Hongkong - die nächste Runde
Demonstrationen als Wochenendbeschäftigung für Hongkonger Bürger. China verbittet sich Einmischung; Merkel ruft zur Zurückhaltung auf
Nachdem am Montag die meisten Demonstrationen - nicht zuletzt auf deutlichen Druck der Hongkonger Stadtverwaltung - beendet wurden, flammten sie rechtzeitig zu diesem Wochenende wieder auf, wenn auch bislang in deutlich reduziertem Umfang mit geschätzten 7000 Teilnehmern.
Nachdem ein erstes Treffen mit der stellvertretenden Regierungschefin Carrie Lam und Vertretern der Demokratiebewegung von letzteren abgesagt worden war, wurde für den vergangenen Freitag ein zweiter Gesprächstermin festgelegt. Dieser wurde dann jedoch von der Stadtverwaltung in Hongkong abgesagt, weil sie das geplante Treffen als nicht erfolgversprechend einschätzte.
Zuvor hatten Vertreter der Demonstranten mit einer Ausweitung der Proteste gedroht, sollte die Regierung nicht einlenken. Mancher Demonstrant rückte aufgrund des absehbaren Stillstands mit seinem Zelt an und weckte Erinnerungen an andere Protest-Zeltlager.
Die der Kommunistischen Partei nahestehende Zeitung People's Daily stellte da gleich Verbindungen zwischen Occupy Central und den von den USA unterstützten "Farbenrevolutionen" her und warf den USA direkt vor, unter dem Deckmantel von Pro-Demokratie-Bewegungen gegen Regierungen vorzugehen, die ihnen nicht gefallen.
Im Detail wird den Anführern von Occupy Central vorgeworfen, sich mit Louisa Greve einer Vize-Präsidentin des US-amerikanischen Demokratisierungsförderers National Endowment for Democracy (NED) getroffen zu haben. Greve werden zudem auch Kontakte zur Unabhängigkeitsbewegung in Tibet und dem East Turkestan Islamic Movement unterstellt.
Mit diesem Rundumschlag schreibt man die Verantwortung für drei der derzeit virulentesten Unruheherde im Reich der Mitte direkt den USA zu.
Vor dem Hintergrund solcher Anschuldigungen verwundert es nicht, wenn Occupy Central sich an diesem Wochenende eher zurückhielt und die Bühne den Aktivisten Studentenorganisation Scholarism überließ, die einen offenen Brief an Präsident Xi Jinping mit ihren Forderungen publizierten.
Die chinesische Regierung in Beijing besteht darauf, dass es sich bei den Protesten in Hongkong um eine eindeutig innerchinesische Angelegenheit handelt und verbittet sich Aktivitäten fremder Staaten in diesem Zusammenhang. Obwohl in Deutschland erwartet wurde, dass das Thema Hongkong beim Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang zur Sprache kommt, hielt sich die deutsche Seite wohl mit Rücksicht auf die zahlreichen zur Unterschrift vorliegenden Verträge mit Äußerungen zu Hongkong jedoch weitgehend zurück.
Die Deutsche Welle gibt eine der wenigen einschlägigen Aussagen der deutschen Kanzlerin wie folgt wieder:
Im Vorfeld des Treffens hatte die Kanzlerin die chinesischen Sicherheitskräfte bei den Protesten zu Zurückhaltung aufgerufen.
Wer die Strukturen der chinesischen Hierarchien ein wenig näher kennt, reibt sich bei solchen Empfehlungen natürlich verwundert die Augen. Wenn Wirtschaftsminister Gabriel bei der Eröffnung des deutsch-chinesischen Wirtschaftsforums in Berlin eine "Partnerschaft auf Augenhöhe" anmahnt, hat die deutsche Seite wohl doch noch ein wenig Lernbedarf. Die Personen für die drei höchsten politischen Ämter können übrigens auch in Deutschland nicht direkt vom Volk gewählt werden.