Kinderschutz-Organisationen distanzieren sich von "Tatort Internet"
Angeblich wurden Mitarbeiter unter Vorspiegelung falscher Tatsachen vor die Kameras gelockt
Die Deutsche Gesellschaft für Prävention und Intervention bei Kindesmisshandlung und -vernachlässigung (DGfPI) hat sich zusammen mit den Vereinen Dunkelziffer und Kibs von der RTL-2-Sendung Tatort Internet "in aller Deutlichkeit" distanziert. In einer gemeinsamen Stellungnahme kritisieren sie die Sendung als so "reißerisch und vorurteilsstärkend", dass sie nicht dem Schutz von Kindern diene: "Insbesondere der Umgang mit dem Thema sexualisierte Gewalt erfordert einen sensiblen, respektvollen und transparenten Umgang auf allen Ebenen. [...] Wir bedauern sehr, dass gerade zu diesem Thema mit diesen höchst fragwürdigen journalistischen Methoden gearbeitet wird."
Juristen wie Thomas Stadler hatten angemerkt, dass in Tatort Internet "möglicherweise auf beiden Seiten der Kamera Straftaten begangen" werden. So verstoßen beispielsweise heimliche Aufnahmen nicht öffentlich gemachter Äußerungen ebenso gegen den Paragrafen 201 StGB wie deren Verwendung. Zudem scheint es, als ob heimlich Gefilmte unter Androhung von Gewalt am Verlassen des Drehorts gehindert und zum Auspacken von Taschen gezwungen worden sein könnten, was die Tatbestände der Nötigung und der Freiheitsberaubung erfüllen würde.
Hintergrund sind neben der Machart der Sendung aber auch Vorwürfe, dass Mitarbeiter der betroffenen Vereine unter falschen Angaben für Stellungnahmen vor die Kamera gelockt und "manipuliert" wurden. Dafür spricht, dass - wie Recherchen von Telepolis ergaben - offenbar auch die Fernsehzeitschriften von RTL 2 mit Material gefüttert wurden, das eine völlig andere Sendung beschreibt.
Angeblich hat die Produktionsfirma Diwafilm den Beteiligten auf rechtlichen Druck hin mittlerweile zugesichert, die Aufnahmen nicht zu verwerten. Im Spiegel bestritt Diwa-Sprecher Daniel Harrich aber, dass die Vertreter der Kinderschutzverbände mit falschen Aussagen vor die Kamera gelockt worden seien. Das geschnittene Material hätte man ihnen nur deshalb nicht wie versprochen vorgelegt, weil es noch nicht fertig gewesen sei. Und die nun an die Öffentlichkeit gelangten Aussagen der Kinderschutzvereine betrachte er als "verleumderisch und schädlich für die Opfer, denn statt geschlossen hinter den Interessen der Opfer von sexuellem Missbrauch zu stehen, schlagen die drei Organisationen den Opfern ins Gesicht".