Grohnde ist wieder am Netz
Es soll 2022 als letztes deutsches AKW vom Netz gehen und dann von der möglichen Verstaatlichung des Rückbaus profitieren
Nach einer Routinerevision vor zwei Monaten und Streit um noch ungeklärte Reparaturarbeiten hat Eon sein Atomkraftwerk wieder angefahren. Vorangegangen war eine Kontroverse mit dem niedersächsischen Umweltministerium, das das AKW vom Netz lassen wollte bis die Vorwürfe geklärt worden wären. Die Anti-Atom-Initiative Ostwestfalen Lippe hatte öffentlich gemacht, das Eon einen Riss an einer 30 Jahre alten Armatur nur hatte ausbessern lassen, während sie eigentlich hätte ersetzt werden müssen.
Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel hatte daraufhin die für Mitte Mai geplante Wiederinbetriebnahme des AKWs verzögert. Doch Eon nennt die Behauptungen absurd, die Reparaturarbeiten hätten doch unter Aufsicht der Kontrollbehörden stattgefunden und seien dokumentiert worden. Als die vom Minister eingeschaltete Staatsanwaltschaft Hannover dann erklärte, dass sie kein Verfahren einleiten werde, zog Wenzel sein Veto gegen die Inbetriebnahme zurück.
Aktivisten der Initiative "Grohnde stilllegen" protestieren weiter und kritisieren vor allem die Informationspolitik des Betreibers. Der Reaktor, Baujahr 1985, sei jahrelang Spitzenreiter bei Störfällen gewesen und deren Anzahl sei ein klares Anzeichen für die Systemanfälligkeit. Eon erklärt dagegen, in 29 Jahren habe es keinen einzigen - meldepflichtigen - Störfall gegeben. Dazu braucht es schon sehr viel Understatement, wenn man die Liste der Störfälle am AKW Grohnde liest.
Für Eon hat andererseits der Atomausstieg schon begonnen. Wegen fehlender Rentabilität will der Energiekonzern sein AKW Grafenrheinfeld schon im Frühjahr 2015, früher als von der Politik gefordert, vom Netz nehmen. Deshalb wundert es auch nicht, dass die AKW-Betreiber schon vor einigen Wochen einen ersten Vorstoß in Richtung "Bundesstiftung Rückbau" machten. Denn der wird sehr langwierig werden und voraussichtlich teurer als geplant.
Eon hat für den Rückbau seiner Atomkraftwerke und die schier endlose Lagerung des strahlenden Materials bislang 14,6 Milliarden Euro als Rückstellungen angemeldet, doch die Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag, Bärbel Höhn, warf die Frage auf, ob das überhaupt liquide, für die Stilllegung und den Abriss zur Verfügung stehende Mittel seien oder einfach langfristige Wertpapiere und Investitionen in laufende Geschäfte.
Wolfram König vom Bundesamts für Strahlenschutz sprach deshalb von der Notwendigkeit, die Sicherheitskultur und Überwachung auf hohem Niveau fortzuschreiben, denn die Unternehmen würden unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht vor der Frage Halt machen, ob sie angesichts des Laufzeitendes nicht doch an Personal und Nachrüstung sparen sollten.