Liberale als "Steuerhinterzieherbeschützerpartei"
Der Vorstoß der Bundesjustizministerin, den Ankauf von Steuerdaten verbieten zu wollen, stößt auf teils schrille Empörung
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, oft eine liberale Trutzburg, was die Beschränkung der Überwachungsbegierden der Sicherheitsbehörden betrifft, hat sich nun mit den Politikern aus den Reihen der CDU/CSU und der FDP zusammengetan, um das die deutschen Steuerbetrüger begünstigende Abkommen mit der Schweiz zu retten und die Steuerkriminellen auch weiterhin zu schützen, indem der Kauf von Steuer-CDs, wie unlängst vom nordrhein-westfälischen Finanzminister wieder gemacht, Behörden verboten werden soll. Die Bundesjustizministerin schließt sich damit einer Initiative ihres hessischen Kollegen Jörg-Uwe Hahn an, der den "Ankauf und Erwerb illegal erhobener Daten" strafbar machen will.
Hahn hatte dies auch bei der Justizministerkonferenz im Juni gefordert, bei der das hessische Justizministerium den Vorsitz hatte. Beschlossen wurde da zwar, die "Strafbarkeitslücken beim Handel mit rechtswidrig erlangten Daten" schließen zu wollen. Das hessische Justizministerium wurde aufgefordert, einen Gesetzesentwurf vorzulegen. Aber es heißt ausdrücklich: "Der Straftatbestand soll nicht den Erwerb von Daten erfassen, der ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten dient (zum Beispiel Ankauf von Steuerdaten)."
Leutheusser-Schnarrenberger verpackt ihren Vorstoß natürlich wie ihr Kollege in die Gesetzesinitative gegen Datenhehlerei überhaupt, offenbar wollen die Liberalen die beschlossene Ausnahme streichen. So sagte sie der Rheinischen Post: "Das ist auch unabhängig von Steuer-CDs heute ein wichtiges Thema, weil in unserer vernetzten Welt Daten wirtschaftlichen Wert repräsentieren und in dieser Hinsicht genauso geschützt werden müssen wie andere kommerziell verwertbare Güter." Für sie sei das Steuerabkommen mit der Schweiz alternativenlos, die Ablehnung durch die Opposition findet sie "populistisch" und "unverantwortlich".
Das Thema wird von der Opposition gerne und schrill aufgegriffen. So wirft ihr der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, vor, damit Steuerfahnder kriminalisieren und Steuersünder schützen zu wollen: "Das ist klassische FDP-Klientelpolitik für kriminelle Reiche, die auf Kosten der Allgemeinheit ihr Geld ins Ausland schaffen." Wenn der Kauf von Steuerdaten von der FDP als Hehlerei bezeichnet werde, dann ist dies für den schleswig-holsteinischen Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) "heuchlerisch", weil man dann Steuerhinterziehung als legitim erscheinen lasse: "Ich bin dafür, alle Steuer-CDs zu kaufen", sagte der Osnabrücker Zeitung, "derer wir habhaft werden können, und sie zu nutzen. Denn das bringt dem Fiskus sehr, sehr viel Geld." Anfrea Nahles, Generalsekretärin der SPD, warf der Bundesjustizministerin gar vor, dass sie sich "zur Lobbyistin für kriminelle Steuerhinterzieher" mache.
Auch Cem Özdemir von den Grünen nahm den Vorstoß auf und kommentierte: "Die schwarz-gelbe Koalition kann am Ende ihrer Amtszeit eine Bilanz sicher ziehen: Sie hat alles gegeben, um jene Steuerhinterzieher vor den deutschen Steuerbehörden zu schützen, die ihr Vermögen ins Ausland geschafft und dort versteckt haben." Ähnlich dankbar bezeichnete Ulrich Mauer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Linken, die Liberalen als "Steuerhinterzieherbeschützerpartei". Ein Verbot entspreche einer "Beihilfe zur Steuerflucht". Für die Deutsche Steuergewerkschaft ist die "Ankündigung der Bundesjustizministerin eine unnötige Provokation".
Der Bundesvorsitzende der Vertretung des deutschen Finanzpersonals, Thomas Eigenthaler erklärt empört: "Die FDP-Politikerin gießt hier völlig unnötig Öl ins Feuer. Statt sich als Justizministerin klar und deutlich hinter die deutschen Strafverfolger zu stellen, ergreift sie de facto Partei für hart gesottene Steuerhinterzieher und ihre Helfer bei Schweizer Banken. Ich bin darüber tief enttäuscht und sehr verärgert." Der Vorstoß wird zudem als "rechtsstaatlich höchst bedenklich" bezeichnet, er habe aber auch etwas Positives, da die Ministerin indireket bestätigt habe, "dass der Datenerwerb bislang nicht strafbar ist". Das sei gerne von interessierter Seite immer wieder behauptet worden.