Jede Menge Windstrom

Hohe Windstärken sorgen für Sandstürme im Rheinland und machen Kohlekraftwerke arbeitslos

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Tief "Kirsten" hat gestern und heute für viel Wind und Regen gesorgt und den Anwohnern des Tagebaus Garzweiler 2 im Rheinland besonderen Ärger beschert. Der Sturm wirbelte so viel Staub aus dem Tagebau auf, dass die nahegelege Autobahn A44 wegen schlechter Sicht gesperrt werden musste.

Der Verkehr wurde umgeleitet und hätte eigentlich über die L277 geführt werden müssen. Diese hatte bis vor kurzem Keyenberg und andere Dörfer als Dorfumgehung und als letzte Barriere gegenüber der Tagebaugrube gedient.

Doch Anfang August hatte RWE unter Mitwirkung der Polizei und unter Protest der Anwohner begonnen, die Straße aufzureißen und zu entfernen. Das Ergebnis: Der Autobahnverkehr einschließlich vieler LKW musste nun direkt durch die Dörfer geleitet werden, wie hier und hier auf Twitter dokumentiert wurde.

Landesweite Stromproduktion in dieser Woche aufgeschlüsselt nach Kraftwerksarten. (Bild: Fraunhofer ISE )

Derweil sorgt der Wind zurzeit für reichlich Grünstrom im Netz. Insbesondere am Mittwoch um die Mittagszeit deckten Wind, Sonne, Wasserkraft und Biomasse für mehrere Stunden deutlich über 80 Prozent des deutschen Strombedarfs. Kohlestrom wurde ganz an die Wand gedrückt, wobei die Steinkohlekraftwerke ohnehin kaum noch zur Versorgung beitragen.

Ein Blick auf die Stromproduktion in dieser Woche, den die obige Grafik des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (Fraunhofer ISE) bietet, lässt erahnen, welche Herausforderungen für den Umbau der Stromversorgung angegangen werden müssen: Es wird langsam Zeit für Speichertechnologien.

Donnerstag um 12 Uhr betrug der Anteil der erneuerbaren Energieträger an der landesweiten Produktion beachtliche 82,6 Prozent (52,9 Prozent wurden allein von der Windenergie abgedeckt), aber am Tag zuvor waren es um 6 Uhr morgens nur 23 Prozent.

So früh am Morgen ist der Bedarf noch vergleichsweise gering, aber auch in einer solchen Situation wären die Gaskraftwerke, die ansonsten die beste, weil flexibelste, Ergänzung zu den Erneuerbaren sind, mit ihren knapp 30 Gigawatt installierter Leistung nicht vollständig in der Lage gewesen, die Nachfrage abzudecken. Es wäre ohne Kohle- und Atomkraftwerke eine Lücke von vier bis fünf Gigawatt geblieben.

Speicher nötig

Wie kann man diese auffüllen? Zum einen natürlich durch den weiteren Ausbau der Windkraft. Gäbe es mehr Kapazitäten, wäre natürlich auch bei schwachem Wind das Angebot noch größer. Irgendwann sind allerdings die Kapazitäten so groß, dass sie zu Spitzenzeiten mehr Strom liefern, als aktuell benötigt wird. Dann müssen Wege zur Speicherung gefunden werden.

Das ist zum anderen auch die Antwort auf dunkle und windarme Zeiten. Am besten, weil am verlustärmsten sind noch Batterien. Die Ladezeiten der Batterien der auch in Deutschland langsam eingeführten Elektrobusse (z.B. in Hamburg, Münster, Castrop-Rauxel oder Berlin) müssten zum Beispiel nach Möglichkeit an das Stromangebot von Wind und Sonne angepasst werden.

Dann gibt es natürlich noch die klassischen Pumpspeicherwerke, die Wasser mit überschüssigem Strom hochpumpen und bei Bedarf mit ihm Turbinen wie in einem Stausee antreiben. Aber Deutschland ist ziemlich dicht besiedelt und zudem im Norden zu flach. Die Möglichkeit, weitere Pumpspeicher zu bauen, ist daher sehr begrenzt.

Bleibt noch die Herstellung von Wasserstoff per Elektrolyse mit überschüssigen Wind- und Sonnenstrom. Der Wasserstoff könnte dann dem Erdgas beigemischt und in Gaskraftwerken verbrannt werden.

Vorteil: Die Gasinfrastruktur ist bereits vorhanden. Es müssten nur einige neue Gaskraftwerke gebaut werden, am besten als kleine Kraftwärmeanlagen, um zugleich die Emissionen aus den vielen Heizungen zu minimieren. Nachteil: Bei der Umwandlung geht rund die Hälfte der Energie verloren.