Hardcore-Dschihadist mit amerikanischem Gütesiegel

Der Fall Abu Muhammad al-Maqdisi oder wie man seine Credits beim Feind holt

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

In Deutschland ist Abu Muhammad al-Maqdisi wahrscheinlich nur Stammlesern von Memri bekannt. Im bekanntesten deutschen Online-Nachschlagewerk für die islamistische Bedrohung wird er in einer Fußnote (3) zu einer Artikelübersetzung aus dem Herbst 2005 als einer der "gegenwärtig einflussreichsten islamistischen Ideologen" bezeichnet. Zu erfahren ist außerdem, dass der Jordanier al-Maqdisi der Mentor des al-Qaida-Terroristen Sarkawi war, um dessen Existenz und Taten sich viele, teils unglaubliche Geschichten rankten, so dass es immer wieder Stimmen gab, die Sarkawi für ein Phantom, für eine bloße Erfindung der Amerikaner hielten.

Einen Teil dieser amerikanischen Schaffenskraft, die sich beim Ruhm seines angeblichen Schützlings zeigte, will Abu Muhammad al-Maqdisi nun auch für sich reklamieren. In den USA hat er nämlich einen Ruf als hartgesottener Gotteskrieger. Vor Jahren schon wurde er als Verfasser eines so gewalttätigen Dschihad-Buches gerühmt, das sich selbst Osama Bin Laden weigerte, es in Umlauf zu bringen. Und der "Militant Ideology Atlas" des Jahres 2008 aus West Point bezeichnet ihn als "den zeitgenössischen Ideologen im intellektuellen Universum des Dschihad". Das hat al-Maqdisi gelesen und offensichtlich noch mehr Fachliteratur: "Abu Muhammad al Maqdisi: Ein Anti-Terror-Trumpf?" aus der amerikanischen Anti-Terror-Akademie, nämlich die differenziert begründete Auffassung, wonach sich al-Maqdisi im Anti-Terrorkampf nicht instrumentalisieren lasse: "Seine Gedanken, gleichwohl sie kritisch gegenüber Exzessen unter Dschihadisten sind, haben immer schon Gewalt gegen Regierungen in der muslimischen Welt wie im Westen unterstützt". Al-Maqdisi sei deshalb ein schlechter Kandidat, um andere zu beschwichtigen, damit sie ihre radikalen Ideen aufgeben.

Genau diese Credits hat der Mann anscheinend nötig. Weil er in heimischen Dschihadisten-Kreisen als "softie" gilt, nachdem er Selbstmordattentate, die zahllose Opfer auch unter Muslimen forderten, nicht mehr ohen Einschränkungen unterstützen mochte. Da er infolgedessen beim Nachwuchs nicht mehr als respektabler "hardcore"-Gotteskrieger anerkannt wird, soll Maqdisi in Internetpostings auf die Expertise des Combating Terrorismus Center in West Point hingewiesen und daraus zitiert haben. Der Feind würde ihn besser verstehen, so Maqdisi, als die eigenen Leute, deren Anschauungen und Überzeugungen auf ziemlich niedrigen Niveau angesiedelt seien.

Maqdisi sei kein Einzelfall, kommentierte dazu die Dschihad-Watch-Seite Jihadica (siehe Wie kommt man ins Maul des Drachen?) gestern. Der eigenartige "stumme Dialog" zwischen den Dschihadisten und den Gotteskrieger-Experten auf westlicher Seite ist anscheinend größer als erwartet.