Wie Bluthochdruck Sie Ihre Lebenszeit kostet
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Diagnose und Behandlung ist ein zentrales Problem der Gesundheitsversorgung. Ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland betroffen. Zum Teil mit verheerenden Folgen.
Der folgende Beitrag besteht aus einem früheren Text von mir1, den ich überarbeitet und aktualisiert habe.
Angehängt habe eine kurze Besprechung eines praktisch relevanten schmalen Buches mit dem Titel "Hausaufgaben für Patienten mit Bluthochdruck"2, das aus meiner Sicht für einen rationalen und effektiven Umgang mit diesem zentralen Problem der Gesundheitsversorgung nützlich ist und Spitzenbewertungen in Deutschland erhalten hat.
Bluthochdruck – ein folgenschweres Problem
Bluthochdruck (Hypertonie) ist eine der häufigsten chronischen Krankheiten. 20 bis 30 Millionen Menschen in Deutschland sind betroffen. Mehr als 30 Prozent unserer Bevölkerung hat einen Bluthochdruck im arteriellen Kreislaufsystem. Jenseits des 60. Lebensjahrs findet man sogar bei etwa 60 Prozent einen Bluthochdruck.
Wenn man sich vergegenwärtigt, dass viele Patienten mit einer langjährigen Hypertonie vorzeitig an einer koronaren Herzkrankheit wie einem Herzinfarkt oder einer dadurch bedingten Herzschwäche, einem Schlaganfall oder einer chronischen Nierenschwäche vorzeitig sterben, wird klar, dass der Bluthochdruck auch in Deutschland eines der drängendsten Probleme in unserem Gesundheitswesen ist.
Wie wird Bluthochdruck diagnostiziert?
Voraussetzung für eine wirksame Behandlung des Bluthochdrucks ist eine exakte Diagnose und eine genaue Beurteilung des Schweregrades. Dabei muss man zunächst zwischen den verschiedenen Formen des Bluthochdrucks unterscheiden. Dazu gehören:
- der isoliert systolische Bluthochdruck, der bei Weitem die häufigste Form ist und vor allem im Alter auftritt;
- der isoliert diastolische Bluthochdruck, der seltener ist und meist bei Jüngeren besteht;
- der kombiniert systolisch-diastolische Bluthochdruck,
- der nächtliche Bluthochdruck, z. B. bei Patienten mit einer Schlafapnoe, und
- die "Praxis- oder Weißkittelhypertonie"; diese tritt nur auf, wenn der Blutdruck in der Praxis oder der Klinik gemessen wird, und hat wahrscheinlich stressbedingte Ursachen.
Zur Erläuterung: Der systolische Wert des Blutdrucks gibt den Druck an, der in der Kontraktionsphase des Herzens gemessen wird, wenn Blut in die Arterien gepresst wird, und der diastolische Wert den Druck, der in der Erschlaffungsphase des Herzens herrscht. Beide Werte werden in mm Hg (Millimeter Quecksilbersäule) angegeben.
Wann ist der Blutdruck zu hoch?
Ein Bluthochdruck liegt dann vor, wenn der Blutdruck dauerhaft bei systolisch 140 mm Hg und diastolisch 90 mm Hg oder höher gemessen wird.
Die neue 2023 verabschiedete Bluthochdruckleitlinie der "European Society of Hypertension" überraschte durch einen pragmatischen Ansatz im Hinblick auf die Zielwerte: 140/90 mm Hg ist die "rote Linie", die Werte jedes/r Betroffenen sollten also darunter liegen. Wer es verträgt, sollte noch tiefer eingestellt werden, wer nicht, muss es aber nicht. Eine Einstellung unter 120/80 mm Hg ist aber nicht zu empfehlen.
Demnach gelten als Normalwerte für alle Altersklassen Werte unter 140/90 mm Hg, z. B. 130/85 mm Hg.
Diese Werte gelten unter "Ruhebedingungen", d. h., die Messung sollte nach mindestens einer Minute Ruhe im Sitzen durchgeführt werden.3 Das gilt insbesondere für die Selbstmessung zu Hause, bei der die Blutdruckmesswerte in der Regel etwas niedriger liegen als bei den Gelegenheitsmessungen beim Arzt.
Der Blutdruck wird bei einem Rechtshänder am besten am linken Oberarm wegen der dort geringeren Muskeldicke und bei einem Linkshänder am rechten Oberarm gemessen.
Ein Nachteil der Gelegenheits-Blutdruckmessung in der Praxis ist, dass der nächtliche Blutdruck dabei natürlich nicht erfasst werden kann. Gerade im Hinblick auf die Organschäden hat sich jedoch gezeigt, dass der nächtliche Blutdruck mindestens eine ebenso große Bedeutung hat wie der Blutdruck am Tage.
Deshalb hat sich bei der Diagnostik in den vergangenen Jahren zunehmend die 24-Stunden-Blutdruck-Langzeitmessung durchgesetzt. Dabei geht es vorrangig darum, den Verdacht auf eine nächtliche Hypertonie oder eine "Weißkittelhypertonie" abzuklären und die Wirksamkeit der verordneten Blutdruckmedikamente tagsüber und nachts zu kontrollieren.
Die Erfahrungen der 24-Stunden-Blutdruck-Langzeitmessungen unterstreichen die große Bedeutung der Blutdruck-Selbstmessung zu Hause. Mit dieser Methode können auf einfache Weise die Tageswerte des Blutdrucks über lange Zeit gut kontrolliert und eine "Weißkittelhypertonie" weitestgehend ausgeschlossen werden.
Weil die Verantwortung für die Einstellung des Blutdrucks durch die Selbstmessung mit in die Hand des Patienten gelegt wird, fördert diese außerdem die Bereitschaft, bei der Behandlung aktiv mitzuarbeiten.
Was passiert bei Bluthochdruck im Körper?
Wenn die Diagnose Bluthochdruck gestellt ist, muss der Arzt den Schweregrad beurteilen, d. h. untersuchen, ob Organschäden oder Folgeerkrankungen des Bluthochdrucks vorliegen. Typische Organschäden sind:
- eine Verdickung der Muskulatur der linken Herzkammer (Linksherz-Hypertrophie) und
- eine beginnende Gefäßverkalkung im Bereich der großen arteriellen Blutgefäße, der Herzkranzgefäße, der Nierengefäße oder der kleinen Blutgefäße der Netzhaut der Augen.
Sind hier krankhafte Veränderungen vorhanden, spricht man nicht mehr vom Schweregrad I des Bluthochdrucks, sondern vom Schweregrad II. Bei weiterem Fortschreiten der Erkrankung oder langjährigem schwerem Bluthochdruck können weitere Folgeerkrankungen wie eine Herzschwäche auftreten. Es liegt dann ein Schweregrad III vor.
Allen Folgeerkrankungen ist gemeinsam, dass in verschiedenen Organen eine Arterienverkalkung (Arteriosklerose) auftritt.
Am Herzen kann es zu einer Verkalkung der Herzkranzgefäße, einer koronaren Herzkrankheit, mit Herzenge-Beschwerden, einem Herzinfarkt oder einer Herzschwäche kommen.
Weitere Gefäßveränderungen mit schweren Folgeerkrankungen können die Niere, die Augen, das Zentralnervensystem und die großen arteriellen Blutgefäße, etwa die Aorta (Hauptschlagader), betreffen.
Wenn man sich diese Tatsachen vor Augen führt, wird verständlich, warum der Bluthochdruck als "Killer Nummer 1" angesehen wird und einer großen Zahl an Menschen (siehe oben) viele Lebensjahre raubt.
Welches sind die Risikofaktoren für Bluthochdruck?
Seit Jahrzehnten heißt es in den meisten medizinischen Fachbüchern über die Ursachen des Bluthochdrucks, dass es sich bei 90 bis 95 Prozent der Fälle von Bluthochdruck um eine sogenannte primäre oder essenzielle Form handelt, für die hauptsächlich genetische Faktoren verantwortlich sind. Die restlichen fünf bis zehn Prozent werden durch Erkrankungen der Niere, der Nebenniere, der Schilddrüse oder durch verschiedene Medikamente verursacht.
Seit einigen Jahren gibt es jedoch neue Erkenntnisse, die es zu berücksichtigen gilt und die für eine langfristige erfolgreiche Behandlung eines Bluthochdrucks wichtig sind.
Zum einen sind in den vergangenen Jahren Übergewicht und Adipositas (Fettleibigkeit) als Hauptrisikofaktoren für die Entstehung des Bluthochdrucks immer mehr in den Vordergrund getreten.4
Jeder zweite fettleibige Patient hat einen Bluthochdruck und jeder zweite Bluthochdruck-Patient ist fettleibig. Von vielen Fachleuten wird der durch die Fettleibigkeit hervorgerufenen Bluthochdruck als die wichtigste Form des Bluthochdrucks angesehen. Diese Tatsache ist für die Behandlung bedeutsam, da eine Gewichtsabnahme wie ein blutdrucksenkendes Medikament wirken kann.
Zum Zweiten muss auf das Zusammentreffen von schlafbezogenen Atmungsstörungen, insbesondere der obstruktiven Schlafapnoe und dem Bluthochdruck, hingewiesen werden. Etwa 50 Prozent der Patienten mit einer Schlafapnoe haben einen Bluthochdruck und 30 Prozent der Patienten mit einem Bluthochdruck haben eine Schlafapnoe.
Neue Forschungsergebnisse legen nahe, dass bei einem großen Prozentsatz der Fälle der Bluthochdruck als Folgeerkrankung der Schlafapnoe angesehen werden muss. Dafür spricht, dass eine erfolgreiche Behandlung der Schlafapnoe, beispielsweise mit einer nasalen Überdruckbeatmung, auch den Bluthochdruck bessern bzw. beseitigen kann.
Weitere Faktoren, die Bluthochdruck hervorrufen bzw. fördern können, sind Ernährungsfaktoren wie eine zu salzreiche Kost, regelmäßiger Alkoholkonsum, Bewegungsmangel und chronische Stressbelastungen, vor allem im beruflichen Umfeld.