Ex-Chef von Pleite-Sparkasse hinter Gittern

Mit Miguel Blesa wurde seit langem wieder einmal in Spanien ein Banker wegen dubioser Vorgänge in Untersuchungshaft genommen

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Den 90 ehemaligen Führungsmitgliedern von Banken wird es mulmig, nachdem am späten Donnerstag der frühere Chef der Sparkasse Caja Madrid in Untersuchungshaft genommen wurde. Miguel Blesa, der bis 2009 die große Sparkasse geführt hat, konnte die Kaution in Höhe von 2,5 Millionen Euro nicht hinterlegen. Deshalb musste er nach seiner Vernehmung um 20 Uhr 30 einen Gefangenentransporter besteigen und wurde ins Gefängnis von Soto del Real nahe der Hauptstadt gebracht.

Ermittlungsrichter Elpidio José Silva hält es für "untragbar", dass auf Veranlassung von Blesa im "perfekten Sturm" der Finanzkrise 2008 die City National Bank in Florida übernommen wurde. Der Richter spricht von "Unregelmäßigkeiten" und von einer "miserablen" Führung in der Caja Madrid, die zu Verlusten von einer halben Milliarde Euro geführt habe. Bei dem Kauf des US-Kreditinstituts sei nicht einmal "minimal" die Solvenz und die Überlebensfähigkeit der Bank geprüft worden.

Der Richter hatte eine Studie der spanischen Zentralbank erhalten. Die legt nahe, dass dabei die Aufsicht umgangen wurde. Darauf weise hin, dass der Bezahlung gestückelt wurde, was für den Richter "unverständlich" ist. Aus dem Bericht geht auch hervor, dass die US-Aufsichtsbehörde vom "Office of the Comptroller of the Currency" vor dem Kauf vor Problemen in der City National Bank, einer fehlenden "durchführbaren Geschäftsstrategie" und einem "hohen und steigenden Risiko" gewarnt hatte.

So war es kein Wunder, dass die einst sechstgrößte Bank in Florida kurz nach der Übernahme geschlossen wurde, für welche die Caja Madrid mehr als 1,1 Milliarden Euro hingeblättert hatte. Blesa verteidigt stets sein Vorgehen im Rahmen einer Strategie zur Expansion und Diversifizierung der Geschäfte. Diese Pläne für den Zeitraum von 2009 bis 2014 seien "irritierend", urteilte aber die Zentralbank, weil "offensichtlich die herrschende wirtschaftliche Lage ignoriert" worden sei.

Ausgangspunkt der Ermittlungen war nicht die Übernahme der US-Bank. Gestartet wurden sie, weil Prüfer auf zweifelhafte Kreditvergaben stießen. So gewährte die Caja Madrid auch der Reisebüro-Kette Marsans noch einen Kredit in Höhe von 26,6 Millionen Euro, als sie praktisch pleite war. Der Richter sah beim letzten Kredit, insgesamt summierten sie sich auf 131 Millionen Euro, klare "Indizien für kriminelles Handeln". Die Prüfungsgesellschaft KPMG hatte festgestellt, dass gesetzlichen Bestimmungen für den Kredit an Marsans-Chef Gerardo Díaz Ferrán missachtet wurden.

Der Richter geht von Vorteilsnahme aus, da Ferrán im Aufsichtsrat der Caja Madrid saß. Dass es fatal um das Imperium des einstigen Chefs des großen Unternehmerverbands (CEOE) stand, war allseits bekannt. Ferráns Beschäftigten hatten monatelang keine Gehälter erhalten und Weihnachten 2009 ließ er weltweit viele Touristen am Boden stehen, als seine Fluglinie "Air Comet" Pleite ging. Die HSH-Nordbank hatte geleaste Flugzeuge gepfändet, weil Raten nicht bezahlt wurden. Ferrán wird wegen Betrug betrügerischem Bankrott, Unterschlagung und Geldwäsche angeklagt.

Die Inhaftierung von Blesa wirft einen neuen Schatten auf die konservative Volkspartei (PP). Blesa ist ein Freund des früheren Ministerpräsidenten José María. Er wurde 1997 Chef Sparkasse, nachdem sein konservativer Freund 1996 Regierungschef wurde. Erst nach dem US-Debakel wurde er 2009 von Aznars Wirtschaftsminister Rodrigo Rato abgelöst, was Aznar allerdings zu verhindern versuchte und Druck auf die Regionalregierung von Madrid ausübte.

Doch die Lage der Sparkasse wurde unter Rato, der zwischenzeitlich Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) war, nicht besser. Er stand nach der Fusion von Caja Madrid und weiteren Sparkassen zu Bankia auch der viertgrößten Bank vor, die 2012 mit einem Milliardenloch verstaatlicht wurde. Rato und weiteren 32 ehemaligen Bankia Direktionsmitgliedern wirft der Nationale Gerichtshof Betrug, Veruntreuung, Kontenfälschung und Preismanipulation vor. Er musste zurücktreten, weil in aufgehübschten Bilanzen statt Milliardenverlusten Gewinne verzeichnet waren. Spanien musste für die Rettung von Bankia einen Hilfsantrag beim europäischen Rettungsschirm stellen. Von den 40 Milliarden Euro, die bisher flossen, verschlingt Bankia den Großteil.

Mit der Inhaftierung von Blesa wurde erstmals seit 20 Jahren in Spanien wieder ein Bank-Chef inhaftiert. Nun befürchten andere Banker, dieses Beispiel könnte Schule machen. Erst am Donnerstag hat der Nationale Gerichtshof Führungsmitglieder der Banco de Valencia wegen Unterschlagung unter anderen Vergehen angeklagt, die ebenfalls verstaatlicht werden musste. Auch der ehemalige Anti Korruptionsstaatsanwalt Carlos Jiménez Villarejo hofft, dass nun angesichts der enormen Schäden, die Banker mit ihrem unverantwortlichen Vorgehen angerichtet hätten, endlich zur Verantwortung gezogen werden. "Es wurde auch Zeit", sagte Villarejo in einem Interview. "Auch die Kriminalität der ökonomisch Mächtigen, muss Folgen haben", sagte er dazu, dass in den Gefängnissen nur die säßen, die viel geringeren Schaden angerichtet hätten. Er kritisierte aber, dass auch Blesa über eine Kaution wieder freikommen kann. Dessen Familie versucht, die 2,5 Millionen Euro aufzutreiben.