Euro-Krise kehrt an abstürzende Kapitalmärkte zurück
Müssen Krisenländer wie Spanien und Portugal wieder deutlich höhere Zinsen wegen US-Notenbank bezahlen?
Die Hoffnungen Spaniens und Portugals, dass die Zinsen für ihre Staatsanleihen weiter sinken, wurden in den letzten Tagen enttäuscht. Spanien hat am Donnerstag Anleihen in einem Umfang von vier Milliarden Euro mit Laufzeiten zwischen fünf und zehn Jahren versteigert und vor allem die zehnjährigen Anleihen haben sich verteuert. Spanien musste eine Rendite von 4,82% bieten, um die Anleihen loszuwerden. Am 6. Juni waren es noch 4,53% und auch die Nachfrage ging deutlich zurück. Daran zeigt sich, dass das langfristige Vertrauen in Spanien schwindet. Zuletzt musste Spanien im März so hohe Zinsen bieten.
Die allgemeine Erklärung dafür, dass eine Aussicht auf ein Ende der Geldschwemme in den USA sich in Spanien bemerkbar mache, greift zu kurz. Das gilt eher für den massiven Absturz der europäischen Börsen, die zum Teil bis zu 4% in die Knie gingen. Der spanische Leitindex Ibex und der Dax stürzten unter die Marke von 8000 Punkten ab. Der Chef der US-Notenbank (FED) Ben Bernanke hatte am Mittwochabend vor Journalisten in Washington angedeutet, die FED könne ihre lockere Geldpolitik zurückfahren. Die Ankäufe von US-Staatsanleihen könnten noch in diesem Jahr gebremst werden. Bernanke ließ sich allerding weiter alle Optionen offen und deutete an, dass erst Mitte 2014 die Notenpressen tatsächlich gestoppt sein könnten.
Steigende Zinsen für Krisenländer sind aber schon länger zu beobachten. Schon vor den Aussagen des FED-Chefs musste Portugal am Mittwochvormittag für Anleihen mit kurzen Laufzeiten steigende Zinsen verkraften. Und am Dienstag musste Spanien bei einer Versteigerung von Anleihen mit Laufzeiten von sechs und 12 Monaten wieder so hohe Zinsen. Nach der Versteigerung zehnjähriger spanischer Anleihen am Donnerstag schoss der Risikoaufschlag gegenüber Bundesanleihen am Sekundärmarkt sogar noch einmal um 19 Punkte auf 316 Basispunkte hoch, was weitere Zinsanstiege erwarten lässt.
Weil sich der Trend an den Anleihemärkten wieder umgekehrt hatte und der Schuldendienst für immer höhere Schulden wieder teurer wird, forderte schon vergangene Woche der portugiesische Staatschef Anibal Cavaco Silva vor dem Europaparlament in Straßburg, dass die Europäische Zentralbank (EZB) das umstrittene Aufkaufprogramm wieder starten müsse. Über dessen Rechtmäßigkeit wird gerade vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gestritten. Cavaco Silva bezog sich ausdrücklich auf das Versprechen von EZB-Präsident Mario Draghi, "unbegrenzt Anleihen überschuldeter Euro Länder zu kaufen, um deren Zinsen zu senken".
Hatte diese Ankündigung im vergangenen September dafür gesorgt, die Zinsen für Krisenländer zurückgingen, schwindet die Überzeugungskraft immer stärker. So hatte Draghi am Dienstag nachgelegt. Die EZB werde, falls erforderlich, die Zinsen weiter anpassen oder außergewöhnliche Maßnahmen ergreifen, um der Wirtschaft im Euroraum auf die Beine zu helfen. "Es gibt eine Vielzahl anderer Maßnahmen - die Standardzinspolitik und unkonventionelle Maßnahmen - die wir einsetzen können und die wir einsetzen werden, wenn es die Umstände erforderlich erscheinen lassen", sagte er. Doch die erhoffte Wirkung dieser Worte blieb aus, wie die steigenden Zinsen der Krisenländer zeigen. Draghis Spielraum wird zudem kleiner. Denn die EZB hat den Leitzins schon auf das Rekordtief von 0,5% gesenkt. Zudem stellt sich die Bundesbank dagegen, die Notenpresse für neue Ankäufe von Staatsanleihen wieder anzuwerfen.
Anders als in den USA, wo die FED die außergewöhnlichen Maßnahmen zurücknehmen will, weil die Wirtschaft wächst, steckt die Eurozone in der Rezession. Der Offenmarktausschuss der FED erwartet 2013 ein Wachstum von bis zu 2,6% und im folgenden Jahr sogar 3,25%. Die EU-Kommission erwartet dagegen, dass die Eurozone 2013 um 0,3% schrumpft und erst 2014 wieder ein mäßiges Wachstum ausweisen soll.
Krisenländer wie Spanien, Portugal oder Griechenland stecken tief in der Rezession. Statt einer US-Arbeitslosigkeit von knapp 8%, kämpfen Spanien und Griechenland mit Quoten von etwa 27% und Portugal mit mehr als 18%. Inzwischen übt sogar der Internationale Währungsfonds (IWF) Selbstkritik, weil die Wirkung auf Wachstum und Arbeitslosigkeit von Sparprogrammen deutlich unterschätzt wurde. Das führte zu Streit in der Troika. Der IWF fordert nun, den Fokus auf Wachstum und Beschäftigung zu setzen, um auch das hohe Haushaltsdefizit abbauen zu können, denn trotz harter Sparprogramme ist das Defizit in beiden Ländern 2012 wieder deutlich gestiegen. Allerdings fordert er zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung auch die Senkung von Löhnen und Abfindungen.