung geschieht. Der pakistanische Regierungschef war erst kürzlich zu Besuch in Washington.