Korruptionsaffäre hievt "Normale Leute" auf Platz drei
Nach den Wahlen in der Slowakei löst der alte sozialdemokratische Ministerpräsident Fico die seit 2010 regierende Christdemokratin Iveta Radičová ab
Bei den Parlamentswahlen in der Slowakei erreichte die seit 2010 oppositionelle SMER-Partei des ehemaligen Ministerpräsidenten Robert Fico wie erwartet eine Mehrheit. Den Sozialdemokraten, die im Wahlkampf mit einer höheren Besteuerung von Besserverdienern warben, reichen voraussichtlich knapp 45 Prozent der Stimmen für eine deutliche absolute Mehrheit der Mandate, weil die nationalkonservative Slovenská Národná Strana (SNS) und die konservative ungarische Magyar Koalíció Pártja (MKP) an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten. In einer ersten Stellungnahme nach dem Bekanntwerden seines Sieges versprach Fico der EU, dass sie sich auf ihn und seinen Sparwillen verlassen könne.
Dass die seit 2010 regierenden Parteien abgewählt wurden, lag unter anderem an einer Korruptionsaffäre, die vielen Slowaken schmerzlich klar machte, warum der ehemalige Weltbank-Chefökonom Joseph Stiglitz aus den englischen Wörtern für Privatisierung und Bestechung den Begriff "Briberisation" prägte: Im Dezember waren Mitschnitte von Schmiergeldgesprächen zwischen Politikern und Managern der Investorengruppe Penta bekannt geworden, deren Verbreitung in gedruckter Form das Unternehmen in einem Gerichtsverfahren verbieten konnte. Gleiches versuchte Penta hinsichtlich der Verbreitung der Geheimdienstleaks auf Facebook, scheiterte aber an der Größe des amerikanischen Unternehmens. Diese "Gorilla-Affäre" schadete vor allem der christdemokratischen Slovenská Demokratická a Kresťanská Únia (SDKU) von Ministerpräsidentin Iveta Radičová, die mit voraussichtlich 5,9 Prozent nur auf etwa ein Drittel ihres letzten Ergebnisses und sehr knapp ins Parlament kam.
Im Februar tauchte ein "Sasanka" ("Anemone") betiteltes Video auf, das Richard Sulik von der wirtschaftsliberalen Sloboda a Solidarita (SaS) zeigt, wie er mit dem Oligarchen Marian Kocner spricht, dem gute Kontakte zum Organisierten Verbrechen nachgesagt werden. Darauf hin wurde anhand der verständlichen Gesprächsteile spekuliert, ob Sulik, der ein merkwürdiges Interesse an der Privatisierung der Gasfirma SPP zeigte, Kocner beauftragte, für Negativkampagnen oder zur Erpressung geeignete Informationen über politische Gegner zu besorgen. Auch die SaS schaffte es gestern nur knapp über die Fünf-Prozent-Hürde.
Dafür verbuchte die Bürgerbewegung Obyčajní ľudia a nezávislé osobnosti (OL) einen Erfolg, auf deren Liste auch Mitglieder der slowakischen Piratenpartei kandidierten. Übersetzt heißt der Name der Bewegung "Normale Leute und unabhängige Personen". Mit einem Ergebnis zwischen acht und 9 Prozent wird sie im Parlament die drittstärkste Kraft nach der SMER und der konservativ-katholischen Kresťanskodemokratické hnutie (KDH), die etwa neun Prozent erreichte. OL-Sprecher Igor Matovič meinte zu Ficos Wiederkehr, er erwarte nun "vier Jahre Diebstahl", werde aber "ein wachsames Auge auf die Diebe haben".