Grüne wollen nicht mehr gehasst werden
Gedankenverbrechen sollen härter verfolgt werden
Der grüne Politiker Özcan Mutlu hat einen seltsamen Humor: Auf der Mitgliederversammlung der Berliner Grünen betonte er unter großem Beifall seine Solidarität mit „Freund Deniz Yücel“, der seit Wochen wegen Gedankenverbrechen in der Türkei als „Terrorist“ inhaftiert wurde. Doch diese noble Geste hinderte ihn nicht daran, wie Diktator Erdogan ein konsequentes Vorgehen gegen Gedankenverbrechen zu forcieren. So forderte der Hardliner für die Stadt der „Berliner Schnauze“ einen Sonderstaatsanwalt für Hatespeech. Was Yücel, der von seinem Recht auf Meinungsfreiheit offensiven Gebrauch macht, von Mutlus preußischen Drillträumen hält, ist nicht bekannt.
Mutlus taktisches Verhältnis zur Pressefreiheit ist nichts Neues. So ließ der Politiker 2011 den Focus abmahnen, weil dieser unschicklich über Mutlus Rolle bei Immobiliengeschäften berichtet hatte. So hatte sich der Grüne für einen Milliardär verwandt, seinem Anwalt zufolge jedoch keinen wirtschaftlichen Vorteil hieraus gezogen. Wegen seiner Selbstlosigkeit hatte Mutlu seine Tätigkeit nicht bei der Berliner Senatsverwaltung angeben müssen.
Ein weiterer tugendhafter Grüner, Thüringens Justizminister Dieter Lauinger, will noch vor der Bundestagswahl ein Gesetz gegen Hatespeech verabschieden und sich hierfür Bundesjustizminister Heiko Maas geschmeidig machen. Der will die Betreiber sozialer Netzwerke per Gesetz zu einem härteren Vorgehen gegen Hasskommentare zwingen. Während es durchaus sinnvoll wäre, die Plattformen zur Deanonymisierung von Hetzern zu bewegen, führt die geplante Haftung der Betreiber jedoch unweigerlich zu induzierter Zensur.
Bereits im Herbst schlug Hamburgs grüner Justizsenator Till Steffen vor, "Shitstorms" künftig als "bandenmäßige Straftaten" zu bestrafen, wenn darin "illegale Inhalte" vorkommen. Wenn die Grünen mit gutem Beispiel vorangehen, steht ein sehr braver Bundestagswahlkampf ins Haus. Einen Gegenentwurf zu grünen Harmonie-Dekreten bietet der Kanzlerkandidat der PARTEI Serdar Somuncu.