Kohle: Proteste gegen späten Ausstieg
Kohleausstiegsgesetz der Regierung kommt bei den Klimaschützern gar nicht gut an
Heute Vormittag wird im Bundestag abschließend über den Ausstieg aus der Kohle abgestimmt. Schon am Mittwoch gab es verschiedene Protestaktionen unter anderem auch in Magdeburg. In Berlin wurde zum Beispiel für mehrere Stunden die SPD-Bundeszentrale blockiert. Greenpeace verhüllte derweil ebenfalls in der Hauptstadt die CDU-Zentrale mit einem gigantischen schwarzen Tuch. Bundeswirtschaftsminister Altmaier (CDU) wurden "dreckige Geschäfte" mit der Kohleindustrie und das Verwenden von Steuergeldern für eine "Technologie von gestern" vorgeworfen.
In Leipzig traf es hingegen die örtliche SPD, die von den dortigen Extinction-Rebellion-Aktivisten blockiert wurde. Nach deren Angaben hatte die Leipziger SPD-Abgeordnete Daniela Kolbe in einem Telefonat den Umweltschützern mitgeteilt, dass sie für das Gesetz stimmen wolle und einen Gesprächstermin für nächste Woche also nach der entscheidenden Bundestagssitzung angeboten. In der sächsischen Landeshauptstadt Dresden demonstrierten unterdessen Anwohner der Tagebaue. Mit dabei war auch der Serbski Sejm, die Vertretung der in Brandenburg und Sachsen lebenden Sorben.
Kritisiert wird vor allem der späte Ausstiegstermin 2038 bzw. 2035, wenn sich die Bundesregierung zu Letzterem später entscheiden sollte. Aber auch die vorgesehene massive Entschädigung, die den Braunkohlekonzernen RWE (Rheinland) und Leag (Ostdeutschland) mit 4,35 Milliarden Euro einen vergoldeten Kohleausstieg bescheren soll, ist bei Umweltschützern wenig gelitten.
Das wären übrigens pro Beschäftigten gut 210.000 Euro. Die könnte man diesen eigentlich auch direkt auszahlen und die Kraftwerke sofort schließen. Gebraucht wird der Braunkohlestrom eigentlich nicht mehr, und die Kohlekumpel und Kraftwerksmitarbeiter – rund 20.000 bundesweit in der Braunkohle – hätten ein stattliches Überbrückungsgeld, mit dem sie sich in aller Ruhe einen neuen Job suchen könnten.
Doch dazu wird es sicherlich nicht kommen, denn das Geld geht natürlich eher an die Aktionäre. Wenn überhaupt, fließt nur ein kleinerer Teil in Vorruhestandsregelungen ein. Gerade genug, damit die Gewerkschaft still hält und Teile der Belegschaft sich weiter gegen Klimaschützer und die von Umsiedlung und Enteignung bedrohten Menschen in den Dörfer aufbringen lassen.
Letztere sollen trotz Ausstieg am rheinländischen Tagebau Grazweiler weitergehen und auch in der Lausitz ist noch lange kein Frieden eingekehrt. Sicherheit gibt es nur für die Kohlekonzerne, nicht aber für die Anwohner, die weiter mit den Lärm- und Staubbelastungen der Tagebaue leben müssen und zum Teil einer ungewissen Zukunft ihrer Dörfer entgegen sehen.
Am Donnerstag gingen die Proteste weiter, zum Beispiel auch in in Konstanz. In Berlin machte Extinction Rebellion eine kleine Aktion in einem der Bundestagsgebäude, in Hamburg startete um 14 Uhr eine Fahrraddemo, die in ein nächtliches Camp vor der örtlichen SPD-Zentrale übergehen soll und wiederum in Berlin trafen sich die Fridays-for-Future-Schüler und andere ab 16 Uhr ebenfalls zu einer Fahrradrundfahrt.
Ein kleines Schmankerl am Rande: Stanislaw Tillich (CDU), ehemals sächsischer Ministerpräsident und später Vorsitzender der Kohlekommission, die das späte Ausstiegsdatum ausgehandelt und zugleich den Weg für die hohen Zuwendungen frei gemacht hatte, hat einen neuen Job, wie Niederlausitz aktuell berichtet. Ab sofort übernimmt er den Aufsichtsratsvorsitz der zur Leag-Gruppe gehörenden Mitteldeutschen Braunkohlegesellschaft mbH (Mibrag). Ein Schelm wer da Zusammenhänge vermutet.