Italien fliegt "Sensenmann" gegen Migranten und die Mafia
Zur Abwehr unerwünschter Migration setzt die Marine moderne Drohnen ein. Flüge finden über hoheitlichem Gewässer statt, für das Italiens Fluglotsen zuständig sind
Italien setzt seine modernen Drohnen des Typs "Reaper" ("Sensenmann") über dem Mittelmeer ein. Das berichtet das Nachrichtenportal Defense News, allerdings ohne eine Quelle zu nennen. Demnach fliegen die Drohnen von Basen in Amendola (Apulien) und Sigonella (Sizilien) in schon früher eingerichteten Korridoren. Laut dem Bericht wurden auf diese Weise bereits Ermittlungen gegen die Mafia unterstützt. Die gegenwärtigen Flüge finden innerhalb einer umstrittenen Operation gegen unerwünschte Migranten statt, die Anfang Oktober als Reaktion auf Hunderte Tote vor Lampedusa gestartet wurde. Eigentlich ist für den Grenzschutz die Guardia di Finanza zuständig, nun wird aber das Militär geschickt ( Mare Nostrum oder: Ihr habt hier nichts zu suchen!).
Italien verfügt über mindestens sechs "Reaper" des US-Herstellers General Atomics. Schon von der älteren Baureihe, der "Predator" ("Raubtier"), hatte das Militär vier Stück beschafft. Bei der Nachbestellung war von einem Einsatz auch für den "Heimatschutz" die Rede. Die "Reaper" verfügt über bessere Überwachungstechnik als das Vorgängermodell und kann höher fliegen. Bislang tragen die Drohnen keine Raketen. Letztes Jahr kursierten Berichte, wonach die USA die nachträgliche Bewaffnung befürworten.
Die nun eingesetzten Drohnen werden sowohl auf Sicht als auch per Satellitennavigation gesteuert. Sie kreisen bis zu 20 Stunden auch über internationalen Gewässern. Dort sind so genannte Fluginformationsgebiete eingerichtet, die von italienischen Fluglotsen kontrolliert werden. Nur bei gravierenden Änderungen im internationalen Luftverkehr müssen Organisationen wie Eurocontrol, die EU-Luftfahrtagentur EASA oder die internationale Luftfahrtorganisation ICAO einbezogen werden. Dies sei laut dem Bericht aber nicht zu erwarten.
Lediglich wenn Fluginformationsgebiete genutzt werden, für die Tunesien, Libyen oder Ägypten zuständig sind, müssen Genehmigungen eingeholt werden. Im Falle Libyens dürfte dies kein Problem sein: Die beiden Länder hatten kürzlich ein weiteres Abkommen zur Zusammenarbeit gegen unerwünschte Migranten geschlossen, das sich vor allem auf die Überwachung der Küsten bezieht ( Drohnen vor Libyen und Tunesien). Eine "Predator" wird zudem in einem EU-Forschungsprojekt unter spanischer Leitung auf ihre Eignung zur Unterstützung der Migrationskontrolle vor Marokko getestet.
Gewöhnlich ist die "Reaper" mit einem sogenannten "Synthetic Aperture Radar" ausgestattet, das auch nachts oder bei schlechtem Wetter hochauflösende Bilder liefert. Zur Ausrüstung gehören laut dem Bericht auch elektro-optische Sensoren, Radar und Infrarottechnik. Ziele können per Laser markiert werden. Militärs nutzen die Einsätze gegen Migranten laut "Defense News" nun zur Forderung einer Nachrüstung mit einem maritimen Radar. Diese sind zur Erkennung kleiner Ziele auf dem Wasser optimiert.
Im sizilianischen Sigonella, wo die "Reaper" beheimatet sind, betreibt die US-Armee ebenfalls mehrere Basen. Im Rahmen der NATO sollen dort mehrere Aufklärungsdrohnen des Typs "Global Hawk" stationiert werden ( Auch NATO-Drohnen fehlt der automatische Kollisionsschutz). Seit 2010 fliegt die US-Luftwaffe dort zwei eigene "Global Hawk" zur maritimen Aufklärung, die auch von Deutschland aus gestuert werden. Der Hersteller der "Global Hawk" hatte im September angekündigt, dass die US-Marine die Überwachungsflüge über dem Mittelmeer verdoppeln will. Ob damit auch Migranten aufgespürt werden, ist allerdings nicht bekannt.
Die zunehmende Aufrüstung des Mittelmeers dient zuallerletzt der Rettung Schiffbrüchiger. Vielmehr sollen abfahrende Boote noch in nordafrikanischen Gewässern aufgespürt und zur Umkehr gezwungen werden. Um das tödliche Risiko einer solchen Überfahrt zu mindern hat sich letztes Jahr das Projekt "Watch the Mediterranean Sea" gegründet. Eine interaktive Karte sammelt Daten zu geografischen Verantwortlichkeitsbereichen für die Seenotrettung und dokumentiert Einsätze von EU-Grenzpatrouillen oder nationalen Küstenwachen. So soll nachvollzogen werden, wenn Behörden nachweislich Hilfe unterlassen oder die Flüchtlinge wie im Falle Spaniens sogar vorsätzlich verletzen und töten ( Mittelmeerländer weigern sich, die EU-Grenzagentur FRONTEX auf Menschenrechte zu verpflichten).