Julian Assange muss in Ecuadors Botschaft in London bleiben
Schwedisches Gericht lehnt Aufhebung eines Haftbefehls ab
Der Mitbegründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, Julian Assange, wird weiterhin in der Ecuadorianischen Botschaft in London bleiben müssen. Am späten Nachmittag hat ein Stockholmer Gericht nach mehrstündigen Beratungen den Antrag von Assanges Anwälten Thomas Olsson und Per Samuelson abgelehnt, einen seit vier Jahre bestehenden Haftbefehl gegen den 43-Jährigen aufzuheben. Assange hatte sich am 19. Juni 2012 in die Botschaft des südamerikanisches Landes geflüchtet, nachdem ein britisches Gericht seine Auslieferung nach Schweden erlaubt hatte.
Schwedens Justiz wirft Assange vor, sich im August 2010 an zwei Frauen sexuell vergangen zu haben. Der Beschuldigte bezeichnet diese Vergewaltigungsvorwürfe als konstruiert und sieht in der beantragten Auslieferung einen juristisch-politischen Winkelzug. Er solle zunächst nach Schweden und dann in die USA ausgeliefert werden.
Die US-Justiz und die Regierung wollen des Internetaktivisten habhaft werden, weil er für die Veröffentlichung von Geheimdokumenten über die Kriege in Irak und Afghanistan verantwortlich gemacht wird. Die Enthüllungsplattform Wikileaks hatte insgesamt gut 250.000 geheime diplomatische Depeschen publiziert.
Bei der Anhörung in Stockholm heute ging es im Wesentlichen um zwei Fragen. Zum einen setzten Assanges Verteidiger Olsson und Samuelson darauf, den Haftbefehl angesichts des nunmehr zweijährigen Zwangsaufenthaltes in der ecuadorianischen Botschaft in London als unverhältnismäßig anzufechten. Zum anderen argumentierten sie, dass Assange jederzeit auch in der diplomatischen Vertretung verhört werden könne. Beiden Argumenten schenkte das Gericht kein Gehör.
Richterin Lena Egelin wies die Interpretation des Botschaftsexils als Freiheitsentzug zurück. Es sei schließlich Assanges eigene Entscheidung gewesen, sich in die Vertretung zu flüchten. Staatsanwältin Ingrid Isgren lehnte ihrerseits eine Vernehmung des Beschuldigten in der Londoner Botschaft Ecuadors ab. Dies sei zu aufwändig, weil eine nicht absehbare Anzahl von Sitzungen nötig sei. Zudem könne man Assange in London nicht dazu zwingen, eine Speichelprobe zum DNA-Abgleich mit Beweismitteln abzugeben.
Assange selbst hatte das Ringen um den schwedischen Haftbefehl nur als ein Teil des Kampfes um seine Freiheit bezeichnet. Verteidiger Olsson hielt sich im Vorfeld in der Frage bedeckt, ob sein Mandant bei einer Aufhebung des Auslieferungsgesuchs die Botschaft verlassen könne. Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño und Präsident Rafael Correa hatten dem Wikileaks-Mitbegründer mehrfach zugesichert, dass er weiter in den Räumen der diplomatischen Vertretung bleiben könne.
Die Anwälte von Julian Assange wollen gegen die heutige Gerichtsentscheidung Berufung einlegen.