Geheimdienst-Zar aus dem Finanzamt
Neue Köpfe und alte Zöpfe in Abteilung 6 des Bundeskanzleramts
Neuer deutscher "Director of National Intelligence" wird nach Informationen von Focus der bisherige Staatssekretär im Bundesfinanzministerium Johannes Geismann. Obwohl fachfremd, löst Geismann den früheren Verfassungsschützer Klaus-Dieter Fritsche ab, der als erster den 2013 geschaffenen Posten als "Beauftragter für die Nachrichtendienste des Bundes" bekleidete. Auch der diesem Geheimdienst-Zar untergeordnete Bundesnachrichtendienst war 2016 nicht mit einem altgedienten Spion, sondern mit dem ebenfalls Finanzbeamten Bruno Kahl aus Schäubles Dunstkreis besetzt.
Auch der Geheimdienstkoordinator im Bundeskanzleramt Günter Heiß geht in den Ruhestand. Seinen Platz nimmt Merkels Stellvertretender Büroleiter Bernhard Kotsch ein, bei dem es sich um den vertrautesten Mann der heute wiedergewählten Kanzlerin handeln soll.
Die neuen Hüter der Schlapphüte werden sich mit einem aktuellen Urteil des Oberverwaltungsgerichts NRW zu befassen haben. So bestätigte man in Münster die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Köln, das die knapp 40-jährige Überwachung des Publizisten und Rechtsanwalts Dr. Rolf Gössner durch das Bundesamt für Verfassungsschutz für rechtswidrig hält. Anlass für die 1970 begonnene Bespitzelung Gößners soll dessen Mitwirkung beim Sozialistischen Studentenbund gewesen sein. Verdächtig habe man gefunden, dass Gößner gerade kein Mitglied einer extremistischen Vereinigung wie der DKP gewesen sei.
Weiterer Treppenwitz an der Überwachung Gössners ist die Tatsache, dass dieser als Stellvertretendes Mitglied am Verfassungsgerichtshof Bremen fungiert, als wissenschaftlicher Berater bei der Ausarbeitung eines verfassungskonformen Verfassungsschutzgesetzes in Niedersachsen mitwirkte und von der Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts mit der Theodor Heuss-Medaille ausgezeichnet worden war.
Gößner war Redakteur der Zeitschrift "Geheim", die sich für das Treiben der Dienste interessierte. Daher dürfte er die gestrige Beförderung des bisherigen CIA-Chefs Mike Pompeo zum Außenminister verfolgt haben. Nachrückerin des Hardliners wird die Gina Haspel, die für die CIA ein geheimes Menschenquälzentrum in Thailand führte. UPDATE: Nach einer Korrekturmeldung von ProPublica soll Haspel die Leitung des Zentrums erst übernommen haben, als das dortige Waterboarding bereits beendet wurde.