Fußballerstreik wegen Steuererhöhungen?
Spaniens Profiliga droht mit Streik, weil die Millionäre wie gewöhnliche Arbeitnehmer besteuert werden sollen.
Es kommt einem ohnehin reichlich spanisch vor, dass Millionäre steuerlich eine Vorzugsbehandlung bekommen. In Spanien ist das üblich. Es gilt für Kapitaleinkommen aus riesigen Einzelvermögen genauso wie für die Millioneneinkünfte derer, die jedes Wochenende gegen Lederkugeln treten. Doch bald sollen die (neuen) Superstars der Fußballclubs Real Madrid, Atlético Madrid, FC Barcelona endlich vernünftige Steuern zahlen.
Die Kicker, mit bisweilen zweistelligen Millionenbeträgen als Jahreseinkommen, werden derzeit wie Arbeitnehmer mit einem Steuersatz von 24 % besteuert, die 60.000 Euro im Jahr verdienen. Allerdings gilt die Regelung nur für Einkäufe aus dem Ausland, wenn sie "keine zehn Jahre in Spanien arbeiten". Steuergerechtigkeit ist was anderes und ob damit Anreize geschaffen wird, eigenen Nachwuchs heranzuziehen, darf ebenfalls bezweifelt werden. Das "Beckham-Gesetz", wie es in Spanien genannt wird, gilt auch für Künstler und Wissenschaftler, doch die verdienen normalerweise nicht solch hohe Summen.
Nun hat die linksnationale und linke Opposition in den Verhandlungen zum Haushalt 2010 den regierenden Sozialisten (PSOE) abgerungen, die Kicker bald wie ganz normale Arbeitnehmer zu besteuern. Dann würde für die Millioneneinkommen ein Steuersatz von 43 % fällig würde. Der Präsident des Verbands der Profi-Fußball-Liga (LFP), José Luis Astiazarán, geht deshalb auf die Barrikaden und drohte mit einem Streik. Man denke darüber nach "den Wettkampf, zu stoppen" sagte er. Die geplante Steuerreform "bedeutet für die spanischen Vereine eine zusätzliche Rechnung von mehr als 100 Millionen Euro", weshalb sich die Liga mit aller Macht gegen das Vorhaben zur Wehr setzen werde, betonte Astiazarán. Das könnte heißen, dass die Vereine die Steuern für ihre Stars zahlen und dass die Millionengehälter schon jetzt Nettogehälter sind.
Doch, wie bei der Abschaffung der Vermögenssteuer im vergangenen Jahr und der diversen Senkungen der Spitzensteuersätze in den vergangenen Jahren, zeigen die Sozialisten auch weiter ein Herz für Millionäre. Der normale Steuersatz soll nur für die gelten, die nach dem 1.1.2010 nach Spanien kommen. Die Aufregung der LFP ist eigentlich völlig absurd. Doch tatsächlich geht es dem Verband vielmehr darum, das Steuerparadies zu retten, damit weiterhin die Superstars aus aller Welt nach Spanien strömen und so der "spanische Fußball" in internationalen Wettbewerben oben mitspielen kann.
Die Gehälter von Cristiano Ronaldo und Zlatan Ibrahimovic, jeweils 13 Millionen im Jahr, Lionel Messi (10 Millionen), Kaka (9 Millionen) sollen auch weiter unangetastet bleiben. Doch ähnlich wie die absurden Boni von Pleitebanken, spielt sich ähnliches in den Fußballclubs ab. Da werden Ablösesummen, wie im Fall von Ronaldo in der Höhe von fast 100 Millionen Euro, und riesige Löhne gezahlt, dabei sind die Vereine pleite. Real Madrid hat für den Kauf von Ronaldo und Kaka mitten in der Wirtschaftskrise im Sommer von den Banken einen Kredit von 160 Millionen erhalten, die aber keine Kredite an produzierende Unternehmen vergeben, und damit die Schulden auf mehr als 560 intergalaktische Millionen Euro angehoben. Ähnlich hoch sind auch die Schulden vom ewigen Widersacher in der Hauptstadt. Atlético Madrid hat schon 510 Millionen angehäuft, Valencia 502. Der katalanische Erfolgsclub Barcelona steht mit "nur" 438 Millionen erst an vierter Stelle.
Statt in der Krise von denen Geld in die Kassen zu spülen, die ohnehin genügend haben, wird der "Hochrisikostaat", den ein Haushaltsdefizit von über 10 % erwartet, lieber die niedrigen Einkommen noch heftiger besteuern. Die Sozialisten werden die Mehrwertsteuer um 2 Prozent erhöhen. Das ist im spanischen Kontext ein Rezept, um die Krise noch zu verschärfen, weil niedrige Einkommen besonders hart betroffen sind. Der nationale Konsum, an dem die Wirtschaft hing, wird noch weiter einbrechen. Ohnehin bezweifeln Experten, dass sich angesichts der massiven Ausweitung der Schwarzarbeit damit höhere Steuereinnahmen erzielen lassen.
Doch was bleibt Arbeitslosen anderes übrig, die nach dem Arbeitslosengeld keinerlei Unterstützung mehr erhalten, als sich irgendwie in der Schattenwirtschaft über Wasser zu halten. Im Oktober wurden auch offiziell fast 100.000 neue Arbeitslose verzeichnet. Spanien ist das Mitgliedsland der Organisation für Wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) mit der höchsten Arbeitslosigkeit. Schon im August ermittelte die OECD eine Quote von 18,9 %. Da im September und Oktober jeweils knapp 100.000 hinzugekommen sind, schreitet Spanien mit großen Schritten auf die 20 % Marke zu, während der OECD-Durchschnitt bei 8,6 % liegt. Auch die EU-Kommission hat keine guten Nachrichten für Madrid parat. Sie geht davon aus, dass Spanien erst 2011 wieder ein Wirtschaftswachstum verzeichnen und 2012 neue Stellen schaffen wird.