Eon: Doch keine Bad Bank für AKW

Essener Stromkonzern gibt Druck nach und verzichtet auf Ausgliederung. Dennoch will er die Verantwortung für seinen Strahlenmüll nicht alleine tragen

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Eon hat bekanntgegeben, dass das Atomgeschäft nun doch nicht ausgelagert wird. Die insgesamt sechs AKW, an denen das Unternehmen beteiligt ist, sollen anders als ursprünglich geplant nicht zusammen mit den Kohlekraftwerken in der neuen Gesellschaft Uniper landen, heißt es in der Essener Konzernzentrale.

Damit reagiert das Unternehmen auf einen im Bundeswirtschaftsministerium erarbeiteten Gesetzentwurf, mit dem die Autoren sicherstellen wollen, dass sich die einstigen Muttergesellschaften nicht ihrer Verantwortung für die Entsorgung ihrer alten Strahlenmeiler entziehen können. Man halte das geplante Gesetz zwar für verfassungswidrig, beugt sich aber offensichtlich dem Druck. Damit das neue, saubere Image, das man sich aufzubauen gedenkt, nicht durch die unbeliebte Atomkraft beschädigt wird, wird diese in eine neue Tochtergesellschaft mit dem alten Namen PreußenElektra gesteckt.

Es habe in der Öffentlichkeit die Sorge gegeben, heißt es in der oben verlinkten Presserklärung des Konzerns, Eon wolle sich der Verantwortung für die Kernenergie entledigen: "Diese Sorge war und ist unbegründet. Die Kernenergie war nie ein wesentlicher Treiber für die Entwicklung der Konzernstrategie und der daraus folgenden Aufspaltung des Unternehmens", sagte Vorstandschef Johannes Teyssen.

Alleine zahlen will man allerdings auch nicht unbedingt: "Für konstruktive Lösungen sind wir nach wie vor offen. Staat und Unternehmen sind gemeinsam in die friedliche Nutzung der Kernenergie eingestiegen, jetzt müssen beide diesen Weg auch in gemeinsamer Verantwortung zu Ende gehen", so Teyssen. Schließlich habt ihr damals für uns die Demonstranten von den Bauplätzen geprügelt, also nun zahlt mal auch schön für die Folgen, so ungefähr die Logik des Eon-Chefs.

Entsprechend skeptisch reagiert Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt auf die Entwicklung:

Vorerst ist der Eon-Plan gescheitert, sich aus der Verantwortung für die Folgekosten der Atomkraft-Nutzung zu stehlen. Und das ist gut so. Letztlich ist dieser Rückzug nach der Vorstellung von Gabriels Nachhaftungsgesetz auch der Beweis dafür, dass es bei der gescheiterten Abspaltung der Atom-Sparte in erster Linie darum ging, die Kosten den Steuerzahlern aufzudrücken.
Mir fehlt das Vertrauen in Eon-Chef Johannes Teyssen, dass er nicht gleich den nächsten Taschenspieler-Trick versucht. Denn er verfolgt den Plan einer Atom-Stiftung trotz des Rückschlags bei der Aufspaltung konsequent weiter. So entstünde eine Art 'Bad Bank' für Atomkraftwerke. Das ist das Ziel der Branche in den kommenden Verhandlungen mit der Bundesregierung.
Jochen Stay, .ausgestrahlt

Stay verweist darauf, dass in der Kommission, die die Aufteilung der Abwicklungskosten aushandeln sollen auch Michael Vassiliadis von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie sitzt. Der habe erst vor kurzem "im Schulterschluss mit RWE und Vattenfall Gabriels Klimaabgabe für Braunkohlekraftwerke gekippt und stattdessen mehrere hundert Millionen Euro für die Konzerne rausgeschlagen". Das trägt zu seiner Skepsis offensichtlich genauso bei wie seine Überzeugung, dass die 38 Milliarden Euro an Rückstellungen, die es bei den Konzernen für den AKW-ABriss geben sollte, vermutlich nicht ausreichen werden.

Und ob dieses Kapital noch verfügbar ist, weiß auch keiner so genau. Sowohl RWE als auch Eon haben sich in den letzten Jahren mit Erwerbungen im Ausland erheblich verkalkuliert. Inzwischen mussten sie mehrere Milliarden Euro auf in Großbritannien und anderswo erworbene fossile Kraftwerke abschreiben und sind hoch verschuldet. Hinzu kommen die Probleme mit Gas- und Steinkohlekraftwerken, die kaum noch rentabel zu betreiben sind.

Die RWE-Aktie hat entsprechend seit Anfang 2011 rund 73 Prozent ihres Wertes verloren – was für einige Städte im Ruhrgebiet ein Katastrophe ist –, und auch das Eon-Papier hat in der gleichen Zeit rund 65 Prozent eingebüßt. Damit sind die beiden DAX-Konzerne übrigens gegen den Trend der letzten Jahre geschwommen und haben zudem in den jüngsten Turbulenzen am Aktienmarkt noch einmal überdurchschnittlich stark verloren.