Gute Zusammenarbeit
Die Einbindung der rechten Szene in das Wachschutzgewerbe sowie die Zusammenarbeit zwischen Security-Firmen und Bundeswehr ist offenbar intensiver als vermutet
Der Telepolis-Artikel Rechter Traumjob: Wachschutz thematisierte u. a. die Verbindung zwischen der Neonazi-Szene und Sicherheitsdienstleistern, z. B. beim Fußball oder im Bundesland Brandenburg. Dort sollen etwa 100 von insgesamt mehr als 1.000 registrierten Neonazis bei Wachschutzunternehmen angestellt sein. Doch das scheint nur die Spitze des Eisbergs zu sein. Festival-Veranstalter beklagen in Diskussionsforen im Internet, dass es z.B. in Thüringen schwierig sei, ein Kultur-Festival abzusichern. Mit den dort ansässigen Security-Firmen sei das quasi ein Ding der Unmöglichkeit, weil in allen bekannten Firmen Nazis in Lohn und Brot stünden.
Auch in Thüringen "schützen" die scheinbar von Nazis durchsetzten Sicherheitsdienste z. B. Flüchtlingsunterkünfte. Dabei bietet, bzw. bot die schlechte Lage dieser Heime die Möglichkeit für einen kleinen Nebenverdienst: Im Lager Jena-Forst, das mitten im Wald, völlig abgeschieden und Kilometer weit von der Jenaer Innenstadt lag, boten die Wachmänner den Flüchtlingen einen Fahrdienst z. B. für Einkäufe an. Diese Gefälligkeit ließen sie sich mit 1.- € pro Einzelfahrt vergüten. Es ist nicht anzunehmen, dass dieses Zubrot mit dem Arbeitgeber abgerechnet wurde … Wie aber ist es möglich, dass behördlich bekannte Neonazis an solche Jobs kommen? Die Antwort gibt der Sicherheitsexperte Alexander B. Krause in einem Interview in der Märkischen Allgemeinen vom 14.2.2013:
"... es gibt eine Bewachungsverordnung, die klipp und klar sagt, dass nur als zuverlässig eingestufte Personen in Sicherheitsdiensten arbeiten dürfen. Und als zuverlässig gilt dem Gesetz nach nicht, wer gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung ist oder Mitglied einer rechtsextremen Partei oder Gruppierung ist … Da sind die Ordnungsämter gefragt. Sie haben die Möglichkeit, beim Verfassungsschutz eine Abfrage zu starten, ob ein Mitarbeiter in der Datenbank Nadis registriert ist … Es gibt eine Zahl, die nicht dementiert wird und die eigentlich alles sagt: In Brandenburg wurden zwischen 2002 und 2011 auf diese Weise von Ordnungsämtern ganze sieben Personen überprüft. Und das bei 15 000 Leuten, die in diesem Zeitraum in der Sicherheitsbranche gearbeitet haben."
Auf die Frage, warum Wachschutzunternehmen, von denen bekannt ist, dass sie Nazis beschäftigen, trotzdem von den Behörden engagiert werden, gibt Krause einen ganz einfachen Grund an: "Am Ende zählt auch hier allein der Preis." Das deckt sich mit den Erfahrungen des in dem Telepolis-Artikel erwähnten Insider, dass er mehrfach erlebte, dass Unternehmen, die ihren Mitarbeitern übertarifliche Löhne zahlen, in Ostdeutschland auf der Strecke blieben, weil ihre Angebote von der NPD unterboten wurden.
Auch ist die in dem Artikel erwähnte Bewachung militärischer Objekte durch private Security-Firmen keine "Einbahnstraße". Die Bundesagentur für Arbeit fördert in Kooperation mit dem Berufsförderungsdienst der Bundeswehr (BFD) den Einstieg von Zeitsoldaten in das Berufsleben, auch im Bereich des Wachschutzes. Seit Februar 2010 ist allerdings "die Förderung von Tätigkeitsschwerpunkten wie z. B. Personenschützer oder Sicherheitskontrolleur von einer Förderung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) ausgeschlossen, soweit diese Schulungen nicht mit einer entsprechenden Prüfung vor einer Industrie- und Handelskammer enden".
Schulungen von künftigem Wachpersonal im Rahmen der Eingliederung von Erwerbslosen und auch Zeitsoldaten in die private Sicherheitsfirmen bietet u.a. die "Bodyguard Akademie" an. Diese darf sich "zugelassener Träger für die Förderung der beruflichen Weiterbildung" nach dem Recht der Arbeitsförderung bezeichnen. Die Bodyguard Akademie Gifhorn erhielt die Möglichkeit, "den Standortübungsplatz Wesendorf im Landkreis Gifhorn seit August 2007 bis Dezember 2010 gegen Entgelt" zu nutzen. Das ergab eine Kleine Anfrage der Abgeordneten der Linkspartei Christine Buchholz, Inge Höger und Jan van Aken vom 29.11.2010. Von der Bodyguard Akademie Lübeck ist bekannt, dass dort ehemalige Bundeswehrsoldaten fort- bzw. weitergebildet und zu Kampfeinsätzen im Irak vermittelt wurden. Das berichtete laut Buchholz, Höger und van Aken die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am 21. Mai 2007 (Nr. 116, S. 9).
Bei der offensichtlichen Verquickung von Neonazis und Wachdiensten, diese wiederum eng verbunden mit der Bundeswehr plus den bekannten rechten Umtrieben bei "der Truppe", stellt sich noch einmal mehr die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Waffen- und Sprengstoffdiebstählen bei der Bundeswehr und selbigen Funden bei Durchsuchungen von Wohnungen oder Clubs in der Rechten Szene, bzw. deren Einsatz bei Anschlägen und Übergriffen. Die Bundeswehr hält sich mit Informationen über solche Diebstähle sehr bedeckt, die Rede ist dann von "Verlusten". Verschiedene Bundestagsabgeordnete kündigten an zu versuchen, mittels Kleiner Anfragen an die Bundesregierung etwas Licht in dieses Dunkel zu bringen.