General Breedlove - oder wie man lernen soll, Bomben zu lieben
Geleakte E-Mails des Ex-NATO-Kommandanten belegen Kriegspropaganda
Der frisch pensionierte General Philip Mark Breedlove, der bis Mai als Oberbefehlshaber des US-Militärs in Europa und als Supreme Allied Commander Europe bei der NATO fungierte, galt schon lange als Sicherheitsrisiko. Breedloves übertriebene Darstellung der militärischen Rolle Russlands in der Ostukraine seit Ausbruch der Krise hatte vergangenes Jahr Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zu einer Beschwerde bei Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bewogen, was im servilen Verhältnis der Bundesregierung zu den USA als ungewöhnlich gelten darf. Die von Breedlove aufgetischten Anzeichen für eine angeblich vorbereitete Großoffensive Russlands in der Ukraine erwiesen sich als haltlos.
Inzwischen wurde durch The Intercept ein Leak bekannt, der Steinmeiers Sorgen vor dem eifrigen Kriegsherrn bestätigt. So erschienen auf der anonymen Enthüllungswebsite DCleaks E-Mails, die angebliche Hacktivisten in der G-Mailbox des mächtigen Generals gefunden hatten. Darin empörte sich der Stratege gegenüber Personen im Pentagon-Umfeld über Präsident Obamas Bedenken, dass die NATO in der Ukraine als Bedrohung empfunden werden könnte. Im Februar hatte wiederum Breedlove vor dem US-Kongress Russland als „eine existentielle Bedrohung für die USA und deren europäische Verbündete“ bezeichnet.
Zu Breedloves Brieffreunden gehörte auch Kriegslobbyist Phillip Karber, Präsident der Potomac Foundation. Der Propagandist war letztes Jahr mit einem Foto von angeblich russischen Truppen auf ihrem Weg in die Ukraine aufgefallen, das tatsächlich aus dem Jahre zurückliegenden Krieg mit Georgien stammte. Breedlove klagte auch dem früheren Jugoslawienkrieger Wesley Clark sein Leid über die mangelnde Unterstützung der ukrainischen Partner mit Kriegsgerät. Clark riet seinem Kollegen, hierzu erstklassige PR-Firmen in den USA und in Europa anzuheuern, um in den Informationskrieg einzugreifen.
Die Mentalität des Pentagon, die Politik mit dreisten Lügen zum Kauf von Rüstungsgütern zu motivieren, hat eine lange Tradition, die etwa in den 1980ern mit dem legendären Team B einen Höhepunkt markierte. Die damals von George H.W. Bush geleitete CIA setzte eine Kommission ein, die dem Pentagon von russischen Geheimwaffen kündete und etwa aus der Radaranlage in Krasnojarsk eine Laserkanone machte. Berühmt ist auch die Rede Colin Powells 2003 vor der UNO, in der er über „rollende Labors“ der irakischen Armee fantasierte und damit die Rüstungsproduktion ankurbelte.
Auch Powell gehörte zu Breedloves Brieffreunden, dem er schrieb:
“I think POTUS sees us as a threat that must be minimized, … ie do not get me into a war????”
Damit erwies sich der bis Mai amtierende Supreme Allied Commander Europe als würdiger Nachfolger des einstigen NATO-Oberbefehlshabers General Lyman Louis Lemnitzer, dessen Pläne für inszenierte Kriegsgründe durch das Northwoods-Dokument inzwischen gut belegt sind. Auch Lemnitzer war der erhoffte Platz in den Geschichtsbüchern als Kriegsherr vom Weißen Haus versagt worden.
Durch den aktuellen Leak nun wurde nicht nur die kriegslüsterne Gesinnung Breedloves transparent, sondern auch dessen laxer Umgang mit sicherheitsrelevanten Informationen. So benutzte der Vier-Sterne-General Googlemail und korrespondierte mit unzuverlässigen Leuten wie Karber. Der etwa kommentiert das Sicherheitsproblem lässig mit ‘Yeah, I’ve been hacked several times’.