Geschäftemachen à la Nature
Die Nutzung von offenen Lizenzen wird teuer
Die Nature Publishing Group (NPG) verlegt einige der prestigeträchtigsten wissenschaftlichen Zeitschriften überhaupt. Diese Woche veröffentlichte sie eine Pressemitteilung, die darauf schließen lässt, dass sich der Verlag auf das Geschäftsmodell des Goldenen Open Access, bei dem Wissenschaftler für das Publizieren von Artikeln Gebühren entrichten, gut einstellen kann. NPG scheint Mittel und Wege zu finden, seine Profitmargen aus der Ära des Subskriptionsmodells, in dem für das Nutzen wissenschaftlicher Literatur entweder direkt vom Wissenschaftler oder stellvertretend durch dessen Bibliothek gezahlt wurde, keiner Gefahr auszusetzen.
Wer künftig seine Open Access Artikel in Journals der NPG unter eine Creative Commons (CC) Lizenz stellen will, die dem Nutzer weiterreichende Verwendungsoptionen eröffnen, muss hierfür, verglichen mit einer Lizenzierung unter restriktiveren Bedingungen, einen deutlichen Aufpreis von bis zu 400 € zahlen , so im Falle einer Publikation in "Bone Marrow Transplantation oder Leukemia",. Davon betroffen ist die Lizenz CC-By, die als Nutzungsbedingung allein die Nennung der Urheberschaft kennt. CC-By ist neben der CC-By-SA die einzige Lizenz der CC-Familie, die den Ansprüchen der Open Definition gerecht wird. Die Open Definition versucht, das Modell der Open Source Prinzipien auf Wissensinhalte und Information jeder Art zu übertragen. Sie fordert, dass Information ohne Restriktionen benutzt (z.B. gelesen, analysiert), weiterverwendet (z.B. neu ausgewertet, modifiziert und mit anderen Daten kombiniert) und weiterverteilt und kopiert, also zur Nutzung durch andere angeboten werden können. Auch eine kommerzielle Verwertung der Informationen muss erlaubt sein.
Die Lizenzierung von Inhalten verschiedener Journals der NPG unter CC-By wird ab Dezember 2012 möglich sein. Bislang konnten Autoren nur zwischen der CC-By-NC (die keine kommerzielle Verwertung der Inhalte durch Nutzer erlaubt) und der CC-By-NC-ND (die weder kommerzielle Verwertung der Inhalte noch die Erstellung abgeleiteter Werke durch Nutzer erlaubt) wählen. Nach Nature-Verlautbarung wird die CC-By-Lizenz ins Portfolio aufgenommen, da verschiedene Forschungsförderorganisationen, darunter der Wellcome Trust und die Research Councils UK (RCUK), Wissenschaftler zusehends dazu zu verpflichten, Publikationen aus geförderten Projekten nicht nur Open Access zu stellen, sondern diese auch unter CC-By zu lizenzieren. Man verspricht sich von der liberalen Lizenz eine leichtere und schnellere Verbreitung und Verwertung wissenschaftlicher Informationen. Inhalte, deren CC-Lizenz kommerzielle Anwendungen verbieten, sind außerdem recht unbeliebt, da Nutzer oft unsicher sind, welche Verwertungen kommerziell im Sinne der CC sind, und daher vorsichtshalber von einer Verwendung absehen.
Bei der Publikation von Open-Access-Inhalten in wissenschaftlichen Verlagen wie NPG leuchtet die Untersagung einer kommerziellen Verwertung durch die "Non Commercial"- Klausel per se nicht ein, da deren Entstehungskosten bereits durch die öffentliche Hand beglichen sind. Ebenso wenig erschließt sich, warum NPG die Verwendung der CC-By-Lizenz höher bepreist als die anderer CC-Varianten, denn wie Open-Science-Befürworter Ross Mounce in einem Blog-Eintrag treffend bemerkt, entstehen durch die Wahl der CC-By-Lizenz keine höheren Produktionskosten.
Bleibt die Erkenntnis, dass die NPG mit den neuen Förderbedingungen anscheinend eine simple Möglichkeit gefunden hat, ihren Gewinn zu erhalten oder gar zu steigern - und ihn sich weiterhin von öffentlichen Geldgebern sichern zu lassen. Wer Karriere machen will, muss in Flaggschiffen wie eben den Journals der NPG publizieren und zugleich Projektmittel einwerben, was ihn wiederum an die Open Access Policies der Förderorganisationen bindet. Prinzipiell haben Wissenschaftler nach den Funding Policies teils auch die Möglichkeit, projektbezogene Publikationen in einem Subskriptionsjournal zu veröffentlichen und zusätzlich auf einem Open Access Repository bereit zu stellen. Allerdings bevorzugen Wissenschaftler, allein schon aus Prestigegründen, meist die direkte Publikation in einem Journal gegenüber der Zweitverwertung eines Werkes auf einem Repository .
Auch aus anderen Gründen ist die Repository-Option für Wissenschaftler oft unattraktiv: Subskriptionsjournale machen sehr häufig äußerst komplizierte Auflagen und untersagen unter anderem die Verwendung der final publizierten Verlagsdatei, erlaubt ist nicht selten nur die Open Access Publikation einer Vorab-Version. Solche Beschränkungen schmälern aber den Nutzen und die Verwendungsmöglichkeiten der Informationen immens. Da Subskriptionsjournals zudem vom Autor bei der Publikation in der Regel den Übertrag der exklusiven Rechte am Text verlangen, erlauben sie die Zweitveröffentlichung auf einem Repository meist allenfalls aus Kulanz. Der Verfügbarmachung eines Werkes, an dem man die ausschließlichen Rechte hat, unter einer so offenen Lizenz wie CC-By dürften die allerwenigsten Verlage zustimmen.