Irland erhält teure 85 Milliarden Euro
Für die Bankenhilfe muss das Land durchschnittlich 5,8% Zinsen bezahlen und auch die Rentenkassen werden geplündert
Eigentlich sollte alles per Telefon abgehandelt werden, aber schließlich reisten die Finanzminister doch nach Brüssel, um die Irland-Nothilfe zu verabschieden. Am späten gestrigen Abend gab der Präsident der Eurogruppe, der Luxemburger Premierminister Jean-Claude Juncker, den erwarteten Beschluss offiziell bekannt: Erwartungsgemäß erhält Irland mit 85 Milliarden Euro eine Summe, die zwischen 80 und 100 Milliarden liegt.
Dublin will 17,5 Milliarden Euro davon selbst aufbringen, wofür die Rentenkassen geplündert werden. Die übrigen 67,5 Milliarden kommen zu gleichen Teilen (je 22,5 Milliarden) von der EU-Kommission (EFSM) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF), dazu kommen vom Euro-Rettungsschirm weitere 17,5 Milliarden, die durch bilaterale Kredite aus Großbritannien (3,8 Milliarden), Schweden (0,6 Milliarden) und Dänemark (0,4 Milliarden) ergänzt werden. Großbritannien ist deswegen stark beteiligt, weil dessen Banken besonders stark von einer Irland-Pleite in Mitleidenschaft gezogen würden.
50 Milliarden Euro sollen angeblich direkt für die Sanierung des Staatshaushaltes verwendet werden. Zehn Milliarden fließen sofort in die maroden Banken und weitere 25 Milliarden werden als Reserve vorgehalten, weil zu erwarten ist, dass die abgestürzten und verstaatlichten Privatbanken weiteres Geld brauchen werden. Dass angeblich der Großteil in den Staatshaushalt fließen soll, darf als bewusste Vernebelung verstanden werden, denn das Defizit von 14,6% im vergangenen Jahr und die erwarteten 32% in diesem Jahr, entstanden über die immer teurer werdende Bankenrettung.
Dass die Hilfen an strenge Auflagen geknüpft sind, wie bisweilen getitelt wird, muss ebenfalls mit Vorsicht genossen werden, denn Irland bleibt für Unternehmen weiterhin ein Steuerparadies. Die sehr günstige Körperschaftssteuer von 12% wird nicht erhöht. Bluten muss die einfache irische Bevölkerung über lange Jahre, um diese neuen Schulden zurückzubezahlen.
Besonders bestraft wird die einfache Bevölkerung zudem mit hohen Zinsen, die durchschnittlich 5,8% betragen werden. Wegen des Streits über die Zinshöhe traten die Minister gestern direkt in Brüssel zusammen, denn es geisterten sogar Zahlen im Bereich von noch unbezahlbareren 6,7% durch die Verhandlungsräume. Noch immer ist völlig unverständlich, warum Irland, wo lange recht vernünftig gehaushaltet wurde, sogar 0,6% höhere Zinsen abverlangt werden als Griechenland. Man könnte mutmaßen, die Tatsache, dass es bisher in Irland nicht zu Generalstreiks und Auseinandersetzungen wie in Griechenland kam, führt in Brüssel zu der Haltung, die Bevölkerung besonders hart zur Kasse bitten zu können.
Das Kreditprogramm soll über drei Jahre laufen. Doch glaubt wohl niemand ernsthaft, dass Irland diese Kredite in dieser Zeit zurückzahlen kann. Daran ändert nichts, dass das Land in den nächsten vier Jahren weitere 15 Milliarden einsparen will. Man muss nur kurz nachrechnen, um festzustellen, dass diese Einsparung nicht einmal ausreicht, um die Zinsen für die neuen Schulden zu bezahlen. Dass damit die wirtschaftliche Erholung abgewürgt wird, es also zu Steuerausfällen und höhere Kosten für die Sozialkassen anstehen, ist hier nicht einmal berücksichtigt. Klar ist, dass nun eine unglaubliche Umverteilung vorgenommen wird, wofür sogar die Rentenersparnisse der einfachen Bevölkerung herangezogen werden.
Dass die Konservativen über diese Krise stürzen und nun Neuwahlen ankündigen, macht den Vorgang nicht demokratischer. Ein solches Paket sollte von einer Regierung beschlossen werden, die noch demokratische Legitimität hat, schließlich werden riesige Posten im Haushalt über viele Jahre festgelegt. Was die Bevölkerung von immer neuen Sparplänen, Steuererhöhungen und Einschnitten ins Sozialsystem hält, machten Zehntausende am Samstag in der irischen Hauptstadt deutlich. Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft SIPTU, Jack O'Connor, erklärte in Dublin, dass über die Nothilfe nicht Irland gerettet würde, sondern "die Leute an den Spitzen von Banken in Frankreich und Deutschland".